Die Gesellschaft der „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie, e.V.“ (MWGFD) hat einen Offenen Brief an ARD und ZDF gerichtet, in dem beide Sender eindringlich -wenn auch aller Wahrscheinlichkeit nach vergeblich- aufgefordert werden, endlich wahrheitsgemäß über Corona und die Folgen zu berichten. Gut fünf Jahre nach Ausrufung der Pandemie durch die WHO sei eine kritische Überprüfung dieser Entwicklungen auch im Hinblick auf den Medienstaatsvertrag überfällig, heißt es zu Beginn. Denn dort festgeschriebene, zentrale Prinzipien wie die Informationspflicht dem Bürger gegenüber, die gebotene Staatsferne, die politische Unabhängigkeit und Ausgewogenheit in der Berichterstattung seien „nach wie vor nicht zu erkennen“. Im Gegenteil. Zahlreiche, von aufmerksamen Mit-Bürgern und Politikern schon früh gestellte Fragen, „etwa nach der tatsächlichen, rechtlichen und wissenschaftlichen Grundlage für die durchgreifenden Einschränkungen grundgesetzlich garantierter Freiheitsrechte“, seien nicht zufriedenstellend oder erst gar nicht beantwortet worden.
Politik habe in dieser Zeit nachweislich massiv an Glaubwürdigkeit verloren und Vertrauen verspielt. Zurückgelassen finde sich nun „eine irritierte und gespaltene Gesellschaft“. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe dem mit seiner Forderung nach einer umfassenden Aufarbeitung der Ereignisse um die Corona-Pandemie im politischen und medialen Raum entgegentreten wollen. Berichterstattungen und Diskussionsrunden in jüngerer Zeit in den öffentlich-rechtlichen Medien würden sich jedoch ein weiteres Mal unbeeindruckt zeigen, auch von der Forderung des Bundespräsidenten. Einen Dialog, der diesem Anspruch entspräche, indem er Erfahrung und Kompetenz renommierter, wissenschaftlich international anerkannter Kollegen aus ganz unterschiedlichen Fächern mit einbinde, suche man vergebens. Eine interdisziplinäre Aufarbeitung unter Einbindung aller relevanten Kompetenzen ist jedoch der einzig seriöse Weg, „gleichsam die ’’conditio sine qua non’’, um diesen unerträglichen, festgefahrenen Zustand konstruktiv zu durchbrechen“. Doch stattdessen würden die Bürger noch immer „mit einseitigen, teils regelrecht wahrheitswidrigen Behauptungen zur Corona-Pandemie konfrontiert“.
Über Jahre hinweg demokratieschädlich
In den Sendungen von ARD und ZDF suche man nach wie vor vergebens nach belastbaren Antworten für die Begründung der ausgerufenen Notlage und nach Antworten zur Rechtfertigung der Maßnahmen, die sich über Jahre hinweg demokratieschädlich ausgewirkt hätten. „Wie wollen Verantwortliche ihrer im Medienstaatsvertrag zugewiesenen Verantwortung gerecht werden, solange sie die fragwürdige Rolle einer ihrer wesentlichen Informationsquellen, nämlich des Robert-Koch-Instituts als weisungsgebundene Behörde unter dem Bundesgesundheitsministerium, überhaupt nicht thematisieren?“, heißt es in dem Brief. Die Bedeutung der inzwischen einer breiten Öffentlichkeit zugänglichen, ungeschwärzten Protokolle des Robert-Koch-Instituts (RKI) würde in den öffentlich-rechtlichen Medien bis heute „regelrecht verschwiegen“. Dabei würden diese eindrucksvoll belegen, „dass wissenschaftlich fundierte Arbeit zur Datenerhebung und Analyse durchaus geleistet wurde, sich dies aber nicht in den damaligen offiziellen Stellungnahmen des RKI widerspiegelte“. Die Protokolle ließen unmissverständlich erkennen, dass das RKI nicht im Sinne wissenschaftlicher Freiheit -wozu auch Ergebnisoffenheit zähle- gearbeitet habe. Mehr noch: sie ließen „Rückschlüsse auf politisch wirksame Einflussnahmen zu“.
Durch das in der Corona-Zeit an den Tag gelegte Selbstverständnis gerade der öffentlich-rechtlichen Medien seien Chancen vertan worden, „interdisziplinäre Erfahrungen und Wissen von unschätzbarem Wert in ein erforderliches, politisches Krisenmanagement miteinzubinden“. Zahlreiche Stimmen aus Epidemiologie, Toxikologie, Biochemie, Virologie, Statistik, Qualitätsmanagement, medizinischer Klinik und Psychologie seien nicht nur nicht zu Wort gekommen, sondern „im Verein mit der Politik gezielt ignoriert, ja ’’weggewischt’’ worden, kritisiert der Brief.
Vor diesem Erfahrungshintergrund stelle sich die Frage, ob man bei einem solchen medialen Selbstverständnis überhaupt noch von einem unabhängigen, investigativen und in Ansätzen wertungsfreien Journalismus sprechen könne? Die Antwort lautet natürlich eindeutig nein. Und genau wird dieser Appell, der auch vom Verein „Anwälte für Aufklärung“ (AfA) unterstützt wird, der sich den gleichen Zielen verschrieben hat, auf taube Ohren stoßen. ARD und ZDF sind zu Selbstkritik weder willens und fähig. In ihrer immer akuter werdenden Glaubwürdigkeitskrise sind sie weniger denn je bereit, ihre entscheidende Mitverantwortung für die Polarisierung der Gesellschaft einzugestehen. Dennoch ist es wichtig, ihr geradezu kriminelles Versagen immer wieder anzuprangern und der Öffentlichkeit vor Augen zu führen. (TPL)