Wenn die Anhänger einer Fußballmannschaft im Stadion den Eindruck haben, ihre Mannschaft tue zu wenig für den Erfolg, dann ertönt von den Rängen der Zuschauer der Sprechchor: „Wir wolln euch kämpfen sehn!“ Daran wurde ich erinnert, als ich in der letzten Woche Berichte über die niederträchtige Schikane der „UnsereDemokratie“-Parteien gegen die AfD-Fraktion im Bundestag las.
Von Wolfgang Hübner
Demnach soll die fast verdoppelte Fraktion in einen viel zu kleinen Saal für interne Versammlungen gezwängt werden, weil die stark geschrumpfte SPD-Fraktion sich gegen jede parlamentarische Regel weigert, ihren bisherigen Saal der AfD zur Verfügung zu stellen.
Da sich CDU/CSU, Grüne und Linke auf die Seite der SPD schlugen, bleiben bislang die Proteste der AfD wirkungslos. Deren angekündigtes rechtliches Vorgehen ist zwar verständlich, wird aber nicht nur kaum Erfolg haben, sondern das Wählerpublikum auch wenig berühren. Wer selbst schon einmal parlamentarisch tätig war, wird sich da keinen Illusionen hingeben. Gewiss, die AfD hat 10 Millionen Wähler gehabt und liegt in Umfragen weiterhin über dem Ergebnis der letzten Bundestagswahl im Februar. Doch zu Großdemonstrationen gegen die vielfältigen Behinderungen und Diskriminierungen ihrer Wahlpartei reicht es nicht.
Würde Ähnliches den Grünen oder Linken angetan, wäre das ganz anders. Hier zeigt sich das große Dilemma nicht nur der AfD, sondern der gesamten rechten und konservativen Kräfte in Deutschland: Sie sind öffentlich kaum handlungsfähig und auch nicht handlungsbereit. Das dürfte einige nicht zu ignorierende Gründe haben: Der in der Regel hohe Altersdurchschnitt dieser Kräfte; ihre Scheu vor Widerstandsformen vermeintlich linker Machart; die noch immer unzureichende Verankerung in der zahlenmäßig ohnehin schwachen jungen Generation.
Diese missliche Situation wird jedoch nicht besser, wenn die parlamentarische Vertretung der oppositionellen Kräfte, also die AfD, sich nur mit Kritik und verbalen Protesten gegen die Zumutungen des Kartells zur Wehr setzt. Ich will, entgegen meinem politischen Temperament, der AfD-Fraktion besser nicht empfehlen, den umkämpften Saal einfach mal zu besetzen und den folgenden Tumult propagandistisch auszunutzen. Doch warum können die 30 bis 50 jüngsten Bundestagsabgeordneten der Partei nicht mal einen Sitzstreik vor dem von der SPD widerrechtlich beanspruchten Raum veranstalten, begleitet vom Kamerateam, Fotografen und Zeugen einer wahrscheinlichen Zwangsräumung?
Gewiss würden die Herrschenden und deren gefügige Medien zetern und drohen. Doch die AfD repräsentiert im Bundestag nicht die Mächtigen, sondern die Ohnmächtigen im Volk. Millionen von ihnen könnten erleben, dass ihre Leute kämpfen können und das auch tun. Millionen könnten mitbekommen, wie erbärmlich es um „UnsereDemokratie“ und ihre inzwischen zu jeder Schweinerei bereiten Profiteure im Parteienstaat bestellt ist.
Die mannigfaltigen finanziellen und sonstigen Vorteile seien jedem der AfD-Abgeordneten herzlich gegönnt. Doch daraus wächst auch die Verpflichtung gegenüber den Wählern, für deren angemessene Repräsentanz notfalls mit absolut gewaltfreien, doch ungewöhnlichen Mitteln einzustehen. Im Stadion wie in der alternativen Öffentlichkeit wird Kampfgeist sofort honoriert und wirkt äußerst motivierend!