Der vaginale Orgasmus – Gibt’s ihn überhaupt?

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Mysterium weiblicher Orgasmus: Details bleiben ein Rätsel (Symbolbild:Imago)

In den alten Tagen, als ich noch über Liebe und Lust schrieb, waren Feministinnen wie Alice Schwarzer meine Endgegnerinnen. Heute sehe ich die alte Garde des Feminismus im Kampf gegen die todesverliebte Wüstenreligion und den Woke-Wahn, in der Ablehnung von Frühsexualisierung, Transpropaganda und Kriegstreiberei als eine Art Verbündeter. Ob wir uns jedoch auch beim Thema vaginaler Orgasmus angenähert haben, weiß ich nicht. Es wäre aber möglich,– schließlich sehe ich die Sache heute differenzierter als damals.

Manche Feministinnen und Lesben behaupten seinerzeit, der vaginale Orgasmus sei ein Mythos – nach dem Motto: Wer braucht schon Männer? Die Idee, dass der vaginale Orgasmus nicht existiert, hat ihre Wurzeln in den feministischen Bewegungen der 1960er und 1970er Jahre. Damals wurde die weibliche Sexualität neu bewertet, und die Klitoris rückte ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Warum der Mythos-Vorwurf? Die politische Dimension

Pionierinnen – wie Anne Koedt in ihrem einflussreichen Essay “The Myth of the Vaginal Orgasm”  von 1970 – schrieben, dass die Fixierung auf den vaginalen Orgasmus ein patriarchalisch geprägtes Konzept sei, das Frauen unter Druck setze, nur durch Penetration Lust empfinden zu können. Koedt argumentierte: „Die Definition des ‚richtigen‘ Orgasmus wurde von Männern gemacht, um die männliche sexuelle Dominanz zu zementieren.

Das Ziel war, Frauen von der Erwartung zu befreien, dass sie nur durch penetrativen Sex „richtig“ kommen könnten. Manche interpretierten das als Versuch, den Penis als zentrales Symbol männlicher Sexualität überflüssig zu machen – ein Vorwurf, der bis heute in manchen Kreisen kursiert. Aber war das wirklich die Absicht? Jein. Manche dieser Expertinnen waren tatsächlich Männerhasserinnen; andere wiederum wollten die Vielfalt weiblicher Sexualität betonen.

Was sagt die Wissenschaft?

Es ist kompliziert, aber der vaginale Orgasmus existiert, mehr oder weniger. Soll heißen: Er hat zumeist, dann doch mit der Klitoris zu tun – die allerdings viel größer ist, als viele wissen. Der sogenannte „klitoro-vaginale Komplex“ verbindet die Klitoris, die tief ins Becken reicht, mit der Vagina. Dr. Beverly Whipple, eine renommierte Sexualforscherin, erklärt: „Die Klitoris ist nicht nur der kleine sichtbare Teil, sondern ein ausgedehntes Organ, das sich um die Vagina legt. Vaginaler Orgasmus ist oft das Resultat indirekter Stimulation dieser Strukturen.

Eine Studie von 2018 im “Journal of Sexual Medicine” fand heraus, dass etwa 65 Prozent der Frauen angaben, durch Penetration allein oder in Kombination mit klitoraler Stimulation Orgasmen zu erleben. Der G-Punkt, benannt nach Ernst Gräfenberg, wird oft als Schlüsselregion für vaginale Orgasmen genannt, auch wenn seine Existenz weiterhin kontrovers diskutiert wird. Dr. Debby Herbenick, Sexualwissenschaftlerin an der Indiana University, betont: „Der G-Punkt ist wahrscheinlich kein isolierter Punkt, sondern ein Bereich, wo Nerven, Gewebe und die klitorale Struktur aufeinandertreffen. Die Unterscheidung zwischen klitoralem und vaginalem Orgasmus ist oft künstlich.

Vielfalt statt Dogma

Die Wahrheit ist, dass es keine universelle Formel für den weiblichen Orgasmus gibt. Manche Frauen kommen durch klitorale Stimulation zum Höhepunkt, andere durch vaginale, viele durch beides – und das ist völlig normal. Die Idee, den vaginalen Orgasmus als Mythos abzutun, ist genauso einseitig wie die alte Vorstellung, dass nur Penetration „zählt“. Dr. Laura Berman, eine bekannte Sexualtherapeutin, fasst es gut zusammen: „Wir müssen aufhören, Orgasmen in Schubladen zu stecken. Es geht nicht um klitoral oder vaginal – es geht darum, was für die einzelne Person funktioniert.

Richtig! Aber das eigentliche Problem ist eh ein völlig anderes: Nur etwa ein Viertel der Frauen kommt beim Verkehr mit Männern überhaupt. Daran sollten wir arbeiten – die Männer vor allem, da die meist Stümper im Bett sind.

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