Man muss nicht marxistischer Umtriebe verdächtigt werden, um diesen Vorschlag als Unsinn zu bezeichnen: Mehr und länger arbeiten soll angeblich die Deutschen aus den wirtschaftlichen Problemen des Landes herausführen. Dass der Vorschlag ausgerechnet vom Lügenkanzler aus Diensten des Vermögensverwaltungsgiganten BlackRock kommt, ist allerdings aus der Interessenlage seines früheren Arbeitgebers durchaus so verständlich wie der Beifall für die Merz-Initiative seitens der Unternehmerverbände. Unbezahlte Mehrarbeit, denn um die geht es, ist schließlich allemal gut für die Profitrate, mehr aber auch nicht.
Von Wolfgang Hübner
Denn selbstverständlich sind die Gründe für die deutsche Wirtschaftskrise mit stagnierendem Wachstum, massiver staatlicher und privater Verschuldung, vielen Insolvenzen und zu geringem Produktivitätszuwachs nicht in der unterstellten vorgeblichen Faulheit der arbeitenden Bevölkerung zu suchen. Es sind vielmehr folgenreiche politische Fehlentscheidungen wie selbstschädigende Wirtschaftssanktionen, die irre Energiewende, zu hohe Steuern– und Abgabenlast sowie die massenhafte Zuwanderung von Kostgängern statt beruflich qualifizierbaren Menschen, die Deutschland belasten.
Immerhin hat die große Mehrheit der Deutschen schon das Vertrauen in Politik und auch zunehmend in die Wirtschaft verloren, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach ergeben hat. Allerdings glauben dieser Umfrage zufolge 56 Prozent der befragten Personen, dass „wir mehr und härter arbeiten müssen, um den Wohlstand zu erhalten“. Dieser Fehlschluss der Mehrheit wird jedoch eindrucksvoll konterkariert von einer anderen Allensbach-Erkenntnis: Für eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit sind nämlich nur ganze elf Prozent!
„Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“, ist offenbar die Devise. Aus Umfragen zur Klimapolitik ist das wohlbekannt. Die 89 Prozent gegen Mehrarbeit liegen aber richtig: Denn keines der grundlegenden Probleme der deutschen Ökonomie würde gelöst werden, wenn die Arbeiter in den Fabriken, die Angestellten in den Büros einige Stunden länger malochen würden.
In den USA zum Beispiel, Merz ist ja gerade dort zu Besuch bei Donald Trump, gelten deutlich längere Arbeitszeiten, gibt es deutlich weniger Urlaub. Doch Staat und Gesellschaft dort sind nicht nur mit astronomisch hohen 37 Billionen Dollar Schulden belastet, sondern auch durch die weitgehend nach China und sonst wo abgewanderte Industrie.
Die noch in Deutschland wertschaffende kleine Minderheit sollte sich also von dem demagogischen Geschwätz eines Kanzlers, der noch nie in seinem privilegierten Leben die Existenz der arbeitenden Menschen teilen und erfahren musste, keinesfalls dumm reden lassen.