Neun Monate nach ihrem Einsturz sind die Abrissarbeiten der Dresdner Carolabrücke noch immer nicht abgeschlossen. Da dieses Land länger braucht, die Ruinen seiner kollabierenden Infrastruktur wegzuräumen, als funktionierende Länder brauchen, um sie zu bauen, wird es noch mindestens bis Jahresende dauern, alleine nur, bis die Trümmer der Carolabrücke endgültig beseitigt sind – vorausgesetzt, der Zeitplan kann eingehalten werden, wovon man aber nicht unbedingt ausgehen muss. Am 11. September 2024 war die Carolabrücke auf einer Länge von ca. 100 Metern eingebrochen und in die Elbe gestürzt. Wie durch ein Wunder gab es keine Toten oder Verletzten. Laut einem Gutachter war durchgerosteter Stahl und Materialermüdung, ausgelöst durch Feuchtigkeitseinwirkung die Einsturz-Ursache. Die Brücke soll zwar wiederaufgebaut werden, allerdings ist damit nicht vor dem Jahr 2035 zu rechnen.
Die Baukosten werden auf etwa 155 Millionen Euro geschätzt. Der geplante Baubeginn für 2027 erwies sich bereits als undurchführbar. Die Stadtverwaltung unter dem grünen Baubürgermeister Stephan Kühn hatte noch Ende April nicht den geringsten Plan, wie und vor allem bis wann der Neubau konkret vonstatten gehen soll. Bei einer fünfstündigen Sitzung des Bauausschusses hatte Kühn alles versucht, um jede Diskussion darüber zu vermeiden. „Wann wird die neue Brücke denn nun stehen?“, hatte der zermürbte AfD-Fraktionschef Thomas Ladzinski mehrmals gefragt, nur um sich von Kühn sagen lassen zu müssen: „Es wird ihnen keiner heute einen Fertigstellungstermin nennen“. Die CDU-Fraktionsvorsitzende Heike Ahnert hatte angemerkt: „Es wäre wichtig, wenn sie die Zeitschiene, in der sie planen, einmal exakt aufgeschrieben mitbringen. Wir brauchen ein Gespür dafür, worüber wir sprechen.“
Einstige Routinebaustellen werden zu Generationenprojekten
Nicht einmal der Abriss konnte planmäßig durchgeführt werden, bei allen Fristen und Zahlen, die der Öffentlichkeit bezüglich des Neubaus vorgelegt werden, dürfte es sich um Augenwischerei handeln, da die Verwaltung offenbar weitgehend im Blindflug agiert. Auch hier zeigt sich wieder einmal, zu was für einer Bananenrepublik dieses einst für seine Effizienz in aller Welt bewunderte Land geworden ist. Kaum ein Projekt kann auch nur annähernd in der geplanten Zeit abgeschlossen werden, geschweige denn früher, wie die ungeheuerliche Farce um den Berliner Flughafen zeigte und die Posse um den Provinzbahnhof Stuttgart 21 zeigt, der nach über zwei Jahrzehnten noch nicht errichtet wurde. Bauten, die in anderen Ländern in wenigen Jahren vollendet werden, geraten in diesem Deutschland teilweise schon zu Generationenprojekten. Auf vielen Baustellen wird nur sporadisch gearbeitet, Schichtbetrieb ist ohnehin weithin ein Tabu. Der Ansporn, der Allgemeinheit zu dienen, indem man ihr so schnell und gründlich wie möglich funktionierende Infrastruktur zum Wohle aller zur Verfügung stellt, ist längst einem Klima der Gleichgültigkeit und des Schlendrians gewichen, das über dem ganzen Land liegt. Hinzu kommt der alles erstickende Bürokratismus.
Dass es überhaupt zehn Jahre dauern soll, die neue Brücke in Dresden fertigzustellen, obwohl sie für den Verkehr und letztlich für das gesamte Stadtleben elementar ist, und selbst diese zehn Jahre noch viel zu optimistisch sein dürften, legt wieder einmal Zeugnis über den desolaten Zustand des ganzen Landes ab. (TPL)