„Der Freiheitsraum der Mitte wird kleiner und das ist schlecht“. Mit diesem Satz, geäußert im gestrigen ZDF-Interview mit Dunja Hayali, hat Kulturstaatsminister Weimer seine politische Koordinatenkarte offengelegt. Und sie zeigt nicht nach links, nicht nach rechts, sondern ins Zentrum der Republik in eine bedrängte Mitte.
Es ist also High Noon im Berliner Regierungsviertel. Die Luft flimmert, die Kulissen stehen noch. Doch dann betritt der neue Sheriff die Szene ruhig, aufrecht, mit festem Blick. Die Hände an den Holstern, den Blick auf das Zentrum des Geschehens gerichtet, den Lakaien die sich unter Claudia Roth häuslich eingerichtet hatten.
Weimer ruft das Ende der rotgrünen Kulturordnung aus
Dunja Hayali fiel während des Interviews fast vom Stuhl. Es müssen mehrere Schüsse gewesen sein, denn es kippt nicht nur eine Figur vom hohen Ross. Gleich ein halbes Dutzend Kulturgewissheiten purzeln auf den Boden der Realität. Der neue Kulturstaatsminister feuert eine Salve nach der anderen ab, jede sitzt, jede trifft, jede lässt linke Posen ins Wanken geraten.
Was hier geschieht, ist keine kleine Kurskorrektur. Es ist das abrupte Ende einer Ära. Weimer zieht den Schlussstrich unter das rotgrüne Kulturregime, das sich unter Claudia Roth bequem eingerichtet hatte, ein ideologisches Gefüge aus Erziehungsanspruch, Betroffenheitsrhetorik und moralischer Bevormundung. Roth verstand Kulturpolitik weniger als Dienst an der Gesellschaft, sondern als Bühne für ihre linke Agenda. Weimer hingegen spricht von Freiheit nicht als Floskel, sondern als Auftrag.
Viele können sich nicht mehr frei äußern
Nicht die Ränder, nicht die Extremisten, nicht einmal autoritäre Staaten, sondern hier im eigenen Land erleben viele Menschen, dass sie sich im öffentlichen Raum nicht mehr frei äußern können, ohne Sanktionen zu fürchten.
Die Demokratie werde nicht abgeschafft, aber entkernt. Der moralische Druck, die permanente Bewertung, das stille Einvernehmen von Kulturinstitutionen, Medien und Aktivisten, all das verenge das Sagbare. Und zwar ausgerechnet dort, wo es die Grundlage der Republik sein müsste.
Jeder Satz ein Schuss und keiner daneben
Weimer spricht mit Bedacht, doch jeder Satz hat Kaliber. Er nennt das Kind beim Namen: radikal feministische, postkoloniale, ökosozialistische Empörungskultur. Das ist keine Polemik, sondern ein bewusst gesetzter Zugriff auf die ideologischen Verzerrungen, die sich unter dem Deckmantel der Vielfalt eingenistet haben.
Doch das Entscheidende ist seine Diagnose, nicht weil die Extreme zu laut sind, sondern weil die Mitte schwach gehalten wird, droht die Demokratie instabil zu werden. Die politische Mitte, so seine Mahnung, wird nicht durch Ränder verdrängt, sondern durch Selbstzensur in der Mitte entkernt.
Wer schützt den Marktplatz der Rede?
Doch es gibt einen Bruch in Weimers ansonsten mutiger Salve. Seine Aussagen über die US-Digitalkonzerne. Ja, sie haben Meinungsmacht. Ja, sie zahlen kaum Steuern. Aber wenn er sagt, diese müssten nun zur Offenheit des Meinungsmarkts beitragen, dann schrillen die Alarmglocken. Denn wer genau soll diese Offenheit definieren?
Twitter (X) hat doch gerade gezeigt, was Offenheit heißt, als Elon Musk das Netzwerk von der linken ideologischen Zwangsjacke befreite. Die Twitter-Files legten offen, wie eng die US-Regierung unter Biden mit den Plattformbetreibern kooperierte, um angeblich schädliche Inhalte, etwa kritische Stimmen zur Corona-Politik, zu zensieren.
Zwischen Mut und Manöver
Das offizielle Narrativ durfte bleiben, Kritik wurde gelöscht. Elon Musk sagte es offen: Der Kaufpreis von 43 Milliarden Dollar, war nicht der Preis für Twitter. Es war der Preis der Freiheit.
Wenn Weimer jetzt ansetzt, soziale Medien zu mehr Offenheit bewegen zu wollen, darf dies nicht zur Wiederholung genau jener Praxis führen, gegen die sich die Aufarbeitung der letzten Jahre richtet. Die Frage ist: will er wirklich Meinungsfreiheit oder nur eine neue regulierte Mitte, damit eben diese zitierte Mitte nur ein Zentimeterchen breiter wird?
Der neue Kultursheriff hat gezielt und geschossen
Der neue Kultursheriff hat gezielt, geschossen, und das nicht zu knapp. Er hat das Sagbare erweitert, das Sprachklima aufgewirbelt und der Kultur, der Kunst und der Kritik das zurückgegeben, was sie unter seiner Vorgängerin eingebüßt hat: ihre Freiheit.
Doch noch sitzt Wolfram Weimer im Sattel. Noch. Noch sind seine Gegner in Deckung. Doch sie rüsten bereits. Der Kulturkampf hat begonnen. Und die Frage ist nicht, ob Weimer den ersten Schuss abgegeben hat. Sondern ob er stehen bleibt, wenn zurückgeschossen wird.