Endlich. Man hat ja wirklich lange darauf warten müssen. Einen Tag, nach dem ein Gericht das von Faeser initiierte Compact-Verbot aus den Angeln gehoben hat, schlagen die Dobrindts Vollstrecker gegen all zu kritische und renitente Bürger aber wieder mal so richtig zu:
Seit Dienstagmorgen tobt bundesweit eine spektakuläre „nordkoreanische“ Razzia-Welle gegen das furchtbare Verbrechen „Hass und Hetze“ im Internet – Applaus für unsere Helden in Uniform! Laut der renommierten Nachrichtenagentur dpa sind derzeit satte 170 Einsätze im Gange, inklusive Hausdurchsuchungen und allerlei aufregender Maßnahmen. Die armen Beschuldigten sollen sich der schrecklichen Taten wie Politikerbeleidigung und Volksverhetzung schuldig gemacht haben – wie entsetzlich!
Das Bundeskriminalamt (BKA) führt diese Meisterleistung an, und in Nordrhein-Westfalen glänzen sie besonders mit 14 von 130 Verfahren. Innenminister Herbert Reul, der unermüdliche Retter der digitalen Welt, verkündete heldenhaft zur dpa: „Digitale Brandstifter sollen sich bloß nicht hinter ihren Handys oder Computern verstecken können!“
Um 6 Uhr morgens schlugen dann die Polizeibehörden in Düsseldorf, Dortmund, Köln, Bielefeld, Hagen und Bonn synchron zu – ein wahrhaft dramatischer Start in den Tag! 14 Verdächtige warten schon gespannt auf ihre Vernehmung, und zwei Durchsuchungsbeschlüsse werden mit Feuereifer vollzogen. Die Übeltäter tummeln sich angeblich auf Plattformen wie X – welch Überraschung!
Reul, der weise Denker, stellte fest: „Viele Menschen haben den feinen Unterschied zwischen Hass und Meinung leider vergessen.“ Im Jahr 2024 wurden laut BKA stolze 10.732 „Hasspostings“ entdeckt – ein Anstieg um 34 Prozent gegenüber 2023, dank der unermüdlichen Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI), die ja quasi mit einem Super-Röntgenblick ausgestattet ist. Gelegentlich geht’s auch mal um extremistische religiöse oder linksradikale Postings – Abwechslung muss sein!
Dieser Aktionstag gegen die bösen Hasspostings ist natürlich schon Tradition, und am 18. Juni feierte das BKA gemeinsam mit der Meldestelle „REspect!“ den „Internationalen Tag für die Bekämpfung von Hass und Hetze“. Alle wurden herzlich eingeladen, verdächtige Beiträge zu melden – ein Fest für alle Schnüffler da draußen!
Wenn die Regierung nicht ihre so wertvollen Meldestellen hätte, was wäre nur los in Deutschland. Bleibt zu hoffen, dass jetzt endlich auch mal Stammtische ausgehoben werden – was es da für Pöbeleien gibt!
Die ersten Kommentare gibt es zu dieser anti-demokratischen Aktion auch schon:
Richard Feuerbach schreibt:
Mit jedem Aktionstag, jeder Razzia gegen sogenannten Hass im Netz, mit jeder neuen Meldestelle, schwindet die Lust sich überhaupt noch im Internet zu irgendwas, irgendwie zu äußern. Denn selbst völlig harmlose Äußerungen, weit unter der Strafbarkeitsgrenze, ja sogar einfache „Zitate“ könnten gewissen Leuten nicht gefallen und gemeldet werden.
Ich bezweifle, dass hier vom Rechtsstaat und seinen Organen mit Augenmaß geprüft wird oder werden kann, ob man jemandem zurecht des Morgens die Tür eintritt und Rechner sowie Smartphones mit sensiblen, privaten Daten wegnimmt, Existenzen zerstört, Traumata verursacht. Das ist pure Einschüchterung eines immer autokratischer werdenden Richtige-Haltungs-Staates und einer Demokratie mit Meinungssfreiheit völlig unwürdig.
Hier ist richtig viel verrutscht in Deutschland. Wer noch immer leugnet, dass sich langsam ein Klima der Angst einschleicht, der macht sich mitschuldig an der schrittweisen Demontage der Freiheit.
Marcel Luthe schreibt:
Kennen Sie Meldungen vom bundesweiten Aktionstag „CumEx“? Dem bundesweiten Aktionstag gegen Korruption? Oder dem Aktionstag gegen (Gruppen)vergewaltiger? Was ist mit dem Aktionstag gegen islamistische Hassprediger? Wann war der letzte Aktionstag gegen linke Gewalttaten?
Rüdiger Lucassen schreibt:
Jeder Beamte, der heute Morgen eine Hausdurchsuchung wegen mutmaßlicher Beleidigung im Internet durchführte, hätte auch: – einen vollziehbar Ausreisepflichtigen abschieben können. – eine Shisha-Bar wegen Hehlerei auf links drehen können. – einen unerlaubten Grenzübertritt verhindern können. – „Passanten“ in einer Messerverbotszone auf Messer kontrollieren können. – sich an einer groß angelegten Clan-Razzia wegen multipler Gesetzesverstöße beteiligen können. – eine Geldautomatensprengerbande aufklären können. – einen Barbershop auf Geldwäsche kontrollieren können. – einen Rauschgiftdealer verhaften können. oder sich allemal besser an einen Zebrastreifen gestellt und einer älteren Dame über die Straße geholfen.
Jakob Schirrmacher schreibt:
170 Hausdurchsuchungen. Nicht wegen Terrorismus, nicht wegen Kriminalität . Wegen Sprache. Die digitale Öffentlichkeit wird zum Deliktraum, die Tastatur zur Waffe, der Nutzer zum Staatsfeind.
Joachim Steinhöfel schreibt:
Die dunkle Seite der Macht schlägt wieder zu. Nie vergessen: Hass ist nicht per se rechtswidrig, sondern kann von Artikel 5 (Meinungsfreiheit) gedeckt sein – je nach Kontext und Inhalt. Ob eine Äußerung rechtswidrig ist, hängt nicht vom Gefühl „Hass“ ab.
Max Mannhart schreibt:
170 Razzien lässt das Bundeskriminalamt heute Morgen wegen „Politikerbeleidigung“ & Co. durchführen – im Rahmen eines Aktionstages gegen „Hass im Netz“. Bei der letzten Aktion kam es zur „Schwachkopf“-Affäre.
Wer hunderte Wohnungen wegen Posts im Internet durchsuchen lässt, nur um mit einem Aktionstag ein politisches Zeichen zu setzen, betreibt nichts anderes als Einschüchterungsjustiz – wer dafür die Verantwortung trägt, hat in einem Rechtsstaat nichts suchen.
Malca Goldstein-Wolf schreibt:
Nancy lebt! Dieses Engagement würde ich mir wünschen, wenn gegen Juden gehetzt wird, nicht nur im Netz, sondern auch auf bundesdeutschen Straßen. Viel zu oft werden übelste antisemitische Hetzposts lustlos bearbeitet und das Verfahren vom Staatsanwalt eingestellt. Aber klar, Hetze gegen Politiker ist natürlich schlimmer.
Hirnschluckauf schreibt:
Es ist wieder Aktionstag Der neue Innenminister macht so weiter wie seine Vorgängerin, die gerade vom BVerwG abgewatscht wurde.
Ben Brechtken schreibt:
Heute hätten Polizisten bundesweit 170 Ausreisepflichtigen einen Besuch abstatten können. Stattdessen haben sie Menschen besucht, die böse Wörter im Internet geschrieben haben. Prioritäten.
Dubravko Mandic schreibt:
Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Aktion auch im Zusammenhang mit der Niederlage bei Compact zu tun hat. Bei diesen medienwirksamen Großkampftagen des Regimes geht es weniger um Strafrechtspflege als vielmehr um Agendasetzung.
Ulrich van Suntum schreibt:
Bundesweite Razzia mit Hsusdurchsuchungen gegen „rechtsextreme Internet-Hetzer“, offenbar zu einem erheblichen Teil wegen „Politikerbeleidigung“. Wenn dagegen Linke ihre Gegner bzw. unbescholtene Bürger als „Nazi“ diffamieren, verneint regelmässig die Staatsanwaltschaft ein öffentliches Verfolgungsinteresse und stellt die Verfahren ein (habe es selbst mehrfach erfahren). Was hat diese Asymmetrie noch mit einem Rechtsstaat zu tun? Und was ist die im GG garantierte Unverletztlichkeit der Wohnung noch wert, wenn sie schon wg. Bagatelldelikten wie „Politikerbeleidigung“ ausser Kraft gesetzt werden kann?
Martin Sellner schreibt:
Der Zensurapparat grast mal wieder Handies ab, tritt Türen ein und zerstört hunderte Existenzen: Wegen Postings. Unbehindert betreiben zeitgleich importierte Clans ihr „Geschäft“. Freie Rede ist einer der wichtigsten Forderungen. Meinungsfreiheit und Remigration hängen untrennbar zusammen.
Dr. Maximilian Krah schreibt:
Passend zum NATO-Gipfel zeigt die Bundesrepublik, dass sie in einer zentralen Frage der politischen Kultur gegen Trump und die USA steht – und merkt es vor lauter Selbstgerechtigkeit nicht einmal!
Und was sagt Merz?