AfD-Chefs Weidel und Chrupalla (Foto: Imago)

Kommt leider 10 Tage zu spät: Außenpolitisches AfD-Positionspapier zum Israel-Iran-Konflikt

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Am Dienstag verabschiedete die AfD-Bundestagsfraktion ein außenpolitisches Positionspapier, das die Haltung der Partei zum gegenwärtigen Konflikt mit dem Iran enthält. Gleich zu Beginn wird darin klargestellt, dass die AfD „entschieden hinter dem Existenzrecht Israels“ steht und der jüdische Staat „ein legitimes Recht auf Sicherheit“ habe. Das iranische Atomprogramm sei nicht nur eine Bedrohung für Israel, sondern auch für die „regionale und europäische Sicherheit“. Dann aber wird es holprig: Das Recht des Irans auf die “zivile Nutzung der Kernenergie” wird anerkannt – allerdings müsse dieser „seine Nuklearanlagen und Nuklearforschungseinrichtungen für unabhängige internationale Organisationen sowie für diplomatische Missionen westlicher Staaten öffnen, um seine Behauptung zu untermauern, nicht an der Herstellung von Kernwaffen zu arbeiten“. Das klingt ein wenig so wie der Tenor der Appeasement-Politiker der 1930er Jahre, die Deutschland die Hochrüstung als Recht auf Selbstverteidigung durchgehen ließen, obwohl klar war, dass diese reinen Angriffszielen diente.

Auch bei Israel erweist sich die Solidarität der Partei als leicht vergiftet: Israel dürfe zwar gegen eine atomare Bedrohung aus dem Iran vorgehen, müsse aber Beweise für deren Existenz vorlegen. „Israel wäre in seinem Vorgehen gegen den Iran dann gerechtfertigt, wenn die Herstellung iranischer Nuklearwaffen absehbar bevorstünde. Die israelische Regierung ist im Sinne der Transparenz gefordert, alle Fakten, die belegen, dass eine Bedrohung Israels durch das iranische Atomprogramm vorliegt, der internationalen Öffentlichkeit […] zu präsentieren“, heißt es in dem vergangene Woche von 20 außenpolitischen Fachpolitikern, darunter Alexander Gauland und Gottfried Curio, erarbeiteten Papier.

Fragwürdige Implikationen

Wie allerdings dieser Nachweis so geführt werden kann, dass Israel bei seinen Anklägern damit je Verständnis erlangen würde, verrät die Partei nicht – und auch nicht, ob dies dann in letzter Konsequenz bedeuten soll, dass Israel bei mangelnden Beweisen warten soll, bis die Bombe da ist – was bei einem Terrorstaat, der seine Auslöschung als Staatsziel ausgibt, suizidal sein könnte. Die AfD übergeht dieses Dilemma mit dem Vorschlag, nach vorne zu blicken: Da die jüngsten Angriffe Teile der iranischen Nuklearkapazitäten geschwächt habe, bestehe derzeit sowieso “keine zwingende Notwendigkeit mehr, den Konflikt militärisch fortzusetzen“. Deshalb wird ein Waffenstillstand gefordert, „verbunden mit direkten Verhandlungen, die zum Ziel haben müssen, die Herstellung von hoch angereichertem Uran durch den Iran auszuschließen“.

In dem Papier wird auch festgestellt, dass eine Destabilisierung des Nahen Ostens nicht im deutschen Interesse liege, da hierdurch große Migrationsbewegungen nach Europa ausgelöst werden könnten, von denen Deutschland erfahrungsgemäß am stärksten betroffen sei. Neben einem „robusten nationalen und europäischen Grenzschutz“ müsse es daher „oberstes Ziel der deutschen Außenpolitik“ sein, die Region zu „befrieden“. Die Freiheit der Handelswege sei „ein überragendes Interesse Deutschlands und seiner Wirtschaft“. Daher müsse die Straße von Hormus uneingeschränkt für Handel und Rohstoffe offen bleiben. Ausländer, die den Konflikt zwischen Israel und dem Iran nutzen, um religiöse oder ethnische Konflikte zu schüren, seien konsequent aus Deutschland auszuweisen. Jeglichen antisemitischen Ausschreitungen müsse „mit aller Härte des Gesetzes begegnet werden“, heißt es weiter.
In den letzten Tagen hatte es innerhalb der AfD teils erbitterte Auseinandersetzungen zwischen denen gegeben, die die israelischen und amerikanischen Angriffe auf den Iran uneingeschränkt befürworten und denen, die sie ebenso vehement verurteilen.

Flügelkämpfe beenden

Gegenüber „Nius“ erklärte Markus Frohnmaier, der außenpolitische Sprecher der AfD, der US-Angriff auf iranische Nuklearanlagen sei nicht überraschend gewesen, da Teheran in den vergangenen Tagen „keinerlei glaubwürdige Signale eines Verzichts auf die Entwicklung nuklearer Waffen gesendet“ habe. Er bekräftigte die Forderung nach diplomatischen Bemühungen um einen Waffenstillstand. Für einen nachhaltigen Frieden müsse der Iran seine Unterstützung für islamistischen Terrorismus beenden und von seinem Ziel, Israel zu vernichten, ausdrücklich abrücken, so Frohnmaier weiter, der auch maßgeblich an der Erarbeitung des Positionspapiers beteiligt war, das dazu beitragen soll, die Flügelkämpfe in der AfD zu beenden, zumal das Thema für den größten Teil der AfD-Anhänger und Mitglieder nicht die hohe Priorität wie in den Medien habe.

Insgesamt kann man zwar von einer recht ausgewogenen und vernünftigen Positionierung sprechen – die Frage allerdings, wieso diese erst jetzt erfolgte und nicht bevor erst Tino Chrupalla und dann auch Alice Weidel mit ihren vermeintlich “friedensorientierten” und “neutralen” Aussagen irritierten, die im Ergebnis auf eine massive Kritik an Israel hinausliefen – und zu einer erhebliche Spaltung innerhalb der Partei geführt haben. Immerhin: Nun wird das Recht Israels auf Selbstverteidigung zwar unmissverständlich anerkannt, aber man redet aber auch keinem bedingungslosen Kriegskurs das Wort, sondern plädiert für eine schnellstmögliche Rückkehr an den Verhandlungstisch.

Die AfD soll bei der Innenpolitik bleiben!

Den notorischen AfD-Kritikern von allen Seiten, die ihr in den letzten Tagen aus diesen oder jenen Gründen entweder die falsche oder eine unklare Position zur Iran-Krise vorwarfen, wird damit der Wind aus den Segeln genommen. Nun, da die Bundestagsfraktion vernünftig genug war, das Papier abzusegnen, verfügt die AfD über eine tragfähige Haltung in dieser Frage, ohne sich in internen Konflikten aufzureiben, von denen nur ihre Gegner profitieren.

Grundsätzlich aber sollte sich diese Partei fragen, ob sie sich bei solchen brisanten außenpolitischen Themen überhaupt einmischen will. Die AfD ist eine Partei der Innenpolitik, hier liegen ihre Stärken und Aufgaben, hier wird sie gebraucht. Beim Ukrainekrieg  ist dies etwas anderes; dieses wird in Deutschland ja durch den sklavischen Unterstützungskurs der Bundesregierung zum innenpolitischen Thema gemacht, da dieser die Sicherheit auch der Deutschen bedroht, die vorsätzliche Anti-Russland-Konfrontation unsere Wirtschaft und Energieversorgung schwächt und er vor allem Unmassen Steuern verschlingt. Aber der Nahostkonflikt ist in jeder Hinsicht ein verminten Gelände und hier zerlegt sich die AfD nur selbst. (TPL)

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