Darf sein Rechtsreferendariat nicht absolvieren: John Hoewer (Foto:Imago)

Skandalöses Urteil: Romanautor und AfD-Mitarbeiter John Hoewer darf endgültig kein Anwalt werden

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Das Verwaltungsgericht Koblenz hat dem Schriftsteller und langjährigen AfD-Mitarbeiter John Hoewer endgültig die Chance genommen, Volljurist zu werden und damit ein faktisches Berufsverbot ausgesprochen. Als Begründung führt es an, Hoewer werde „aufgrund seiner schriftstellerischen und politischen Tätigkeiten aus der jüngeren Vergangenheit den Mindestanforderungen an seine Verfassungstreuepflicht nicht gerecht“. Dem 38-Jährigen wird zur Last gelegt, Vorstand im mittlerweile als rechtsextremistisch eingestuften Verein „Ein Prozent“ und Mitglied der Jungen Alternative (JA), der inzwischen aufgelösten Nachwuchsorganisation der AfD gewesen zu sein. Zudem hat er einen Roman geschrieben, in dem sich Begriffe wie „Neger“, „Schimpanse“ „Affenjunge“ oder „Erdnuss-Louis“ finden. Hoewer lasse den „Erzähler eine angestrebte ethnische Segregation damit erklären, dass Nudeln und Kartoffeln für sich genommen köstlich seien, man sie aber nicht zusammen in einer Pfanne zubereiten möge“, heißt es weiter. Zudem vertrete Hoewer die These, „Maghrebiner“ seien keine „richtigen Franzosen“, habe behauptet, der Fußballer David Alaba könne wegen seiner Hautfarbe kein Deutscher oder Österreicher sein. „Zudem wird ausgeführt, ein ‚Affenjunge‘ oder ‚Schimpanse‘ solle keine deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Insbesondere schwarze Menschen werden durchgehend als ‚Neger‘, ‚Erdnussköpfe […] oder Erdnuss-Louies‘ oder mit Affenvergleichen pauschal herabgewürdigt.“

Eine Romanfigur äußere, dass der Staat dafür sorgen solle, „dass wir nicht zu Fremden im eigenen Land werden“, stellt der Beschluss weiter fest. „Diese Aussagen sprechen für sich. Sie verdeutlichen, dass der Antragsteller ein mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbares Menschenbild vertritt, welches er durch die Verwendung menschenverachtender Bezeichnungen zum Ausdruck bringt“, so das Fazit. Es ist beispiellos, dass ein Gericht jemandem die Ausübung seines gewünschten Berufs verweigert, weil er vor Jahren einmal Mitglied in politischen Vereinigungen war und fiktiven Figuren -in einem noch dazu satirischen Roman- unliebsame Worte in den Mund gelegt hat, zumal die Hauptfigur im rechtsextremen Umfeld recherchiert und die rassistischen Bezeichnungen in diesem Zusammenhang fallen. Zudem werden auch andere gesellschaftliche Gruppen aufs Korn genommen. Der Oldenburger Staatsrechtler Volker Boehme-Nessler sprach dann auch von einem „Fehlurteil“. Es ignoriere völlig die Grundrechte und beschädige die freie Advokatur. Der Roman sei Kunst im Sinne der Kunstfreiheit in Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes.

Boehme-Neßler: „Ein Fehlurteil“

„Selbstverständlich darf Kunst auch irritierend, abstoßend, widerwärtig sein. Das Grundgesetz schützt echte Kunst, nicht nur die gemütliche Biedermeieridylle. Die rassistischen Äußerungen des Protagonisten im Roman sind deshalb von der Kunstfreiheit des Grundgesetzes geschützt. Den Roman zu schreiben und zu veröffentlichen, ist von der Verfassung geschützt. Grundgesetzlich geschütztes Verhalten kann man aber dem angehenden Referendar nicht zur Last legen. Abgesehen davon ist es Unsinn, vom Denken und Reden einer Romanfigur auf die Einstellungen des Autors zu schließen. Das ist literarisches Banausentum und verkennt das Wesen eines Romans“, so Boehme-Neßler eindeutig. Einem Bewerber den Zugang zum Referendariat zu verweigern, sei ein Eingriff in sein Grundrecht der Berufsfreiheit. Ohne Referendariat und zweites Staatsexamen könne er bestimmte Berufe nicht mehr ergreifen, etwa den des Rechtsanwalts. Das Gericht ignoriere dieses Grundrecht jedoch völlig. Das sei „ein schwerer Rechtsfehler“. Dass das Gericht von angehenden Rechtsreferendaren dieselbe Verfassungstreue wie von Beamten verlange, sei „ebenfalls ein Fehler“, so Boehme-Neßler. Referendare seien keine Beamten auf Lebenszeit, in vielen Fällen aber angehende Rechtsanwälte, und von diesen könne man erst recht nicht dieselbe Verfassungstreue erwarten wie von Beamten. Der Rechtsstaat lebe auch von Anwälten, die dem Staat kritisch gegenüber stünden und Bürgerrechte gegen staatliche Eingriffe verteidigten. Das nenne man „die freie Advokatur“. Der Rechtsstaat wolle „keine staatsfrommen Anwälte“. Wenn man nur politisch genehme Bewerber zum Referendariat zulasse, erhalte man keine kritischen Anwälte.

Das spielt für die Koblenzer Richter jedoch offensichtlich keine Rolle. „Entscheidend ist vielmehr, dass der Antragsteller sich persönlich, wie oben im Einzelnen beschrieben, aktiv gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung betätigt hat“, heißt es ihrem Beschluss. Auch dass Hoewer nicht vorbestraft ist und sich persönlich nicht das Geringste zuschulden kommen ließ, beeindruckte sie nicht im Geringsten. „Der Antragsteller bekämpft die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht erst dann, wenn er öffentlich zu Gewalt aufruft. Vielmehr werden verfassungsfeindliche Ansichten und damit verbundene politische Forderungen oftmals – so auch im Fall des Antragstellers – auf subtilere Art und Weise und im Gewand vermeintlich‚ ‚sachlicher‘ Kritik verbreitet“, so die skandalöse, rein spekulative Begründung. Es handelt sich auch hier also wieder einmal um ein rein politisch motiviertes Gesinnungsurteil, das angehende Juristen mit eindeutig linksradikaler Vergangenheit -oder sogar Gegenwart- nicht zu befürchten hätten und das unterstreicht, wie weit sich große Teile des Justizapprates inzwischen von den verfassungsrechtlichen Grundsätzen entfernt haben, die sie zu schützen glauben. (TPL)

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