Britisches Unterhaus: Debattenbeiträge wie aus der Blechdose – dank KI-verfasster Reden
Die natürliche Intelligenz macht einen Parlamentarier heute zum Parlamentarier. Normalerweise hat er zwar Redenschreiber oder wenigstens kluge Assistenten – doch auch die sind rar geworden. Also greift er heute zur künstlichen Intelligenz. Sie kommt – wie so oft – aus den Vereinigten Staaten, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und siehe da: Jeder Hinterbänkler kann sich nun binnen Sekunden seine Rede zusammenschrauben lassen – egal ob klug oder weniger klug. Die Maschine liefert.
Gleiche Fragen, gleiche Antworten
Das Prinzip ist einfach. Man tippt eine Frage ein – etwa „Wie sollen wir das Gesundheitssystem reformieren?“ – und schon liegt die Rede von ChatGPT, Gemini, Grok & Co. druckfrisch vor. Dumm nur, wenn Regierung und Opposition dieselbe Frage stellen. Dann prasseln wortgleiche Beiträge auf die Zuhörer nieder, und das ehrwürdige Unterhaus klingt wie ein Chor. Debatte? Eher Karaoke mit vorbereiteter Textspur.
„Dieses Haus ist absurd geworden“
Tom Tugendhat, konservativer Abgeordneter, kritisierte am 10. September diese Praxis: „Dieses Haus ist absurd geworden!“ Seine Rede wurde über 1,1 Millionen Mal auf X angesehen – was zeigt, wie sehr das Publikum nach echten, menschlichen Sätzen lechzt. Wer die künstliche Intelligenz besonders kreativ einsetzt, kann sogar den Ton seiner Rede bestimmen. „Im Stile von Churchill“ – und schon donnert Pathos durch den Saal. „Wie Tony Blair“ – und schon blinzelt die Sonne des Dritten Weges auf den Hinterbänken. Das Ergebnis: allgemeines Gelächter, drinnen wie draußen.
Der Hammer und die Kunst
Doch nicht jeder Hufschmied mit Hammer ist ein guter Hufschmied. Wie der Hammer gehalten und auf das glühende Eisen geschlagen wird, ist eben Handwerkskunst. Übertragen heißt das: Nur wer der KI kluge Fragen stellt, bekommt kluge Antworten. Wer plump fragt, erhält leeres Gerede. Die Maschine mag schreiben können – denken muss der Mensch.
Lieber auf den Golfplatz
Wenn das Unterhaus weiter maschinelle Reden abspult, warum dann überhaupt noch die Herren in ihren Anzügen bemühen? Schickten wir sie lieber auf den Golfplatz – und überlassen das Denken der künstlichen Intelligenz. Ob die KI allerdings im Deutschen Bundestag im selben Maß eingesetzt wird, ist höchst fraglich. Ab einem gewissen Volumen an Reden im immer noch größten Parlament der Welt steigt der Strombedarf irgendwann ins Unermessliche – und das widerspräche der Energiewandelpolitik völlig. Anderseits sagen viele: Künstliche Intelligenz wäre dort immer noch besser als gar keine.