Das Berliner Kammergericht hat die Weltgesundheitsorganisation WHO zur unfehlbaren und nicht kritisierbaren Autorität erklärt: Ein Nutzer der Plattform LinkedIn hatte darauf geklagt, dass die Löschung von drei coronakritischen Beiträgen, unter anderem über die Nebenwirkungen der Corona-Impfungen und die Verfassungswidrigkeit der Impfpflicht, rückgängig gemacht wird. In der erstinstanzlichen Entscheidung war die Sperrung des LinkedIn-Profils des Klägers zwar aufgehoben, die Löschung der drei Einträge jedoch für rechtmäßig erklärt worden. Daran hielt das Kammergericht fest, indem es die Berufung abwies. Dabei berief es sich auch auf die Regeln des EU-Zensurmonsters Digital Services Act (DSA). Demnach enthielten die drei gelöschten Beiträge „irreführende Inhalte(n) im Sinne der Community-Richtlinien“, weil sie „direkt im Widerspruch zu den medizinischen Richtlinien der lokalen Gesundheitsbehörden oder der WHO“ stünden. Daher sei LikedIn aufgrund der Community-Richtlinien zur Löschung der Einträge berechtigt gewesen. Zu den lokalen Gesundheitsbehörden zählte das Gericht das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und das Robert-Koch-Institut.
Die Argumente der Klägerseite, dass aus den AGB von LinkedIn nicht hervorgeht, wann ein Pflichtverstoß vorliegt, welche Sanktionen dieser nach sich zieht und wie sich der Nutzer gegen eine ihn benachteiligende Entscheidung beschweren kann, ließ man nicht gelten. Dabei heißt es in den AGB lediglich kryptisch: „Inhalte, die in der Regel gegen unsere Richtlinien verstoßen, sind möglicherweise in Fällen erlaubt, in denen sie dazu dienen, das Bewusstsein zu schärfen oder etwas zu verurteilen“. Dies ist so vage, dass niemand erkennen kann, was es konkret zu bedeuten hat. Willkür wird damit Tür und Tor geöffnet. Dabei sieht sogar der DSA eindeutig vor, dass AGB in klarer, einfacher, verständlicher und eindeutiger Sprache abgefasst sein müssen. Das Kammergericht erklärte jedoch kurzerhand, es erachte „die Vorgabe der Verwendung einer klaren, einfachen, verständlichen, benutzerfreundlichen und eindeutigen Sprache im Sinne der Regelung des DSA gleichfalls als erfüllt“. Auch die Darstellung von Beispielen in den Community-Richtlinien, welche Inhalte als falsch oder irreführend erachtet und entfernt werden, sei „in Bezug auf die hier in Rede stehende Regelung klar und eindeutig“. Es sei nämlich „für jeden Nutzer der Plattform der Beklagten ohne weiteres zu ermitteln, welche medizinischen Richtlinien die WHO aufgestellt hat“. Für den Nutzer sei deshalb zweifelsfrei zu erkennen, mit welchem Eintrag er sich damit in Widerspruch setzt. Dies gelte auch für die Vorgaben von PEI und RKI.
Grotesk kompliziertes LinkedIn-Beschwerdemanagement kein Argument für die Richter
Das bedeutet also, man hat sich zunächst bei den heiligen Autoritäten von WHO, PEI und RKI zu informieren, bevor man etwas zu Gesundheitsthemen postet und wenn man damit gegen die unkritisch zu übernehmenden Einschätzungen dieser Koryphäen verstößt, muss man mit der Löschung seiner Beiträge rechnen. Auch alle weiteren, wohlbegründeten Argumente des Klägers, etwa über die nicht erfolgte Anhörung durch LinkedIn vor der Löschung oder das geradezu grotesk komplizierte Beschwerdemanagement der Plattform, wischte das Gericht unwirsch beiseite und erklärte einfach, dies nicht erkennen zu können. Zwar werde die Meinungsfreiheit nach Art. 11 der EU-Grundrechtecharta nicht vorbehaltlos gewährleistet, diese sei jedoch im vorliegenden Kontext gegenüber dem Grundrecht auf unternehmerische Freiheit (Art. 16 EU-Grundrechtecharta) nachrangig. Es sei nämlich zu berücksichtigen, dass LinkedIn nicht wie andere Plattformen in erster Linie der allgemeinen Information und/oder dem Meinungsaustausch diene, sondern dass sein Zweck sei, den Mitgliedern wirtschaftliche Möglichkeiten zu erschließen und den Weg zu öffnen, sich mit anderen Fach- und Führungskräften zu treffen. Deshalb habe das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit „ein besonderes Gewicht gegenüber dem allgemeinen Grundrecht auf Meinungsäußerungsfreiheit“, hieß es weiter in der geradezu bizarren Urteilsbegründung. Da man diese für das letzte Wort der Rechtsfindung hält, wurde sowohl eine Revision als auch der Antrag abgelehnt, den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung dem EuGH vorzulegen.
Es bleibt also wieder einmal ein Urteil im Sinne des Obrigkeitsstaates, das das Grundrecht auf Meinungsfreiheit mit Füßen tritt und die Behauptungen mindestens fragwürdiger Institutionen wie WHO, PEI und RKI für unfehlbar erklärt. Bevor man sich zu „Pandemien“ und Ähnlichem äußert, hat man diese gefälligst zu konsultieren und abzugleichen, ob man sich mit seiner Meinung, sei diese auch noch so gut begründet, nicht gegen deren zweifelhafte Expertise stellt. Ansonsten muss man damit rechnen, zum Schweigen gebracht zu werden. (TPL)






















