Der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) hat in den letzten Jahren massiv an Vertrauen eingebüßt. Kritiker werfen ihm vor, einseitig zu berichten und somit seinen Programmauftrag nicht mehr zu erfüllen. Diese Auftragserfüllung ist jedoch Voraussetzung dafür, von jedem Bürger zwangsweise einen Rundfunkbeitrag von 18,36 Euro monatlich zu erheben.
Verwaltungsgerichte haben bisher darauf verwiesen, dass die Beitragszahler ja Programmbeschwerden bei den Rundfunkräten einlegen könnten. Der ÖRR-Kritiker Dr. Frank Michler tat dies in einem Fall, in welchem seiner Meinung ein offenkundiger Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht vorlag (ausführliche Details, neben anderen Fällen, siehe hier): In einem hochumstrittenen Online-Beitrag hatte der Autor des „Hessischen Rundfunks” (hr) Danijel Majić falsche Behauptungen etwa wie diese aufgestellt: „Und auch die zahlreichen Demonstrationen aus dem sogenannten Querdenker-Spektrum wären ohne das Engagement der Seebrücke und der Projektwerkstatt Saasen so nicht denkbar gewesen.“
Informationen verschweigen, Kritik abbügeln – nicht nur in Ballweg-Fall
Majić begründete dies damit, dass Jörg Bergstaedt von der Projektwerkstatt Saasen mit einem Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht – siehe dessen Beschlüsse von 15. April 2020 bzw. vom 17. April 2020 – erfolgreich war. Der hr-Autor verschweigt dem Leser jedoch eine wesentliche Information, welche die Behauptung als falsch entlarvt: Der “Querdenken 711”-Gründer Michael Ballweg hat nämlich ebenfalls gegen die Versammlungsverbote der Stadt Stuttgart bis vor das Bundesverfassungsgericht geklagt und bekam dann schließlich im April 2020 (siehe oben) recht – genau zwei Tage nach Bergstaedt. Wesentliche Kernaussagen des hr-Artikels sind somit falsch.
Dennoch konnten weder der Intendant Florian Hager noch der „Ausschuss für Telemedien und mediale Innovation“ einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht erkennen. Der Fall ist kein Einzelfall, sondern ein typisches Beispiel. Der hier zutage tretende Umgang mit Kritik verdeutlicht, warum das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig jüngst in einer Entscheidung zu dem Schluss kam, dass das Instrument der Programmbeschwerden nicht ausreicht, um die Auftragserfüllung des ÖRR zu überprüfen. Vielmehr müssen sich nun auch die Verwaltungsgerichte inhaltlich damit auseinandersetzen. Dr. Michler hat nun erneut Widerspruch eingelegt, so dass sich der Rundfunkrat des hr voraussichtlich in seiner Sitzung im Dezember mit dem Fall befassen muss. Der Fall zeigt, dass sich Gegenwehr doch lohnt – und man zumindest Sand ins Getriebe streuen kann. (TPL)






















