In einem beispiellosen Aufschrei stellen Top-Manager deutscher Konzerne der Merz-Regierung ein vernichtendes Zeugnis aus: Sie werfen ihr vor, das Land sehenden Auges in den wirtschaftlichen Abgrund zu steuern. Die Stimmung schwankt zwischen Entsetzen und Alarm — vom „Wahnsinn“, von einem „Giftcocktail“ ist die Rede, vom drohenden Untergang eines einst stolzen Wirtschaftsschiffs.
Christian Kullmann, der an der Spitze des Chemieriesen Evonik steht, äußert sich in einem Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ besonders deutlich. Er spricht von einem „Irrsinn“, der die Industrie in die Knie zwinge. Steigende Energiekosten, übermäßige Verwaltungsauflagen und das Fehlen verlässlicher Planungsperspektiven wirkten wie ein Giftcocktail für Investitionsentscheidungen. Kullmann mahnt, dass Unternehmen keine andere Wahl hätten, als Produktionsstätten ins Ausland zu verlegen, um wirtschaftlich überleben zu können.
Ähnlich scharf formuliert es Timotheus Höttges von der Deutschen Telekom, der den eingeschlagenen Kurs als „Titanic-Manöver“ brandmarkt – ein Schiff, das mit hoher Geschwindigkeit auf einen Eisberg zusteuere, während die Verantwortlichen an Bord weiter tanzten.
Auch Sebastian Ebel, der das Tourismusunternehmen TUI leitet, schließt sich der Kritik an. Er betont, dass Deutschland im Vergleich zu Nationen wie den Vereinigten Staaten oder China den Anschluss verliere. Die Tourismuswirtschaft leide unter hohen Steuerlasten und regulatorischen Belastungen, die innovative Entwicklungen im Keim erstickten. Markus Kamieth, der Chef von BASF, ergänzt diese Sichtweise: Er beobachtet, wie das „Fundament“ der deutschen Wirtschaft erodiert. Früher als Standortvorteil gepriesene Merkmale wie eine stabile Energieversorgung und verlässliche Rahmenbedingungen seien verloren gegangen. Stattdessen herrschten Unsicherheit und kontinuierliche Kostensteigerungen vor. „Ich habe den Eindruck, wir sind auf der Titanic. Die Band spielt noch ein letztes Mal, aber das Schiff ist schon umgekippt, und keiner tut etwas.“ Mutig wäre, eine Legislaturperiode lang „keine neuen Gesetze und Verordnungen – egal wer sie einbringt. Stattdessen Inventur und volles Augenmerk auf die Abschaffung von Gesetzen und Bürokratie.“ Die Steuern auf Flugzeuge seien in den letzten zehn Jahren „extrem gestiegen“. Und Brüssel? „Die Verwaltung ist komplett außer Kontrolle geraten. Sie reguliert immer weiter. Wem nützt das?“
Die Unternehmenslenker teilen die Überzeugung, dass ein grundlegender Kurswechsel unerlässlich ist. Sie verlangen unter anderem eine Senkung der Energiekosten: Subventionen für erneuerbare Energien seien sinnvoll, dürften jedoch nicht zulasten der Industrie gehen. Ein Brückenstrompreis für energieintensive Branchen werde als sofortige Hilfsmaßnahme gefordert. Gleichzeitig plädieren sie für eine Reduzierung bürokratischer Hürden: Genehmigungsverfahren für Bauprojekte und Investitionen müssten beschleunigt werden, um Zeit und Ressourcen zu sparen. Steuerliche Entlastungen seien ebenfalls notwendig, um die Unternehmenssteuern zu senken und Deutschland für Kapital attraktiver zu machen. Darüber hinaus fordern sie Investitionen in die Infrastruktur: Moderne Netze für Strom, Daten und Verkehr seien erforderlich, um den digitalen und ökologischen Wandel zu unterstützen.
Ohne diese Maßnahmen, so die einheitliche Warnung, drohe ein massiver Abzug von Unternehmen. Bereits jetzt entschieden sich viele Konzerne, ihre Investitionen bevorzugt in Asien oder Nordamerika zu tätigen, wo die Rahmenbedingungen günstiger seien.
(SB)






















