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Das selbstgeschaffene Wagenknecht-Dilemma

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Wer eine Partei gründet, muss sich um Probleme nicht sorgen. Das im Hinblick auf die Parteigründung BSW von Sahra Wagenknecht zu sagen, mag zwei Tagen vor den Wahlen in Thüringen und Sachsen irritierend klingen. Denn dort werden bekanntlich große Erfolge für das BSW erwartet. Die aber dürften eine tückische Konsequenz haben: Die Wagenknecht-Partei wird wohl in beiden Bundesländern notwendig sein, um nicht nur die AfD abzuwehren, sondern um überhaupt Landesregierungen zu bilden.
Von Wolfgang Hübner
Für die BSW-Kandidaten warten also nicht nur sehr gut bezahlte Mandate, sondern für einige von ihnen sogar Ministerposten. Das sind Verlockungen, denen auch eigentlich idealistisch gesinnte Zeitgenossen oft genug nicht zu widerstehen vermögen. Und wer sagt schon, dass die vielen Überläufer von der Linkspartei zu Wagenknecht nur lautere Motive bei ihrem politischen Positionswechsel gehabt haben sollten? Die Parteichefin ist sich zweifellos dieses Problems bewusst. Was sie als Lösung im Sinn hat, kann allerdings nicht so recht überzeugen.
Denn ihre Partei soll, geht es nach ihr, nur dann Koalitionen schließen, wenn diese in ihren Vereinbarungen Stellung nehmen gegen die geplante Stationierung von neuen US-Raketen sowie Waffenlieferungen an die Ukraine. Für beides sind allerdings nicht Bundesländer, sondern der Bund zuständig. Und die CDU, die in Erfurt wie in Dresden wohl das BSW brauchen wird, dürfte bereits ab Montag mit Nachdruck und multimedialer Unterstützung auf diesen Umstand hinweisen.
Deshalb steht Wagenknecht vor dem selbstgeschaffenen Dilemma: Entweder das BSW verzichtet um der Koalitionsfähigkeit willen auf die beiden Bedingungen oder beerdigt sie unter Formelkompromissen, die für die CDU gerade noch erträglich sind, nicht aber für Wagenknechts Glaubwürdigkeit. Oder das BSW bleibt hart, einige Ministerposten werden ausgeschlagen und in Erfurt wie in Dresden gibt es nur Minderheitsregierungen samt baldigen Neuwahlen. Dann aber wird der einstige Liebling der Talkshows als nicht „staatstragend“ beschimpft und bekämpft werden. Mal sehen, wie sich Sahra aus diesem Dilemma befreien will!
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