Die wirre Corona-Politik stößt auf Ablehnung auch von Gerichten. Wollen die Regionalpolitiker nun ihre Hände in Unschuld waschen?
Von Albrecht Künstle
Die „Erfinder“ des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) des Bundes hatten sich etwas gedacht, als sie vor 20 Jahren das Regelwerk am 1. Januar 2001 in Kraft setzten. Es waren Abgeordnete aus ganz Deutschland, die noch wussten, wie unser Land funktioniert. Es galt das Prinzip, soviel Regionalität wie möglich, soviel Zentralismus wie nötig. Denn das neue Berlin war/ist weiter weg als die alte Hauptstadt Bonn. Und die Länderchefs/innen kennen ihre Landkreise besser, als irgendein Machthaber/in Berlin. Deshalb wurde festgelegt, der Bund/estag stellt ggfls. eine Epidemie von nationaler Tragweite fest. Und die Länder mit ihren Untergliederungen beschließen und verordnen dann, welche Maßnahmen aufgrund der örtlichen Situation ergriffen werden. Warum sollten z.B. Holsteiner dafür büßen, wenn in Bayern ein Infektionsherd ist oder umgekehrt. War das falsch?
Doch fünf Jahre danach kam eine Kanzlerin an die Macht, die in der DDR gelernt hatte, wie der sozialistische Zentralismus (nicht) funktioniert. Wobei die DDR kleiner war als Westdeutschland und damit geeigneter für Einheitsregelungen der Einheitspartei im Einheitsstaat. Dieser war nur um die Hälfte größer als Bayern alleine. Und die neue Herrscherin war dafür bekannt, sich durchzusetzen, sogar wie eine Schwarze Witwe ihre Förderer kaltzustellen. Sie konnte auch Positionen nach ihren Vorstellungen besetzen und sogar Wahlen rückgängig machen. Aber zur Machtfülle früherer Despoten fehlte ihr noch etwas…
Merkel fehlte die Macht entscheiden zu dürfen, was eine Familie in Hintertupfingen abends (nicht) unternehmen darf. Jetzt sorgte sie für die Änderung des IfSG, dass nicht mehr der Landrat oder Bürgermeister von Hintertupfingen, sondern Berlin entscheidet, wie Landleben auszusehen hat. Die Frage ist, warum die Wahlkreisabgeordneten und Landesfürsten/innen es sich aus der Hand nehmen lassen, vor Ort über wichtige Dinge entscheiden zu dürfen. Warum der freiwillige Verzicht, politisch handeln zu können? Das dürfte folgenden Grund haben…
Einige Corona-Maßnahmen stoßen auf Widerstand von Bürger/innen und Aufhebung durch Gerichte. Die rigorosen Maßnahmen sind eigentlich kein Wunder, denn die Medien treiben die politischen Akteure vor sich her und fordern härtere Maßnahmen. Der Chefredakteur der Badischen Zeitung z.B. moniert aktuell die „Corona-Notbremse als erschreckend spät“ – in einem Landkreis mit einer Inzidenz von nicht einmal 100. Die einseitige Informationspolitik und das Schüren von Angst führen zu politischen Entscheidungen, die ohne den Mediendruck so wohl nicht getroffen worden wären. Und jetzt urteilen immer mehr Gerichte, dass die Einschränkungen im Freien, die Maskierungspflicht in Schulen, Demonstrationsverbote oder Ausgangssperren fast wirkungslos und unverhältnismäßig seien. Oder dass sich die Bewohner eines Altenheims wieder in ihrem Café treffen dürfen, nachdem alle geimpft sind. Dabei hat man es ja nur gut gemeint, oder?
So eine Verbotsorgie gegen Leute, die man persönlich kennt und die einen vielleicht sogar gewählt haben, ist nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig. „Also lassen wir doch die Kanzlerin mit ihrer willfährigen Mannschaft das Drecksgeschäft machen“, werden die Regionalpolitiker denken. Die in Berlin hat doch keinen Ruf mehr zu verlieren und kann nicht abgewählt werden, deren politisches Ende (in Deutschland) ist nah. So jedenfalls stelle ich mir die entsprechenden Überlegungen der Bundestagsabgeordneten, Landräte und Bürgermeister/innen vor. Und so, wie die Macht nach Berlin abgegeben wurde, können wir sie uns irgendwann ja auch wieder zurückholen – irgendwann, vielleicht, vielleicht auch nicht. Ist ja auch egal, wer das Chaos-Orchester Deutschland dirigiert.
Das neue Berliner Ermächtigungsgesetz sollte aber keine Einbahnstraße werden. Im Gegenzug sollte vieles auch wieder erlaubt werden! Die Landkreise sollten von Gesetzes wegen dazu verpflichtet werden, Einschränkungen auch wieder rückgängig zu machen, wenn der fragwürdige Inzidenzwert aus dem Ermächtigungsgesetz unterschritten wird. So sollte mit dieser Rochade der Spielfiguren des Infektionsschutzgesetz explizit geregelt werden, dass z.B. Hallenbäder und Fitness-Studios, also vor allem Einrichtungen, die der Wiederherstellung der Gesundheit oder der Vorbeugung von Krankheiten dienen, dann auch wieder öffnen sollen und müssen! Schon zwei Winter lang sind die Hallenbäder geschlossen, obwohl Wasser nachweislich keine Infektionen überträgt. Seit ich nicht mehr regelmäßig schwimmen und meine therapeutischen Übungen im Wasser machen kann, habe ich chronische Schmerzen und bin regelmäßig beim Arzt, der mir Krankengymnastik und Massagen verschreibt. Den Eintritt ins Hallenbad zahlte ich früher selbst, die verordneten Therapien müssen jetzt die Beitragszahler tragen. Man sollte solche Kosten von den Gehältern und Diäten der dafür Verantwortlichen abziehen. Und wie schön wäre es, ich könnte meine Schmerzen ebenfalls nach oben delegieren, wie jetzt die Kompetenzen von unten an die Chefin im fernen Berlin abgetreten werden.