"Dem deutschen Volke" - Foto: Imago

Bye, bye deutsches Volk

Mehr Fortschritt wagen: Das ist die Überschrift des Koalitionsvertrags zwischen SPD, FDP und den Grünen, der die Marschrichtung für die neue Bundesregierung unter Olaf Scholz bis 2025 vorgeben soll. Viel Triviales, etwa die Legalisierung von Cannabis, wurde ja bereits im Vorfeld angeregt diskutiert. Aber was steht eigentlich zum Thema Migration in dem Papier?

Ein Beitrag von EinProzent

Logische Weiterführung des beschrittenen Weges

Deutschland ist Einwanderungsland. Dieser Satz war nicht nur schon spätestens seit Helmut Kohl Praxis in der Bundesrepublik, sondern ist nun Regierungsagenda der Ampel-Koalition. Der deutsche Volksbegriff wird damit sein offizielles Ende finden und durch ein Staatsbürgerprinzip ersetzt, wie es in Multikulti-Ländern wie Frankreich, Großbritannien oder den USA gang und gäbe ist. Im Koalitionsvertrag schreibt man:

„Wir schaffen ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht. Dafür werden wir die Mehrfachstaatsangehörigkeit ermöglichen und den Weg zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit vereinfachen. Eine Einbürgerung soll in der Regel nach fünf Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen nach drei Jahren. (…)In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern werden mit ihrer Geburt deutsche Staatsbürgerinnen bzw. Staatsbürger, wenn ein Elternteil seit fünf Jahren einen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.“

Damit sollten dann künftig auch die formalen Weichen gestellt werden, wenn es darum geht, noch mehr Migranten in Deutschland aufzunehmen, gemäß dem im Vertrag ausgegebenen Motto Wir werden irreguläre Migration reduzieren und reguläre Migration ermöglichen“. Das bedeutet also, dass juristische Instrumente, wie oben angedeutet, angesetzt werden, um Migration „umzubenennen“.

Welche Maßnahmen wollen Scholz und Co.?

Ganz konkret gibt es dazu schon zwei Ansätze, wie Migranten schnellstmöglich in Deutschland eingebettet werden könnten; Menschen, die bereits ein Teil unserer Gesellschaft geworden sind“. So sollen gutintegrierte Jugendliche“ „nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland und bis zum 27. Lebensjahr die Möglichkeit für ein Bleiberecht bekommen“. Das klingt an sich revolutionär, ist aber in der Gesetzgebung der Ära Merkel schon so verankert gewesen – lediglich die Vorgaben bzw. zeitlichen Voraussetzungen sollen nun gelockert werden.

Der Zuzug von Migranten wird also nicht vollkommen neu ausgerichtet, sondern nur weiter vereinfacht. Ein anderes Beispiel hierfür ist die geplante Maßnahme, um lediglich „Geduldeten“ den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt (oder den Sozialleistungen) zu erleichtern. Zur Erinnerung: Geduldete sind Menschen, die eigentlich abgeschoben werden müssten, die aber aus verschiedenen Gründen nicht abgeschoben werden.

Dazu heißt es:

„Menschen, die am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren in Deutschland leben, nicht straffällig geworden sind und sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen, sollen eine einjährige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten können“.

Dass sind nur zwei Auszüge, anhand derer deutlich wird, wie Prozesse zur Eingliederung von Ausländern nach Deutschland vereinfacht werden sollen, vorgeblich zur Gewinnung von Fachkräften.

Mehr, mehr, mehr

Eine weitere Maßnahme hierfür soll die Einführung eines Punktesystems sein, das neben „dem bestehenden Einwanderungsrecht“ „eine zweite Säule“ bilden soll. Hier würden Einwanderer auf verschiedene Eigenschaften wie Ausbildung, Alter etc. Punkte bekommen, um „mehr Arbeitskräfteeinwanderung“ zu gewährleisten.

Vor diesem Hintergrund wirkt es geradezu ironisch, wenn die künftigen Regierungsparteien schreiben:

„Nicht jeder Mensch, der zu uns kommt, kann bleiben. Wir starten eine Rückführungsoffensive, um Ausreisen konsequenter umzusetzen, insbesondere die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern. Der Bund wird die Länder bei Abschiebungen künftig stärker unterstützen.“

Im Gegensatz zu den relativ detailreich formulierten Absätzen (s.o.) zur Einwanderung wird hier keine neue Methode aufgezeigt, wie genau die neue Regierung diese „Rückführungsoffensive“ überhaupt durchsetzen will. Schließlich standen Abschiebungen auch auf der Agenda eines Horst Seehofers, die Zahlen blieben aber immer marginal. Es scheint zumindest fragwürdig, wie die Ampel eine ganze „Offensive“ also bewerkstelligen möchte.

Kommt es dazu wirklich?

Die Ampel-Koalition wird sich also wie ein wahrer Erbe der Merkel-Regierung verhalten; der Umgang mit Migration wird nicht über den Haufen geworfen, sondern weiterentwickelt und vereinfacht. Man kann förmlich nachfühlen, wie die Ampel sich davon eine Verstärkung der eigenen „Pullfaktoren“ erhofft, die Migranten dazu bewegen, nach Deutschland zu kommen.

Dennoch muss man auch den Koalitionsvertrag kritisch hinterfragen: Wieviel davon tatsächlich umgesetzt wird, steht in den Sternen. Dass es aber gerade beim Thema „Integration“ zu Auseinandersetzungen zwischen den Regierungsparteien kommen dürfte, ist höchst unwahrscheinlich.

Eine weitergehende Analyse des gesamten Koalitionsvertrags finden Sie auf dem Videoportal Frei3, wo das Faktenformat „Wir klären das!“ dem Papier ein Video gewidmet hat.

Was steht eigentlich im Koalitionsvertrag?