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Demokraten sind keine Vasallen

Es ist ein großer Verdienst der alternativen Öffentlichkeit und Medien, dass der Terroranschlag gegen die Gasleitungen in der Ostsee vom Westen nicht so nebensächlich behandelt werden kann wie das offenbar beabsichtigt war. War zum Beispiel gestern im Zentralorgan des deutschen Machtblocks FAZ noch einspaltig und kommentarlos nur von „Lecks“ geschrieben worden, so ist der Zeitung das Geschehen heute die Schlagzeile sowie ein Leitartikel wert. Die Schlagzeile lautet, bitte alle festhalten vor Lachen: „EU-Staaten kündigen nach Pipeline-Lecks robuste Antwort an“. Immerhin legt sich die FAZ im Gegensatz zum Springer-Dreck noch nicht eindeutig auf die russische Täterschaft fest.
Von Wolfgang Hübner
Diese Vorsicht entspringt keiner plötzlich entdeckten Russland-Sympathie, sondern rührt aus einer Verunsicherung in Anbetracht der Fakten: In der flachen kleinen Ostsee ist jeder Quadratmeter unter ständiger militärischer Beobachtung all der anliegenden NATO-Staaten. Wenn sich dort ein russisches Kriegsschiff oder U-Boot bewegt, weiß das die NATO-Zentrale sofort. Deshalb muss ja die BILD-Zeitung den absurden Propagandaquatsch verbreiten, die Russen hätten die Röhren gleich mit Sprengsätzen an den Meeresgrund versenkt. Ganz anders hingegen sieht es dagegen aus, wenn US-Kriegsschiffe, just zum fraglichen Zeitraum (welch ein Zufall!) nach langer Zeit mal wieder eine Vergnügungsfahrt durch die bekanntlich ganz nah der amerikanischen Küste gelegenen Ostsee machen.
Dann ist keineswegs ganz selbstverständlich von dringendem Verdacht der US-Täterschaft die Rede, sondern es werden „Experten“ aufgetischt, die treuherzig versichern, sowas Schlimmes würde unser großer Beschützer doch nie tun. Dabei könnte jedes Medienarchiv in Windeseile ellenlange Listen amerikanischer Staatsverbrechen in aller Welt erstellen. Es ist darum überhaupt kein Wagnis und auch keine naive Vertrauensseligkeit zu sagen: Die Russen waren es nicht. Wer aber war es dann, welchem Täter will die EU eine „robuste Antwort“ verabreichen? Da es wohl auch weder Nordkorea noch China gewesen sein dürften, müssen die Täter, die auch ein gigantisches Umweltverbrechen begangen haben, wohl oder übel im westlichen Beritt von „Freiheit“ und „Menschenrechten“ gesucht werden.
Doch woher soll das Interesse in unserem Wertewesten kommen, das zu klären? Es ist die ungeheuer wichtige Aufgabe, der alternativen Öffentlichkeit und Medien, abermals alles zu tun und zu mobilisieren, um die Ermittlung der Schuldigen nicht und niemals in Vergessenheit geraten zu lassen. Und wenn die von dem Terrorakt besonders betroffene deutsche Regierung mit Waffenkanzler Scholz an der Spitze in dieser Beziehung nicht spurt, dann kann auch der letzte Gutgläubige erkennen, dass wir von verachtenswerten Vasallen geführt werden. Seien wir stolz, als wahrhafte Demokraten keine solchen zu sein.