Ukrainische Abgeordnete postet grobe Fake News

Sie veröffentlichte das mindestens zehn Jahre alte Bild eines Kindes und behauptete, das sei der achtjährige Marc, der einen russischen Artillerieangriff überlebte.

Ein Beitrag von transition-news.org

«Das Traurigste ist, dass es in der Ukraine keine Kinder mehr gibt. Nur kleine Menschen mit den Augen von Erwachsenen, sogar von alten Menschen. Ein wenig müde von einem Leben, das noch nicht gelebt wurde. Im Bild: Marc, 8 Jahre alt, überlebte einen russischen Artillerieangriff.»

Auf diesen ergreifenden Tweet, den die ukrainische Abgeordnete Lesya Vasilenko an Heiligabend gepostet hat, macht Byoblu aufmerksam. Die Botschaft sticht vor allem durch das ergreifende Foto ins Auge, auf das in dem Beitrag verwiesen wird: ein Kind mit traurigem Blick, das Gesicht geschwärzt, das Hemd zerrissen. Innerhalb weniger Tage wurde der Tweet mehr als 13’000 Mal geteilt und erreichte drei Millionen Aufrufe.

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Quelle: Twitter/Lesya Vasilenko (Archiv)

Es ist selbstverständlich wichtig, auf das Leid der Kinder aufmerksam zu machen. Dumm ist nur, dass das Bild eine offensichtliche Fälschung ist, wie der Autor David Colantoni aufdeckte. Tatsächlich finden sich im Internet bereits seit 2013 Spuren davon. Damals erschien es auf dem Cover des Romans «El hombre en el olvido» der Schriftstellerin Christina McKenna. Das Foto wurde dann auf ein Pinterest-Konto und auf mehrere andere Seiten im Internet hochgeladen.

Fünf Tage nach seiner Veröffentlichung und nachdem er von Millionen von Menschen gesehen wurde, entfernte die Parlamentarierin den Tweet, ohne sich zu entschuldigen oder eine Erklärung abzugeben.

«Ukrainische Parlamentarierin, berufstätige Mutter dreier reizender Menschen, Freiheitsliebende, Reisende und Liebhaberin von allem, was grün ist.» Mit diesen Worten stellt sich Vasilenko auf ihrem Twitter-Profil vor. Byoblu zufolge ist sie in den letzten Monaten zu einem bekannten Gesicht im Krieg der Ukraine geworden.

Dank ihres «unmöglichen Kunststücks», das Bild eines Landes zu vermitteln, das buchstäblich an vorderster Front für die Verteidigung der westlichen liberalen Werte eintritt – trotz des extrem hohen Korruptionsniveaus, das sogar von den europäischen Behörden dokumentiert wird, trotz der Schliessung bündnisfreier Parteien und Zeitungen und trotz der Präsenz neonazistischer Kräfte in der Armee und in der Politik.

So ist es bezeichnend, dass die Abgeordnete im vergangenen Mai in der Sendung von Lilli Gruber auf dem TV-Kanal La7 zu Gast war, wo sie in einem Interview den Kommandeur des Asow-Bataillons lobte.

Am 30. März letzten Jahres hatte sie CNN ein Interview gegeben, in dem sie während des Gesprächs mit dem Journalisten stolz eine Pistole aus ihrer Handtasche zog. Dabei wies sie darauf hin, dass es ihr schwerfalle, sie zu benutzen, weil ihre schönen lackierten Fingernägel jedes Mal abzubrechen drohten, wenn sie das Magazin herausziehe. Ein Bild wie aus einem Quentin Tarantino-Film, kommentiert Byoblu.

Wie das Portal mitteilt, ist Vasilenko nicht nur Mitglied der Rada, sondern auch in jenen Think Tanks verankert, welche die Interessen der USA in Europa vertreten. Beispielsweise leitete sie 2018 das Forum Veteran Empowerment and Transition Summit in Kiew, an dem Gäste aus verschiedenen US-Einrichtungen wie dem German Marshall Fund teilnahmen.

Mit dieser Organisation hatte sich der verstorbene deutsche Journalist Udo Ulfkotte beschäftigt. In seinem Buch «Gekaufte Journalisten» hatte er geschrieben:

«Ich habe 17 Jahre lang für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, eine angesehene Zeitung, als Kriegsberichterstatter gearbeitet und war Teil des Systems: Heute schäme ich mich dafür, weil ich Propaganda und Desinformation produziert habe (…) Ich habe dem System geholfen, Kriege vorzubereiten, zum Beispiel, und das ist nicht richtig.»

Gerade durch Organisationen wie dem German Marshall Fund sei es durch die Kriegs- und Propagandaverstrickung möglich gewesen, die martialische Politik gegenüber der europäischen Öffentlichkeit zu rechtfertigen, so Ulfkotte.

Byoblu erachtet es als erstaunlich, dass eine inzwischen weltbekannte Parlamentarierin, die in den wichtigsten internationalen Zeitungen zu Gast ist, eine so eklatante und leicht zu identifizierende Fälschung veröffentlicht, ohne dass sich jemand von den Heerscharen der Fakten-Checker die Mühe macht, sie zu brandmarken. Das Portal schliesst:

«Vielleicht ist dies aber auch nur die x-te Bestätigung dafür, wie sehr das offizielle Informationssystem inzwischen auf pure und einfache Kriegspropaganda ausgerichtet ist.»

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