Von Feinden umzingeln (Foto: Rainer Fuhrmann/Shutterstock)

Gegen größtes Onshore-Windprojekt in Bayern formiert sich Widerstand

40 Windräder im Altöttinger und Burghauser Forst sollen in Zukunft das bayerische Chemiedreieck mit benötigtem grünen Strom versorgen – ein Projekt von bisher unerreichter Größe im Freistaat Bayern. Allerdings unterstützen nicht alle betroffenen Gemeinden dieses Vorhaben. Mittlerweile gibt es auch Widerstand (sueddeutsche: 06.02.23)

Ein Beitrag von Blackout-News

Größtes Onshore-Windprojekt in Bayern: Söders Vision für eine grünere Zukunft im Chemiedreieck

Der Windpark sei notwendig, da die Industrie im bayerischen Chemiedreieck gewaltige Mengen Energie verbraucht und zumindest ein Teil davon in Zeiten von Klimakrise, Energiewende und Ukrainekrieg künftig aus der Region stammen soll. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte im Dezember das „größte Onshore-Windprojekt in Deutschland“ an, bei dem 30 bis 40 Windenergieanlagen im Altöttinger und Burghauser Forst entstehen könnten. Während im Chemiedreieck die Zuversicht wächst, nimmt gleichzeitig auch der Widerstand zu.

Widerstand gegen großes Onshore-Windprojekt im bayerischen Chemiedreieck wächst

Der Gemeinderat von Emmerting hat bezüglich des Vorhabens „Rückenwind ChemDelta“, welches vom Interessenverband der örtlichen Chemieindustrie initiiert und von den Bayerischen Staatsforsten und dem Landratsamt in Altötting kräftig vorangetrieben wird, keine klare Stellung bezogen. Die Genehmigung durch die jeweilige Kommune, die die Staatsforste als Voraussetzung brauchen, kam bisher auch nicht. Emmerting liegt mitten im Projektgebiet und der Bürgermeister, Stefan Kammergruber, fühlt sich überrumpelt von den vielen Personen, die plötzlich Windräder als wichtiges Thema vorantreiben. Er argumentiert, dass Kritik erlaubt sein sollte, ohne dass man dafür als Gegner angesehen wird und fühlt sich durch die unzureichende Informationslage unsicher. Kammergruber beklagt sich, dass ihm „rundum die Windräder schwindlig wird“. Auch im nahegelegenen Kastl applaudierten 150 Zuhörer im überfüllten Sitzungsraum als Bürgermeister Gottfried Mitterer (FW) und die Fraktionssprecher beschlossen, dem Windpark vorläufig nicht zuzustimmen.

Der Widerstand gegen Windkraft bezieht sich auf „maximalen Waldverlust bei minimaler Stromproduktion“. Die Kritiker argumentieren, dass Tausende Bäume gefällt werden, Vögel, Fledermäuse und Insekten von den Rotorblättern getötet werden und dass die Immobilienwerte durch das Projekt sinken. Das zentrale Argument der Skeptiker ist jedoch, dass der Wind über Südost-Bayern instabil und zu schwach weht, um effektiv Strom zu produzieren.

Windkraft in Bayern: Fakten gegen Vorurteile – Staatsforste und Windkümmerer widersprechen Kritikern

Rainer Droste, der bei den Staatsforsten für Windkraft zuständig ist, widerspricht den Argumenten gegen Windkraft. Laut dem bayerischen Windatlas gibt es in 160 Meter Höhe über dem Boden Windgeschwindigkeiten von 5,3 Metern pro Sekunde, was im bayerischen Schnitt liegt und einen rentablen Betrieb von Windrädern ermöglicht. Peter Beermann, der von der Staatsregierung als „Windkümmerer“ für Oberbayern bestellt wurde, schätzt den jährlichen Stromertrag pro Windrad auf mindestens zwölf Millionen Kilowattstunden und bestätigt, dass sich die Werte aus dem Windatlas meist bestätigen und jeder Projektenwickler ohnehin eigene Messungen anstellen wird. Eine neuerliche Windmessung sei nicht nötig, da sie parallel zu den Artenschutzuntersuchungen durchgeführt werden kann.

Staatsforste suchen Investoren für Windkraftprojekt im Waldgebiet zwischen Altötting und Burghausen

Die Staatsforste planen, bis Mai dieses Jahres mindestens einen oder zwei Projektentwickler mittels eines Bieterverfahrens zu finden. Diese werden jeweils eine dreistellige Millionensumme investieren, den genauen Standort planen und die Anlagen später eventuell auch betreiben. Aus dem 5000 Hektar großen Waldgebiet zwischen Altötting und Burghausen wurden alle Wasserschutzgebiete, Schutzgebiete für Flora und Fauna, Abstandskorridore entlang der Alz und größeren Straßen sowie Flächen, die weniger als einen Kilometer von einer Wohnsiedlung entfernt sind, abgezogen. Übrig sind etwas mehr als 1300 Hektar, die rein rechnerisch für ungefähr 50 Windräder ausreichen könnten. Der Staatsforsten-Bereichsleiter, Rainer Droste, erwartet jedoch aufgrund des Biotop- und Artenschutzes eine geringere Anzahl an Windrädern.

Die 1300 Hektar des Waldgebiets, das sich zwischen Altötting und Burghausen erstreckt, sind auf neun verschiedene Gemeinden aufgeteilt. Acht Stadt- und Gemeinderäte haben bereits abgestimmt, wovon nur zwei dagegen waren. Daher geht der Altöttinger Landrat Erwin Schneider (CSU) davon aus, dass es nicht mehr zu großen Verzögerungen kommen wird. Die Gemeinde Emmerting, die 128 Hektar besitzt, wird laut Schneider keine große Rolle spielen, da der Wald bei Kastl in der Regel ein Wasserschutzgebiet ist.

Beteiligung der Bürger und CO₂-Reduzierung durch geplante Windkraftanlagen im Chemiedreieck

Die Bürger der betreffenden Kommunen haben laut den Staatsforsten die Möglichkeit, sich an dem Vorhaben zu beteiligen – vor allem auf wirtschaftlicher Ebene, beispielsweise als Anteilseigner oder Mitglieder einer Wind-Genossenschaft. Das Mitspracherecht bei der Genehmigung wird sich lediglich auf die Stellungnahmen der Kommunen beschränken, insbesondere bei der bereits initiierten Änderung des Regionalplans, der bisher Windräder im Öttinger und Burghauser Forst ausdrücklich ausschließt. Gemäß dem Wind-an-Land-Gesetz des Bundes, das kürzlich in Kraft getreten ist, sollen die einzelnen Planungsregionen, in diesem Fall Südostoberbayern, jede für sich 1,8 % ihrer Fläche als Gebiete für die Windenergie ausweisen, wie es auch für den Freistaat als Ganzes in den nächsten zehn Jahren vorgesehen ist.

Wacker-Chemie setzt auf grünen Strom im Chemiedreieck

„Es wird kein Mangel an Abnehmern für den erzeugten Strom im Chemiedreieck geben“, sagt Peter von Zumbusch, Werkleiter von Wacker-Chemie in Burghausen und Vorsitzender des ChemDelta-Verbands. Er versichert, dass das Unternehmen den Strom aufnehmen wird, unabhängig von seiner Herkunft. Dies ist Teil des Zieles von Wacker, seinen CO₂-Ausstoß bis 2030 zu halbieren und bis 2045 klimaneutral zu werden. Hierfür wird eine große Menge an grünem Strom benötigt, die von den geplanten 40 Windrädern im besten Fall erzeugt werden kann. Die Industrie im Chemiedreieck verbraucht bereits rund 5 Terawattstunden Strom pro Jahr, was etwa 1 % des Gesamtverbrauchs in Deutschland entspricht.

Das Chemdelta wird bald einen größeren Bedarf an Strom haben, da sich sein Verbrauch mindestens verdoppeln könnte, falls die Unternehmen den für die Produktion benötigten Wasserstoff selbst erzeugen müssen. Obwohl die 40 geplanten Windräder ein kleiner Beitrag zu dem steigenden Bedarf sein werden, bewerten Befürworter und Kritiker die Auswirkungen unterschiedlich. Die Staatsforste drehen durch das Vorhaben jedoch ein großes Rad, da sie bereits 101 Anlagen in ihren Wäldern betreiben.

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