Margot Käßmann - Foto: Imago/PressedienstNord

Die neue Querfront: Margot Käßmann verteidigt Unterschrift für Wagenknecht-Appell

Wer hätte gedacht, dass die Ex-EKD-“Schnapsdrossel” Margot Käßmann einmal mit AfD-Chef Tino Chrupalla dieselbe Erklärung unterzeichnen würde? Das skurrile Zweckbündnis der lagerübergreifenden Gegner von immer neuen, hocheskalativen Waffenlieferungen an die Ukraine, ins Leben gerufen von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht mit ihrem “Manifest für den Frieden”, macht’s möglich. Zwar moserte Wagenknecht über ihr unbequeme Mitunterzeichner eben aus dem AfD-Umfeld, womit sie der Glaubwürdigkeit ihrer Initiative einen Bärendienst erwies, da es anscheinend noch weniger um die Sache als die richtige Gesinnung geht – doch Tatsache ist, dass beide Frauen einen Nerv getroffen haben, der diesmal nicht nur Fundamentalpazifisten wie Käßmann, sondern auch Realpolitiker in einer Schnittmenge vereint.

Die prinzipielle christlich-ethische Ablehnung des Krieges  führt hier ganz zwangsläufig zu derselben Haltung wie bei jenen, die Eins und Eins zusammenzählen können und wissen, dass die fortschreitende Eskalation des Konflikts bei einer Atommacht zu unkalkulierbaren Entwicklungen führen kann und früher und später wird. Dass die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche ihre Unterschrift für das Manifests verteidigt, ohne auf die üblichen Kontaktschuldvorwürfe einzusteigen, ist insofern durchaus schlüssig und ehrenwert.

Niemand hat Lösungen parat

In einem Gastbeitrag für die “Frankfurter Rundschau”, der morgen erscheint, schreibt Käßmann, die militärische Logik offenbare gerade “ihre ganze eigene Hilflosigkeit”. Zugleich räumte sie ein: “Kurzfristige Lösungen, den entsetzlichen Angriffskrieg auf die Ukraine zu beenden, hat die Friedensbewegung nicht.” Sie schreibt in ihrem an eine Rechtfertigungserklärung erinnernden Aufsatz weiter, “Bellizisten und Waffenlobbyisten” hätten diese Lösungen auch nicht. Pazifisten gehe es darum, “schnellstens die Waffen zum Schweigen zu bringen und dann zu verhandeln”, so Käßmann. Der Pazifismus kenne “andere Narrative als die militaristischen”. Dabei ginge es um Mediation, Diplomatie, gewaltfreie Konfliktbewältigung und zivilen Widerstand, so die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche. “Dabei habe ich die Demut, zu wissen, dass ich schuldig werde an Menschen, die sich mit der Waffe verteidigen wollen. Ich habe auch Verständnis für den Ruf nach Waffen”, schreibt Käßmann.

Man kann von Käßmann sonstiger Doppelmoral und Fundi-Haltungsbekundungsmanie ja halten, was man will – aber hier hat sie fraglos recht, wenn sie sagt: “In einer Demokratie nehme ich mir das Recht heraus, bei meiner Position zu bleiben.” (TPL)

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