Margot Käßmann (Bild: Imago/PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY)

Weil auch die bösen Rechten gegen Kriegseskalation sind: Käßmann will nicht auf Wagenknechts Berliner Friedensdemo sprechen

Mit der Züchtigungspeitsche der rechten Kontaktschuld werden derzeit wieder mal Abtrünnige des linken Meinungskartells eingefangen, die zuletzt überraschende Einsichts- und Kritikfähigkeit gezeigt und couragiert der eigenen Meinung Ausdruck verliehen hatten, und wieder auf Kurs bzw. zurück in den Schoß der Gemeinschaft der Selbstgerechten unter den Völkern gebracht. So gehen Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer, den prominentesten Verfechtern einer Ukraine-Friedenslösung, immer mehr prominente Unterstützer von der Fahne, weil sie sich dort Seite and Seite mit den “Falschen” wiederfinden. Das Problem: Mit ihrer Initiative stießen die beiden Verfasserinnen des “Manifests für den Frieden” (dieses richtet sich gegen den blindwütigen und lebensgefährlichen Eskalationskurs gegenüber Russland unter Ausblendung pragmatischer diplomatischer Lösungen) auf so breiten Konsens und so gewaltige Zustimmung, dass sich darunter zwangsläufig auch viele Schmutzfinken (vulgo: Oppositionelle) befinden. Bei mittlerweile über einer halben Million Unterzeichnern des Appells bleibt das nicht aus.

Weil aber in der Defekten Demokratischen Republik bekanntlich das Wichtigste Credo lautet, nur solange für seine eigene Meinung einzustehen, wie diese nicht auch von den Ausgestoßenen und Gezeichneten geteilt wird, verweigert nun etwa die Ex-EKD-Chefin und Theologin Margot Käßmann ihre Teilnahme an der für Samstag geplanten Großkundgebung in Berlin. Ursprünglich sollte die Kirchenfrau auf der von Wagenknecht, Schwarzer und Ex-General Erich Van initiierten Veranstaltung am Brandenburger Tor sprechen. Nun kneift sie und lamentiert, es gebe dort “keine ausreichende Abgrenzung von nationalistischen und menschenfeindlichen Personen“. Nicht besser ist auch Jürgen Grässlin, Bundessprechers der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), der gemeinsam mit Käßmann hatte er zu den Erstunterzeichnern der Wagenknecht-Schwarzer-Initiative gehört: Auch er bemängelt die fehlende “Abgrenzung” von vermaledeiten “Rechten”.

Gesinnung nur im Dutzend

Schizophrenerweise erklärt Käßmann, das „Manifest für den Frieden“  dennoch weiter für richtig zu halten. Aber Gesinnungen darf es in Deutschland weiterhin nur im Dutzend geben, Querfronten sind damit also nicht möglich. Es ist das Ende jeder politischen Willensbildung, wenn schon die Willensäußerung vom konsensfähigen und “korrekten” Weltbild der Mitstreiter einer Initiative in allen anderen politischen und gesellschaftlichen Fragen abhängig gemacht wird.

Allerdings bleibt festzuhalten, dass es Wagenknecht selbst gewesen ist, die sich in einem mittelschweren Anfall von Distanzeritis naserümpfend über unfeine Unterzeichner des eigenen Appells empört hatte – insbesondere über AfD-Chef Tino Chrupalla, der ihre Petition bei Change.org ebenfalls zu signieren gewagt hatte. Den Ungeist der Spaltung hat sie damit selbst erst ins eigene Lager hineingetragen und gezeigt, dass auch bei ihr die korrekte Linksgesinnung über der Sache selbst steht: Pazifismus und Diplomatie schön und gut – aber bitte nicht gemeinsam mit dem politischen Paria! Vermutlich sind dies immer noch Nachwehen von Wagenknechts einstiger stalinistischer Prägung. Schade.

Vielleicht sollte man all die Schwarzgurtträger der selektiven Haltung nochmals an das erinnern, wofür sie richtigerweise inhaltlich eintreten: Wenn es in diesem Konflikt nämlich dank des unverantwortlichen, dilettantischen, geschichtsvergessenen und infantilen Treibens solcher regierender Minusmenschen wie Baerbock und Scholz zum Worst-Case kommen sollte, dann spielen politische Gräben zwischen Links und Rechts, zwischen “Gut” und “Böse”, zwischen Nationalisten und Globalisten und zwischen Identitäts- und Buntdeutschen allesamt keine Rolle mehr. Im Atomblitz verglühen AfD-“Faschisten” und Gutmenschen gemeinsam. (DM)

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