Foto: BiksuTong/Shutterstock

Ukraine-Politik: Zwischen den US-Geheimdiensten und dem Weissen Haus tobt ein Kampf

Biden hat jüngst die Entsendung von zwei Brigaden an die ukrainische Grenze genehmigt. Ihr gehören Tausende der besten Kampfeinheiten der amerikanischen Armee an. Von Seymour Hersh.

Ein Beitrag von Transition-news.org

Dieser Beitrag ist zuerst auf dem Substack von Seymour Hersh erschienen. Transition News hat Auszüge daraus ins Deutsche übersetzt.

Die ukrainische Regierung von Wolodimir Selenski lässt sich den lebensnotwendigen Dieselkraftstoff von den amerikanischen Steuerzahlern teuer bezahlen. Es ist nicht bekannt, wie viel die Regierung Selenski pro Gallone für den Treibstoff zahlt.

Was man weiss: Das Pentagon zahlte während des jahrzehntelangen amerikanischen Krieges in Afghanistan bis zu 400 Dollar pro Gallone für den Transport von Benzin (…) nach Afghanistan. Was viele auch nicht wissen: Selenski hat den Treibstoff von Russland gekauft, also von Land, mit dem man (…) im Krieg liegt. (…)

Analysten der Central Intelligence Agency (CIA) schätzen, dass in der Ukraine Gelder in der Höhe von mindestens 400 Millionen Dollar veruntreut wurden im vergangenen Jahr. Ein anderer Experte sieht das Ausmass an Korruption in Kiew ähnlich hoch wie während des Afghanistankriegs, «obwohl es in der Ukraine keine professionellen Prüfberichte geben wird».

«Selenski hat von den Russen billigen Diesel gekauft», sagte mir ein sachkundiger amerikanischer Geheimdienstmitarbeiter. «Und wer bezahlt das Gas und das Öl? Wir sind es. Putin und seine Oligarchen verdienen daran Millionen.»

Viele Ministerien in Kiew haben, wie mir gesagt wurde, buchstäblich «konkurriert», um Scheinfirmen in aller Welt zu gründen, um Exportverträge für Waffen und Munition mit privaten Waffenhändlern auszuhandeln, dabei fliessen reichlich Schmiergelder.

Viele dieser Unternehmen befinden sich in Polen und Tschechien. Aber es soll auch Firmen am Persischen Golf und in Israel geben. «Es würde mich nicht überraschen, wenn ich erfahre, dass es weitere Firmen auf den Cayman-Inseln und in Panama gibt, und dass viele Amerikaner daran beteiligt sind», sagte mir ein amerikanischer Experte für internationalen Handel.

Bei einem Treffen in Kiew zwischen CIA-Direktor William Burns und Selenski im Januar in Kiew wurde das Problem der Korruption thematisiert. Burns Botschaft an den ukrainischen Präsidenten könnte auch von einem Mafia-Film der 1950er Jahre stammen. Dies zumindest sagte mir ein Geheimdienstmitarbeiter, der von dem Treffen wusste.

Die ranghohen Generäle und Regierungsbeamten in Kiew waren verärgert über Selenskis Habgier, weil «er mehr Geld für sich selbst abschöpfte und den Generälen weniger übrig blieb», sagte Burns gegenüber dem ukrainischen Präsidenten.

Burns legte Selenski zudem eine Liste mit fünfunddreissig Generälen und hohen Beamten vor, die allesamt korrupt waren, was der CIA und anderen Mitgliedern der amerikanischen Regierung bekannt war.

Selenski reagierte auf den amerikanischen Druck zehn Tage später. Er entliess zehn der auffälligsten Beamten und unternahm ansonsten wenig. «Die zehn, die er loswurde, prahlten schamlos mit dem Geld, das sie hatten, und fuhren in ihrem neuen Mercedes durch Kiew», sagte mir der Geheimdienstmitarbeiter.

Die halbherzige Reaktion Selenskis und die mangelnde Besorgnis des Weissen Hauses seien ein weiteres Zeichen für eine schlechte Führung. Sie führte zu einem «totalen Zusammenbruch» des Vertrauens zwischen dem Weissen Haus und einigen Teilen der Geheimdienste.

Ein weiterer Streitpunkt, von dem ich in meiner jüngsten Berichterstattung immer wieder gehört habe: Die schrille Ideologie und das mangelnde politische Geschick von Aussenminister Tony Blinken und dem nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan.

Der Präsident und seine beiden wichtigsten aussenpolitischen Berater «leben in anderen Welten» als die erfahrenen Diplomaten, Militärs und Geheimdienstler, die dem Weissen Haus zugeteilt sind: «Sie haben keine Erfahrung, kein Urteilsvermögen und keine moralische Integrität. Sie erzählen einfach Lügen und erfinden Geschichten. Diplomatische Bestreitbarkeit ist etwas anderes», sagte der Geheimdienstler. «Das muss getan werden.»

Ein prominenter amerikanischer Diplomat im Ruhestand, der Bidens Aussenpolitik gegenüber China und Russland vehement ablehnt, bezeichnete Blinken als wenig mehr als einen «aufgedrehten Kongressmitarbeiter» und Sullivan als «politischen Wahlkampfmanager».

Beide würden sich nun plötzlich in der Welt der Hochleistungsdiplomatie wiederfinden. «Ohne Empathie für die Opposition. Sie sind anständige Politiker», fügte er hinzu, «aber jetzt haben wir die politische und energiewirtschaftliche Welt völlig auf den Kopf gestellt. China und Indien verkaufen jetzt raffiniertes Benzin an die westliche Welt. Das ist einfach ein Geschäft.»

Die derzeitige Krise wird nicht durch die Tatsache erleichtert, dass Putin ebenfalls irrational handelt. Der Geheimdienstmitarbeiter sagte mir, dass alles, was Putin in der Ukraine tut, «den langfristigen Interessen Russlands zuwiderläuft. Emotionen haben die Rationalität überwunden. Er tut Dinge, die völlig unproduktiv sind. Werden wir uns also mit Selenski und Putin zusammensetzen und eine Lösung finden? Auf keinen Fall.»

«Es gibt einen totalen Bruch zwischen der Führung des Weissen Hauses und den Geheimdiensten», sagte der Geheimdienstmitarbeiter. Das Zerwürfnis geht auf den Herbst zurück, als Biden, wie ich Anfang Februar berichtete, die verdeckte Zerstörung der Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee anordnete. «Die Zerstörung der Nord-Stream-Pipelines wurde nie diskutiert und war der Gemeinschaft auch nicht im Voraus bekannt», sagte der Beamte.

«Und es gibt keine Strategie zur Beendigung des Krieges. Die USA verbrachten zwei Jahre mit der Planung für die Invasion in der Normandie im Zweiten Weltkrieg. Was werden wir tun, wenn China beschliesst, in Taiwan einzumarschieren?»

Der Beamte fügte hinzu, dass der Nationale Geheimdienstrat noch eine nationale Geheimdienstschätzung (National Intelligence Estimate – NIE) zur Verteidigung Taiwans gegen China in Auftrag gegeben hat, die im Falle eines solchen Ereignisses eine nationale Sicherheits- und politische Orientierung bieten würde.

Trotz der wiederholten politischen Provokationen durch US-Demokraten und -Republikaner gebe es noch keinen Grund, anzunehmen, dass China die Absicht habe, in Taiwan einzumarschieren. Dies die Meinung des Beamten.

Das Land hat Milliarden mit dem Aufbau seiner äusserst ehrgeizigen «Belt and Road Initiative» verloren, die Ostasien mit Europa verbinden soll. Nun investiert es, vielleicht törichterweise, in Seehäfen auf der ganzen Welt. «Der Punkt ist», sagte mir der Beamte, dass es keinen funktionierenden NIE-Prozess mehr gibt. «Burns ist nicht das Problem», sagte der Beamte.

«Das Problem sind Biden und seine wichtigsten Leutnants – Blinken und Sullivan und der ganze Hofstaat –, die diejenigen, die Selenski kritisieren, als Putin-Befürworter ansehen. Wir sind gegen das Böse. Die Ukraine wird kämpfen, bis die letzte militärische Hülle verschwunden ist. Und sie wird weiter kämpfen. Und hier ist Biden, der Amerika sagt, dass wir so lange kämpfen werden, wie es nötig ist.»

Der Beamte verwies darauf, dass Biden die Entsendung von zwei Brigaden mit Tausenden der besten Kampfeinheiten der amerikanischen Armee in die Region genehmigt hat. Eine Tatsache, die wenig bekannt ist und selten diskutiert wird.

Es handelt sich um eine Brigade der 82. Luftlandedivision. Sie hat von ihrem Stützpunkt in Polen aus, der nur wenige Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt ist, intensiv trainiert und geübt. Sie wurde Ende letzten Jahres durch eine Brigade der 101. Luftlandedivision verstärkt, die in Rumänien stationiert war.

Zusammen mit den Verwaltungs- und Unterstützungseinheiten (…) könnte die tatsächliche Mannstärke der beiden Brigaden mehr als 20’000 betragen. Die Geheimdienstmitarbeiter sagten mir, dass «es keine Beweise dafür gibt, dass irgendein hoher Beamter im Weissen Haus wirklich weiss, was mit der 82. und 101. Division geschehe. Sind sie im Rahmen einer NATO-Übung dort oder um mit NATO-Kampfeinheiten zu dienen, falls der Westen beschliesst, russische Einheiten in der Ukraine anzugreifen? Sind sie dort, um zu trainieren oder um als Auslöser zu dienen? Die Einsatzregeln besagen, dass sie die Russen nicht angreifen dürfen, es sei denn, unsere Jungs werden selbst angegriffen.»

«Aber die Jüngeren haben hier das Sagen», fügte der Beamte hinzu. «Es gibt keine NSC-Koordination und die US-Armee bereitet sich auf den Krieg vor. Es ist nicht klar, ob das Weisse Haus weiss, was vor sich geht. Hat der Präsident das amerikanische Volk mit einer Informationssendung über die Vorgänge unterrichtet? Die einzigen Informationen, die die Presse und die Öffentlichkeit heute erhalten, stammen von Sprechern des Weissen Hauses.» «Das ist nicht nur schlechte Führung. Es gibt keine. Null.»

Der Beamte fügte hinzu, dass ein Team ukrainischer Kampfpiloten jetzt hier in Amerika ausgebildet wird, um in den USA gebaute F-16-Kampfjets zu fliegen. Dies mt dem Ziel, bei Bedarf im Kampf gegen russische Truppen und andere Ziele innerhalb der Ukraine zu fliegen. Eine Entscheidung über einen solchen Einsatz wurde noch nicht getroffen.

Die klarsten Aussagen zur amerikanischen Politik kamen nicht aus dem Weissen Haus, sondern aus dem Pentagon. Armeegeneral Mark A. Milley, der Vorsitzende der Generalstabschefs, sagte am 15. März über den Krieg:

«Russland bleibt isoliert. Seine militärischen Bestände gehen rasch zur Neige. Seine Soldaten sind demoralisierte, untrainierte, unmotivierte Wehrpflichtige und Sträflinge, und ihre Führung lässt sie im Stich. Da Russland seine strategischen Ziele bereits verfehlt hat, verlässt es sich zunehmend auf andere Länder wie den Iran und Nordkorea (…) Diese Beziehungen beruhen auf den grausamen Banden der Unterdrückung der Freiheit, der Untergrabung der Freiheit und der Aufrechterhaltung ihrer Tyrannei. (…) Die Ukraine bleibt stark. Sie ist fähig und gut ausgebildet. Die ukrainischen Soldaten sind in ihren Kampfverbänden stark. Ihre Panzer, Schützenpanzer und gepanzerten Fahrzeuge werden die Frontlinie nur verstärken.»

Es gibt Anzeichen dafür, dass Milley so optimistisch ist, wie er klingt. Mir wurde gesagt, dass die Generalstabschefs vor zwei Monaten Mitglieder des Stabs (…) mit der Ausarbeitung eines Vertrags zur Beendigung des Krieges beauftragt haben, der den Russen nach ihrer Niederlage auf dem Schlachtfeld der Ukraine vorgelegt werden soll.

Wenn die unterbesetzte und unterlegene ukrainische Armee in den nächsten Monaten in Bedrängnis gerät, werden sich dann die beiden amerikanischen Brigaden mit den NATO-Truppen zusammenschliessen und sich der russischen Armee innerhalb der Ukraine stellen?

Ist dies der Plan oder die Hoffnung des amerikanischen Präsidenten? Ist dies das Kamingespräch, das er halten will? Wenn Biden beschliesst, dem amerikanischen Volk seine Gedanken mitzuteilen, sollte er vielleicht erklären, was zwei voll ausgerüstete und versorgte Armeebrigaden so nahe am Kriegsgebiet zu suchen haben.



Quelle:

Seymour Hersh: TRADING WITH THE ENEMY – 12. April 2023

Entdecke mehr von Journalistenwatch

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen