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Schule als Instanz für die Tiefenindoktrination?

Deutschland gehört zu den Ländern, in denen eine gesetzliche Schulpflicht besteht. Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates. Im Bereich des Schulwesens ist der Staat also berechtigt, eigene Erziehungsziele zu verfolgen.

Immer häufiger kommt auch hierzulande die Frage auf, ob eine solche Pflicht noch zeitgemäß ist. Viele Länder weltweit verzichten auf einen verpflichtenden Schulbesuch und setzen stattdessen auf Konzepte wie das Bildungsrecht. In den letzten Jahren hat sich der Trend gezeigt, dass immer mehr Eltern an der Qualität der staatlichen Bildungseinrichtungen zweifeln. Dabei stehen die Betroffenen verschiedenen Aspekten misstrauisch gegenüber: Sie beklagen sich nicht nur über eine abnehmende Qualität des Unterrichts, sondern auch über verstärktes Mobbing und eine soziale Ausgrenzung ihrer Kinder. Des Weiteren fühlen sich einige Eltern unwohl mit den Werten, welche ihren Kindern in der staatlichen Schule vermittelt werden: „Wokeism” und „Gendersprache” sind nur einige Punkte, die in Hinblick darauf häufig zur Sprache kommen. Ist ein Bildungsrecht anstatt einer Schulpflicht ein realistischer Wunsch?

Um die Geschichte kurz zusammenzufassen: Weder die Antike noch das Mittelalter kannten eine Schulpflicht, die mit der dieser Tage vergleichbar wäre. Das Lernen in der Antike war für heranwachsende Bürger zwar selbstverständlich, aber nicht verpflichtend. Die schulische Bildung freier Bürger gründete auf Selbstbestimmung. Auch der Besuch mittelalterlicher Dom- oder Klosterschulen war nicht obligatorisch, ebenso wenig das Aufsuchen berufsständischer Schulen, die mit der Zunahme des Fernhandels aufblühten. Lesen, Schreiben und Rechnen wurden indessen immer populärer – und waren wirksame Mittel von  persönlicher Befreiung als auch gegen ökonomischer Ausbeutung.

Auch Deutschland, das einstige Land der Dichter, Denker und Ingenieure kam lange Zeit ohne Schulpflicht aus. In Kellern und Werkstätten der Nation entstanden Dinge, die im heutigen Alltag selbstverständlich gelten. Von der Glühbirne, über das Motorrad bis hin zu den Röntgenstrahlen. Es war eine Zeit der Besinnung auf das Prinzip eigener Leistungen. Das Volk der Dichter und Denker war auch das Land der großen Pädagogen, deren Glaube an sich selbst groß war und dessen Erfolge für sich sprachen.

Schulen erzeugen mündige Bürger?

Wenn dieses Wissen und Können ohne eine Schulpflicht auskam, wie kommt es dann dazu, dass in großen Teilen der Gesellschaft immer noch die Vorstellung herrscht, dass mit den Schulen „mündige Bürger” erzeugt werden oder erzeugt werden sollen? Aus welcher Zeit stammt die Schulpflicht in Deutschland, hat sie zu mehr Bildung geführt? Und was hat das mit Demokratie zu tun, die vor 150 Jahren eine Art Faszination auslöste? Immer mehr Völker beriefen sich in dieser Zeit nach sogenannter Demokratie und so schwappte dieser Gedanke auch nach Deutschland über.

Ende 1918 brach die alte Ordnung in sich zusammen, ihre Vertreter kapitulierten kampflos. Die revolutionäre Bewegung beendete die Fürstenherrschaft in Deutschland und machte den Weg frei für eine demokratische Republik. Was aber könnte Demokratie für die Mächtigen attraktiv machen, deren Macht sie ja gerade einschränkt und bedroht? Die Antwort ist ganz einfach: nichts! Denn Demokratie bedeutet, die Bedürfnisse der Mächtigen und Reichen einzuschränken, woran sie naturgemäß kein Interesse haben. Aber – auch eine Demokratie will ordentlich gelenkt sein.

Erste Schulpflicht

So gehen die ersten Vorläufer, die eine Unterrichtspflicht in der erworbenen Demokratie einführten, ein Jahr nach dem Zusammenbruch der Fürstenherrschaft, direkt auf die Weimarer Reichsverfassung von 1919 zurück. Hier galt bereits eine vierjährige Schulpflicht. Das nationalsozialistische Reichsschulpflichtgesetz von 1938 bekräftigte den Paragraf 12, der den „Schulzwang” regelte, sodass Schulverweigerer der Schule mithilfe der Polizei zugeführt werden. Paragraf 14 führte aus, dass die Verletzung der Schulpflicht mit Geld- oder Haftstrafe geahndet wird.

Das Reichsschulpflichtgesetz von 1938 blieb nach der Gründung der Bundesrepublik zunächst als Landesrecht bestehen. In diesen Landesgesetzen wurde das Verständnis von Schulzwang allerdings nicht verbessert, sondern radikalisiert, in dem man die polizeilichen Maßnahmen und drakonischen Strafen bei Zuwiderhandlung verstärkte und den Schulzwang der Grundschulzeit auf die gesamte Schulzeit ausdehnte. Dass dieses braune Erbe der deutschen Schulpflicht vom Bundesverfassungsgericht mit Verweis auf das  vermeintliche Gemeinwohl abgetan wird, darf schon mehr als unwürdig für dieses Land empfunden werden.

Das richtige Weltbild

Und nein, die 1938 eingeführte Schulpflicht sollte keine freien Bürger oder klügere Menschen hervorbringen, sondern gehorsame Staatsbürger produzieren, die verlernen, die richtigen Fragen zu stellen. Denn die längerfristig angelegten Prozesse der Vermittlung politischer und gesellschaftlicher Weltbilder und Wertesysteme sollten das richtige gesellschaftliche Weltbild erzeugen und Denkmöglichkeiten „unsichtbar” machen. Das war der Ursprung dieses Gesetztes, das immer noch angewendet wird.

Das, obwohl es sich immer erneut in verschiedenen Studien über Jahrzehnte zeigt, dass sich das deutsche Bildungssystem abgenutzt hat. Deutschland landet seit Jahrzehnten in allen Kompetenzbereichen – Lesen und Schreiben, Mathematik, Naturwissenschaften – im unteren Drittel. Trotzdem möchte man an der Macht festhalten. Ähnliche Regelungen wie in Deutschland gibt es beispielsweise in Nordkorea und China. Hier muss auch eine Schule besucht werden. Viele andere Länder haben die Bildung von Kindern und Jugendlichen jedoch anders geregelt.

Andere Länder und die Schulpflicht?

In Österreich und Kanada beispielsweise gilt stattdessen die sogenannte Unterrichtspflicht. So ist es zum Beispiel auch in Australien, Neuseeland und den USA geregelt. Dort kann die allgemeine Schulpflicht durch den Besuch des häuslichen Unterrichts erfüllt werden. In Irland, Spanien und Italien gilt die Bildungsfreiheit. Dänemark hat schon seit vielen Jahren das ähnliche Bildungsrecht eingeführt. Bereits 1855 hat das Land die Schulpflicht abgeschafft. Dänemark und viele andere Länder ohne eine Schulpflicht aus dem dunkelsten Kapiteln der Geschichte, schneiden in allen Punkten besser ab als deutsche Schüler.

Auch wenn dieser Gedanke uns fremd scheint, alternative Schulformen können funktionieren und sind realistisch umsetzbar. Nicht nur das: Viele Kinder zeigen hier verbesserte Leistungen und eine wachsende Freude am Lernen und Entdecken.

 

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