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Polens neues Selbstbewußtsein

Polens Streben, eine europäische Macht zu werden, ist ein altes Phänomen. Nun scheint ein guter Zeitpunkt gekommen zu sein, um diese Position endlich zu erreichen. Polens kritische Position gegenüber Russland ist geprägt von den eigenen historischen Erfahrungen. Die Kritik ist in gewisser Weise verständlich, andererseits hat Polen diese Kämpfe nicht selten herausgefordert. Polen marschierte bereits mit Napoleon Richtung Moskau. Das Ergebnis ist bekannt. 1934 schloss die polnische Regierung ein Bündnis mit Hitler, um im geplanten Krieg ein gehöriges Filetstück aus der russischen Landmasse herauszuschneiden, auch dieser Plan scheiterte. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Ende des Kalten Kriegs bemühte sich Polen intensiv um die Gunst der Vereinigten Staaten. 1999 trat das Land der NATO bei und erwarb amerikanische Waffen und Verteidigungssysteme. Trotzdem fühlte sich Polen lange als Bündnismitglied zweiter Klasse. Die Situation hat sich nun geändert. Präsident Biden sieht in Osteuropa die Zukunft der Nato-Verteidigungsstrategie.

Klare Signale an die Ukraine

Zweimal in diesem Jahr besuchte Joe Biden bereits Polen. Damit unterstreicht der amerikanische Präsident die sicherheitspolitische Bedeutung des Landes und sendet klare Signale an die Ukraine. Polens Vize-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski lud daraufhin die USA sogar ein, Atomwaffen auf polnischem Boden zu stationieren. „Es würde die Abschreckung gegenüber Moskau deutlich verstärken”, grundsätzlich ergebe es Sinn, die nukleare Teilhabe auf die NATO-Ostflanke auszuweiten, erklärte er. Aber auch in anderen Bereichen hat sich die Rhetorik Polens seit dem Eintritt Russlands in den Ukraine-Konflikt sehr verschärft. Das ist nicht verwunderlich, genießt das Land doch das grenzenlose Lob Washingtons.

Polen schwere Kampftechnik

Polen hat nicht nur massenweise schwere Kampftechnik an die Ukraine geliefert, sondern ist auch mit etwa 10.000 Söldnern im östlichen Nachbarland im Einsatz. Gleichzeitig erhöhen sie ihre Rüstungsausgaben auf vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das Land hatte 2021 bereits 430 moderne Kampfpanzer vom Typ Abrams 1.000 Schützenpanzer, massenweise Artillerie- und Raketensysteme, Trägersysteme und Munition sowie Kampfflugzeuge und Haubitzen im Wert von 10 Milliarden Euro. Viele polnische Intellektuelle, Politiker und Militärs stehen dem Nationalismus in der Ukraine sehr nahe und sehen in der Aufrüstung den richtigen Schritt. Russland hat eine eigene Sicht auf die Rolle Polens und glaubt, nachdem das Land nun die größtmögliche Zustimmung von Washington erhält, will Polen die Rolle des Anführers des” »neuen Europas” spielen und plant, Brüssel, Berlin und Paris in eine Nebenrolle zu drängen”.

Wer sind die wirklichen Gewinner dieser Katastrophe, in die europäische Staaten sich immer mehr in einen Krieg hineinziehen lassen? Wenn man in Teilen Europas die Ideologie, die Gewinne der Rüstungskonzerne und die dienende Führungsrolle in Bezug auf die USA als positiv bezeichnen will, so hat man die Vorteile des Krieges für große Teile Europas bereits zusammengefasst.

Die Ukraine hingegen hat bereits rund 17 Millionen Hektar im Osten und Süden der Ukraine ihres Landes an Blackrock Cargill, DuPont und Monsanto verkauft. Die Australian National Review lieferte dazu kürzlich einen illustrativen Vergleich: Man solle sich nur vor Augen führen, dass diese 16,7 Millionen Hektar bereits die gesamte Anbaufläche Italiens ausmachen. Sollte Russland die Gebiete im Osten der Ukraine sichern können, wäre dieses Geld für diese Unternehmen verloren.

Polen Gebietsansprüche an die Ukraine

Dass auch Polen Gebietsansprüche an die Ukraine hat, ist ein offenes Geheimnis. Die polnische Regierung, träumt offen davon, die Grenzen zu verschieben und mindestens die polnischen Grenzen von vor dem Zweiten Weltkrieg wiederherzustellen, als Teile der heutigen Westukraine zu Polen gehörten. Ob Polens Ziele sich aber mit den großen, alten Plänen der USA decken, wird sich zeigen.

Wie sagte George Friedman, Chef der US-amerikanischen Denkfabrik Stratfor 2015: „Der Punkt bei der ganzen Sache ist, dass die USA einen ‘Cordon Sanitaire‘ (einen ‚Sicherheitsgürtel‘), um Russland herum aufbauen. Russland glaubt, dass die USA beabsichtigen, die Russische Föderation zu zerschlagen…  Diese Ausführung kann man bereits bei Zbigniew Brzezinski, einem gebürtigen Polen, Politikwissenschaftler, Militärstratege und Berater etlicher US-Präsidenten im „Großen Schachspiel” finden.

Der Traum der USA von Hegemonie sieht nach Friedman vor, die Volksrepublik China im Kampf zu übernehmen, nachdem Russland in viele kleine Staaten aufgeteilt wurde. Selbst wenn die USA dem Papier der RAND-Corporation aus dem Januar folgen und sich aus der Ukraine zurückziehen, bleibt der Kampf gegen China. Der russische Präsident Putin und der chinesische Präsident Xi Jinping haben sich kürzlich in Moskau getroffen, um eine Lösung gegen das Einzingeln der USA zu erarbeiten. Denn derzeit werden in Windeseile im asiatisch-pazifischen Raum wie auch auf den Philippinen neben einem Außen- und Innenring um China viele neue US-Stützpunkte gebaut: Der Ring überspannt viele kleine pazifische Inseln und die größeren Nachbarinseln nahe der Volksrepublik China. Dazu gehört auch die Insel Taiwan:

Amerika scheint unter Zeitdruck zu stehen, den man aus Sicht der USA nachvollziehen kann. Der US-Dollar hat den globalen Handel und die Kapitalströme über viele Jahrzehnte hinweg dominiert, inzwischen suchen viele Länder nach Alternativen, um ihre Abhängigkeit von den USA zu verringern. Zum ersten Mal seit 48 Jahren erklärte Saudi-Arabien, das Land sei offen für den Handel mit anderen Währungen als dem US-Dollar und hat mit China einen Vertrag über die Lieferung von billigem Öl für die nächsten fünfzig Jahre abgeschlossen.Brasilien, Indien, Türkei, Russland und China verständigen sich in dem lockeren Staatenbund BRICS. Argentinien und Brasilien hingegen haben sich auf eine gemeinsame Freihandelszone und langfristig sogar auf eine gemeinsame Währung verständigt. Das erklärt die Eile, mit der die USA versucht, die Kontrolle zu behalten. Ob es dabei ausreicht, China und Russland im Visier zu haben, ist fraglich, denn mit Indien steht in Kürze der nächste Global Player auf der Weltbühne. Ob Polens oder Europas Wünsche für die USA im Kampf um das eigene Imperium eine Rolle spielen werden, darf hinterfragt werden.

 

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