Sozialistische Empörung (Bild: shutterstock.com/Von roompoetliar)

Zeit & Höcke: Deutsch wie Nazi

Wißbegierig, wie man bei ZEIT-Online ist, hat man dort den Reden von Björn Höcke, dem überaus beliebten AfD-Vorsitzenden von Thüringen, genau zugehört. Dabei hat man festgestellt: Der überaus beliebte Björn Höcke verwendet nicht nur Begriffe, sondern sogar Ausdrucksweisen, die ebenso in Hitlers Äußerungen und nationalsozialistischen Schriften zu finden sind. Wie’s wohl kommt?

von Max Erdinger

Bei “Zeit-Online” , wo man bekanntlich gern Begriffe und sogar Ausdrucksweisen verwendet, hat ein gewisser Maximilian Sepp einen Artikel über Björn Höckes Sprachgebrauch in deutscher Sprache verfasst. Gestaltet wurde das Ganze als Intelligenztest, indem der Artikel hinter einer Bezahlschranke versteckt wurde. Wer unterbelichtet ist, der bezahlt. Meinereiner hat es deswegen auch bleiben lassen und sich mit dem begnügt, was vor der Bezahlschranke zu lesen ist. Das reicht.

Zum Beispiel kann man vor der Bezahlschranke den Namen des Verfassers lesen: Maximilian Sepp. Das geht gar nicht. Hitlers Leibwachen-Dietrich hieß schließlich schon Sepp mit dem Vornamen, bevor er zum Generaloberst der Waffen-SS befördert wurde. Und danach hieß er immer noch Sepp. Ich bezahle doch nicht teuer Geld dafür, Artikel von einem zu lesen, der mit seinem ewiggestrigen Nachnamen so heißt wie ein berüchtigter Nazi mit dem Vornamen?

In der zeitgeistigen Wochenpostille aus Hamburg: “NS-Rhetorik der AfD: Wie Rechte reden. Immer wieder verwendet der AfD-Politiker Björn Höcke Begriffe und Ausdrucksweisen, die auch in Adolf Hitlers Äußerungen und in anderen nationalsozialistischen Schriften zu finden sind. Ein Überblick. Von Maximilian Sepp.” – Ist es die Möglichkeit? Hat der Sepp wieder ausgiebig Hitlers Äußerungen angehört und nationalsozialistische Schriften gelesen? Soll er das? “Bestimmte Begriffe auf öffentlichen, insbesondere politischen Veranstaltungen zu sagen ist in Deutschland verboten – sie fallen unter Paragraf 86 des Strafgesetzbuchs: ‘Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen’. Allerdings wird jemand, der NS-Parolen von sich gibt, meist nur belangt, wenn er wortgleich zitiert. Leichte Abwandlungen, und sei nur ein Wort ausgetauscht, schützen häufig vor Verfolgung” … – an der Stelle kommt dann der Intelligenztest in Form der Bezahlschranke.

Hoecke Zeit
Höcke in der “Zeit” – Screenshot “Zeit-Online”

Aber gut, ich muß mir diesen Sepp trotzdem väterlich zur Brust nehmen. Stillgestanden, Zeitsepp. Sollst du “Begriffe sagen” schreiben? Tut man Begriffe sagen, hä? Oder “verwendet” man sie eher? “Begriffe sagen” tun wir schon einmal gar nicht schreiben, gell, Sepp? Wir sagen keine Begriffe, sondern wir verwenden welche. Und wenn wir Begriffe verwenden, obwohl es nach dem Strafgesetzbuch verboten ist,  – worunter fallen diese Begriffe dann? Unter “der Paragraf” oder unter “den Paragrafen”? Wie muß das also richtig heißen? – Genau: ” … sie fallen unter …” – wen oder was? – “… den Paragrafen 86 des Strafgesetzbuchs”. Da wir nun keine “Begriffe sagen” tun und auch den Nominativ nicht einmal dann mit dem Akkusativ verwechseln, wenn wir einen Überblick für eine zum Buchstabenprekariat heruntergekommene Wochenpostille verfassen tun, fragen wir uns einmal gemeinsam, ob uns die Vorsehung mit dem Zeitsepp den richtigen Sepp geschickt hat, um sich unter seiner Führung mit dem Sprachgebrauch anderer Leute zu befassen. Womöglich sollte der Zeitsepp lieber ein Buch mit dem Titel “Mein Krampf” schreiben, in welchem Begriffe und sogar Ausdrucksweisen vorkommen. Wegtreten, Zeitsepp!

Fest steht, daß der Zeitsepp seinen Artikel über Herrn Höckes Sprachgebrauch in der degenerierten Wochenpostille aus Hamburg deswegen unterbringen konnte, weil man dort den Internationalsozialisten näher steht als den Nationalsozialisten. Jemand, der den Intelligenztest an der Bezahlschranke bestanden hat, weiß aber, daß solche sozialismusinternen Positionierungen lediglich eine Frage der je persönlichen Vorliebe von Unterbelichteten sind, da kluge Leute mit dem Sozialismus generell nichts zu schaffen haben wollen, weder mit dem rotlinken noch mit dem braunlinken oder dem grünlinken. Kluge Leute denken selber und lassen sich nicht in Schubladen stecken, außer in die mit der Aufschrift “kluge Leute”.

Was kluge Leute sagen

Kluge Leute wiederum hat man schon Sätze sprechen hören wie die folgenden: “Der Zeitsepp von heute hält sich in Verkennung seiner selbst für einen Antinazi, obwohl er lediglich ein Minusnazi ist, ein achsengespiegelter Nazi im innersozialistischen Koordinatensystem”. Der hier ist auch gut: “Der rhetorische Vorgänger des heutigen ‘Genossen & Genossinnen’ ist das nationalsozialistische “Volksgenossen & Volksgenossinnen’. Die Nationalsozialisten waren die ersten, die darauf achteten, daß sich die Soziweiber in ihrer Variante als Naziweiber nicht nur mitgemeint fühlen mussten. Den heutigen Minusnazis gefiel die Idee des “Nicht-nur-Mitmeinens” so gut, daß sie die Naz:innenrhetorik  übernommen haben”.  Kluge Leute sagen auch gern: “Bei herrlichstem Wetter genossen wir während der diesjährigen Oldtimer-Ausfahrt in unserem 1937er Mercedes 540 K Cabriolet die beeindruckenden Ausblicke auf jener Deutschen Alpenstraße, welche von der Organisation Todt so meisterlich in die wunderbare Landschaft unserer geliebten bayerischen Heimat gesetzt wurde”.

Im Übrigen wissen kluge Leute längst, daß die Nazirhetorik keines genaueren Studiums mehr bedarf, weil einem die “Sprache des Nationalsozialismus”, wie der Zeitsepp zu formulieren beliebte, in ihrem Euphemismenreichtum ohnehin täglich als “Sprache des Internationalsozialismus” begegnet. Auch der Internationalsozialist hat die üble Angewohnheit, die gräßlichsten Sachverhalte hinter wohlklingenden “Begriffen und Ausdrucksweisen” zu verstecken. “Einmann” ist schließlich auch eine Form von “Endlösung” für denjenigen, der von “Einmann” betroffen ist.

Nachdem das nun geklärt ist, darf der Zeitsepp von der heruntergekommenen Hamburger Wochenpostille unter Absingen eines Marschliedes namens “Erika” zu den “Spiegel”-Kollegen an der Trans-Ericusspitze hinübermarschieren, um dort seine Kenntnisse der “Sprache des Internationalsozialismus” zu vertiefen. Herr Höcke spricht unterdessen weiterhin sein ganz normales Deutsch. Nichts zu danken.

 

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