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Stürzt Chinas Immobilienkrise die Weltwirtschaft in den Abgrund?

Vom rasanten Wirtschaftswachstum Chinas haben auch seine Bürger profitiert. Was für eine riesige Nachfrage nach Wohnungen gesorgt hat. Jeder, der Geld hatte, investierte in Immobilien. Ein todsicheres Geschäft, wie man meinte. Vor rund zwei Jahren hat dieser Mythos allerdings erste Risse bekommen.

Von Knud Wermescher für Auf1.info

Auslöser waren Konkursgerüchte über Evergrande, Chinas zweitgrößten Immobilienentwickler. Was durch Eingreifen der Regierung erst einmal verhindert wurde. Bereits im vergangenen August erfolgte aber schon der nächste Schlag: Als die Konzernaktien nach 17 Monaten wieder an der Börse gehandelt werden durften, wurden sie dort gnadenlos abgestraft. Mit 0,22 Hongkong-Dollar fielen sie sogar auf den niedrigsten Stand ihrer Geschichte. Das Unternehmen musste daraufhin Gläubigerschutz in den USA beantragen. Schulden in Höhe von sagenhaften 300 Milliarden US-Dollar wurden kolportiert.

Evergrande kein Einzelfall im chinesischen Immobilienmarkt

Eine stolze Summe, allerdings keine, die den 62 Billionen (!) schweren chinesischen Immobilienmarkt in den Abgrund reißen könnte. Evergrande ist aber längst kein Einzelfall mehr. So mussten auch Chinas größter Immobilienkonzern Country Garden sowie der massiv im Häusermarkt investierte Treuhandfonds Zhongrong International Trust im August Zahlungsschwierigkeiten einräumen. Vor knapp einer Woche hat es mit Sunac nun einen weiteren chinesischen Bauträger erwischt. Auch er hat in New York Gläubigerschutz beantragt. Kurz darauf waren die Aktien von Country Garden, der Logan Group und der R&F Properties zwischen 6,5 und 8 Prozent eingebrochen. Und nachdem Evergrandegerade erst zum zweiten Mal hintereinander eine Gläubigerversammlung überraschend abgesagt hat, wurde jetzt auch noch Immobilienentwickler China Oceanwide auf den Bermudas für zahlungsunfähig erklärt. Das Vertrauen in Chinas Immobilienmarkt ist mittlerweile mehr als nur angekratzt.

Weitere Probleme im roten „Reich der Mitte“

Daneben kämpft Peking mit einer Jugendarbeitslosigkeit von knapp 21 Prozent. Weitere Zahlen hierzu werde die kommunistische Zentralregierung nicht mehr veröffentlichen, hieß es. Ein weiteres Problem für das Reich der Mitte stellt die zunehmende Kapitalflucht dar. Die schwächelnde Konjunktur und die hohen Zinsen locken aktuell Investoren zunehmend in den Westen, insbesondere die USA.

China-Kenner geben Entwarnung

Droht nun ein neuer Lehman-Event? Wird die platzende chinesische Immobilienblase jetzt die Weltwirtschaft mit in den Abgrund reißen? Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank, beschwichtigt. So sei Chinas Finanzsektor vom Rest der Welt relativ isoliert. China-Kenner Frank Sieren geht davon aus, dass die Regierung es erst einmal dem Markt selbst überlassen möchte, Lösungen zu finden, im Ernstfall aber eingreifen werde. Die Auslandsverschuldung sei relativ gering, die hohe Jugendarbeitslosigkeit konjunkturbedingt. Geld für Konjunkturpakete sei aber reichlich vorhanden. Und auch der Wille dazu – im Gegensatz zu Deutschland.

Könnten wirtschaftliche Turbulenzen Xi Jinpings Herrschaft gefährden?

Politisch würde eine Wirtschaftskrise gehörig an Staatschef Xi Jinpings Image kratzen. Möglicherweise wurden ja deshalb zwei Minister innerhalb weniger Wochen rüde aus dem Verkehr gezogen. Unzufriedenheit in der Partei bzw. der Bevölkerung könnte Xi durchaus ins Wanken bringen. Mit weitreichenden politischen, aber auch wirtschaftlichen Folgen. Eventuell ein Szenario, auf das die USA hinarbeiten.

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