AfD-Konferenz im Bundestag: „Für Kontinentalisten ist die Welt ein Pluriversum“

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Vergangene Woche fand im Deutschen Bundestag die erste AfD-Konferenz zum Thema „Europäischer Kontinentalismus“ statt. Petr Bystron, der außenpolitische Sprecher der AfD, moderierte die Podiumsdiskussion, bei der hochkarätige Gäste Gelegenheit erhielten, ihre Entwürfe einer neuen europäischen Sicherheits- und Wirtschaftsordnung vorzustellen.

Die Zeit ist reif, sich über eine Neuordnung der europäischen Verhältnisse Gedanken zu machen – so der Ansatz, den der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron mit seiner Konferenz verfolgte. Die zentralen Fragen, die sich die anwesenden Referenten – darunter der serbische Politikwissenschaftler Dušan Dostanić, der Schweizer Oberstleutnant Ralph Bosshard, der US-Journalist Harley Schlanger sowie der Ökonom Dr. Christian Zeitz aus Österreich – stellten, darf man durchaus als heikel betrachten.

Gefragt wurde, wie eine neue kontinentalistische Sicherheitsordnung in Europa aussehen und welche Rolle Russland darin spielen könnte. Außerdem stellte man das ökonomische Modell Europas auf den Prüfstand und entwickelte vor zahlreichen geladenen Gästen eine neue Vision eines europäisch-kontinentalen Marktprinzips, das sich am rheinischen Kapitalismus als Grundlage orientiert. Ebenso zentral war die Frage, welche Rolle das Christentum in einem kulturell erneuerten Europa (noch) spielen könne – und müsse.

In seinen einleitenden Bemerkungen gab Bystron die Stoßrichtung der Veranstaltung vor: „Wir wollen den Begriff Europäischer Kontinentalismus in allen Facetten diskutieren und einen neuen Entwurf für eine europäische politische Identität entwickeln – im Prinzip ein Gegenentwurf zum Transatlantismus auf der einen Seite, und zu dieser Dugin’schen Vision eines Euro-Asiens auf der anderen Seite.“

Das Ende der unipolaren Welt

Dušan Dostanić, Forscher am Institut für politische Studien in Belgrad, skizzierte in seinem einleitenden Vortrag die historischen und politischen Rahmenbedingungen, die einen Neuentwurf der Europäischen Union – heute mehr denn je – nötig machen. „Für Kontinentalisten ist die Welt ein Pluriversum“, so Dostanić, der damit einen starken Gegenpol zur aktuell (noch) vorherrschenden unipolaren und globalistisch orientierten EU setzte. Der Begriff des Kontinentalismus müsse dabei als Prinzip verstanden werden, das die Freiheit und Unabhängigkeit Europas von anderen Weltmächten und ihrem Einfluss hervorhebt.

Dostanić erklärte: „Wenn Europa sich von der Vorherrschaft der Vereinigten Staaten emanzipieren will, um souverän in seiner Außen- und Sicherheitspolitik zu sein, um ihre eigenen Interessen schützen zu können – und wenn Europa ein unabhängiger politischer Spieler werden will, dann kann das nur funktionieren, wenn die Europäer ihre Identität und ihre Lage und Position ernst nehmen oder wiederentdecken.“ Genau diese Autarkie Europas ist mit der heutigen EU nicht zu machen. Der kontinentalistische Gegenentwurf muss daher als Affront gegen den Zentralismus Brüssels verstanden werden.

Im Zentrum des kontinentalistischen Entwurfs steht der Begriff der „Identität“. Dostanić macht deutlich, dass die Europäer ihr eigenes Schicksal nur dann frei bestimmen können, wenn ein gemeinsames Verständnis von der eigenen Identität etabliert ist. Diese Identität sei allerdings nicht nur konstitutiv für die politische Selbstbehauptung der europäischen Völker, sondern auch für die Ökonomie: „Kein sozioökonomisches Modell ist denkbar, das nicht in einer lokalen und authentischen Kultur verwurzelt ist, so Dostanić weiter.

Eine unheilige Allianz

Besonderes Augenmerk verdiene dabei die wechselseitige Abhängigkeit von Kultur und Wirtschaft, denn laut dem Politikwissenschaftler könne „keine authentische Tradition und Kultur überleben ohne ein sozio-ökonomisches Modell, dass diese authentische Kultur schützen kann.“ Andererseits gelte auch, dass es kaum möglich sei, sich „mit einer amerikanisch geprägten Ideologie von der amerikanischen Vorherrschaft zu befreien.“

Dass die EU heute von US-Ideologie und amerikanischem „Wokismus“ durchdrungen ist, dürfte selbst den Freunden der heutigen EU aufgefallen sein. Dass auf der Grundlage einer solchen Ideologie kein autarkes und authentisches Europa zu machen ist, versteht sich von selbst. Dostanić leuchtet in seinem Vortrag auch die Strippenzieher dieser postmodernen Ideologie aus und zeigt dabei die Allianz zwischen linker Demagogie und den Interessen globaler Konzerne auf: „Es wäre schwer, den Wokismus zu kritisieren, ohne diese Kräfte des Geldes dahinter auch zu kritisieren“.

Die Kooperation von Linken und Großkonzernen hat – wie Dostanić hervorhebt – auch der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban bereits erkannt und kritisiert. „Ein Zitat von ihm lautet: ‚Heute sind die Linken und die Großkonzerne globalistisch eingestellt. Der Grund dafür ist leicht zu verstehen. Wenn ein Unternehmen höhere Profite generieren will, sollten dabei am besten keine Hindernisse im Weg sein.‘“ Was diese Hindernisse sein könnten? Dostanić führt aus: „Da wären autochthone Kulturen, konservative Werte, starke Familien oder – einfach gesagt – all die Dinge, die Konservative erhalten wollen.“ Solche konservativen Werte und Prinzipien verhindern – zum Ärger der linken Gesellschaftsingenieure und der globalistischen Konzerne – die gewünschte Atomisierung der Gesellschaft und die Transformation von freien Bürgern in abhängige Konsumenten.

Ein neues Europa?

Vor diesem Hintergrund kann man leicht verstehen, warum die Entwicklung eines eigenen sozio-ökonomischen Modells für Europa, das auf einer authentischen und in der Geschichte und Tradition verwurzelten Kultur basiert, so entscheidend wichtig ist. Ein solches Modell müsse, um Erfolg zu haben, „jenseits von anglo-amerikanischem Konservatismus oder Marktliberalismus“ errichtet werden. Diese Idee dürfte bei vielen Konservativen in Europa Anklang finden. Für die aktuellen Profiteure und Unterstützer des zentralistischen Brüsseler Modells ist dieser Entwurf, den die AfD auf großer Bühne im Bundestag diskutierte, allerdings ein rotes Tuch.

Was, wenn diese Idee – ausgehend von den Bemühungen der AfD – tatsächlich an Popularität gewinnt? Was, wenn die bereits angeschlagene EU in naher Zukunft mit einem solchen konservativen und „kontinentalistischen“ Gegenentwurf konfrontiert wird? In Anbetracht der Tatsache, dass das EU-Parlament nach der nächsten Europawahl am 9. Juni 2024 mit starken konservativen Politikern – wie auch dem Veranstalter der Konferenz Petr Bystron selbst – gespickt sein wird, dürfte den EU-Zentralisten allmählich angst und bange werden. Ist die EU vielleicht doch noch zu retten? Wir werden es erleben.

Die wichtigsten Zitate zur Konferenz „Europäischer Kontinentalismus“

Petr Bystron

„Europäischer Kontinentalismus ist ein Gegenentwurf zum Transatlantismus.“

Dr. Dušan Dostanić

Institut für politische Studien, Belgrad

„Um ihr eigenes Schicksal frei bestimmen zu können, brauchen die Europäer eine Idee ihrer eigenen Identität.“

„Es ist schwer möglich, sich mit einer amerikanisch geprägten Ideologie von der amerikanischen Vorherrschaft zu befreien.“

„Am Ende sollen die Europäer ein eigenes sozio-ökonomisches Modell bauen, jenseits von anglo-amerikanischem Konservatismus oder Marktliberalismus.“

 Ralph Bosshard

Militärexperte

„Es gibt zwei Varianten: Es gibt eine Welt mit Russland oder es gibt keine Welt.“

„Der Westen hat sich seine Feinde selbst gezüchtet.“

„Außerhalb des Westens wird die NATO als „sicherer Hafen“ wahrgenommen, von dem aus deren Mitgliedsstaaten ihre eigenen geopolitischen Ambitionen ausleben.“

Harley Schlanger , USA

Vorstand des Schiller-Instituts

„Die EU und die NATO sind zu Vasallen geworden, die von den Anglo-Amerikanern kontrolliert werden.“

„Im Ergebnis ist Deutschland ein besetztes Land geblieben. Man sieht das auch an den Äußerungen von Kanzler Scholz zur uneingeschränkten Unterstützung für Israel und sein merkwürdiges Schweigen zur Sprengung von NordStream2.“

„Man kann Patriot sein und trotzdem ein Weltbürger – und das brauchen wir heute.“

Dr. Christian Zeitz

Direktor des Instituts für angewandte politische Ökonomie in Wien

„Kanzler Scholz setzt die Agenda der organisierten Fluchtmigration um. Das Konzept stamm von Georg Soros.“

„Milliardäre wie Herr Gates sind nicht dadurch reich geworden, dass sie gute Produkte verkaufen, sondern durch ihre „Verflechtungen“ mit dem politischen Sektor. Die Impfungen des Herrn Gates oder der Einrichtungen, die er finanziert, sind nicht freiwillig am Markt gekauft worden. Das hat man mit dem Staat ausgemacht.“

 

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