Die gestern bekannt gewordene Weiterung der Cum-Ex-Affäre macht die deutsche Regierung noch mehr zur untragbaren Hypothek, als sie es bisher schon war. Dass zwei Laptops mit über 700.000 E-Mails aus dem Tresor des Hamburger Untersuchungsausschusses zur Verwicklung von Bundeskanzler Olaf Scholz in den Cum-Ex-Skandal entwendet – angeblich “an einem geheimen Ort verbracht” – wurden, zeugt von Verhältnissen, wie man sie in einem der von Trump einst treffend als “shithole countries” bezeichneten Staaten erwarten würde, aber nicht in einem – wenn auch sterbenden und verschwindenden – Industrieland wie Deutschland.
Schon das ein Kanzler im Amt ist, der im dringenden Verdacht steht, während seiner Zeit als Erster Bürgermeister von Hamburg die Warburg-Bank durch Beeinflussung der Finanzbehörden dabei unterstützt zu haben, die Steuererstattungen, die sie sich durch Betrug erschlichen hatte, nicht zurückzahlen zu müssen, ist ein Unding. Dass nun – nach der Dreistigkeit der behaupteten, wohl taktischen Demenz Scholz’ Beweise verschwinden, ist noch dreister als alles, was man von Figuren wie Andreas Scheuer oder Ursula von der Leyen, bei denen “nur” Handydaten plötzlich gelöscht waren, gewohnt war.
Sachlage könnte Scholz wohl das Genick brechen
Auf den Laptops befinden sich unter anderem Nachrichten von Scholz` Amtsnachfolger in Hamburg, Peter Tschentscher, der zur Zeit der Vorwürfe Finanzsenator war und von anderen hohen Beamten. Die Computer sollen ausgerechnet von Chefermittler Steffen Jänicke entwendet worden sein, der, wie Scholz, der SPD angehört. Bereits im Februar hatte der Verfassungsschutz Bedenken gegen Jännicke angemeldet, weil dieser enge familiäre Beziehungen nach Russland unterhält und sich dort regelmäßig aufhält. Wo sich die Laptops befinden, ist gegenwärtig unklar. Die ganze absurde Affäre zeigt besonders drastisch, wie weit es mit diesem Land gekommen ist. Einem Bundeskanzler gelingt es seit Jahren nicht, Vorwürfe wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu entkräften. Dabei beruft er sich immer wieder auf angebliche Erinnerungslücken.
Weil die Sachlage aber offensichtlich klar ist, werden nun die Computer gestohlen, die ihm wohl endgültig das Genick brechen könnten und erst letzten Monat in den Besitz des Ausschusses gelangt sind. Um den wackelnden Stuhl des Kanzlers zu retten, schreckt man selbst vor dem Diebstahl von Beweismitteln nicht zurück. Dieser erfolgt dann durch Denjenigen, der für die Ermittlungen zuständig ist, der aber irrsinnigerweise der gleichen Partei wie der Beschuldigte angehört und von dem nicht einmal ausgeschlossen werden kann, dass durch ihn hochbrisante Informationen über den deutschen Regierungschef nach Russland gelangen.
Verfaultes System
Deutschland verkommt somit mehr und mehr zur Bananenrepublik. Methoden, die man für gewöhnlich als typisch für failed states ansieht, gehören mittlerweile zur Tagesordnung. Der Parteienstaatgreift zu jedem Mittel, um seinen Würgegriff um das gesamte politische System, den er sich grundgesetzwidrig erschlichen und immer weiter ausgebaut hat, zu erhalten. Überall greifen Vetternwirtschaft, Verantwortungslosigkeit, Inkompetenz und Amtsmissbrauch um sich. Der Staat ist von oben bis unten durchsetzt von Postenjägern, die außerhalb der Politblase keine Chance auf einen Job oberhalb des Mindestlohns hätten, durch ein verfaultes System aber in Positionen mit teilweise höchster Verantwortung gespült werden.
Die großen Medien, die mittlerweile geradezu symbiotisch mit der Politik verbunden sind, räumen dem Skandal um die gestohlenen Laptops nicht annähernd die gebührende Aufmerksamkeit ein. Eine zu weiten Teilen zermürbte und apathische Öffentlichkeit bringt nicht mehr die Kraft auf, sich gegen dieses gescheiterte System aufzulehnen. So verkommt das Land immer mehr und dämmert hilflos dem Zusammenbruch entgegen. (TPL)