Der Versuch der FDP-Führung, die Wut an der Basis über den Verbleib der Partei in der desaströsen Ampel-Koalition einfach abzubügeln, ist offenbar gescheitert. Nachdem sich letzte Woche 26 Landes- und Kommunalpolitiker aus Baden-Württemberg einen Brandbrief mit dem Appell zum sofortigen Austritt aus der Ampel an die Parteizentrale geschickt hatten, ist nun auch im hessischen Kassel eine Mitgliederbefragung gestartet worden. Von den erforderlichen 500 Unterschriften waren bis gestern zwar erst 150 zusammengekommen, Initiator Matthias Nölke ist jedoch optimistisch, dass die erforderliche Zahl erreicht wird. „Diese Regierung tut dem Land nicht gut. Wir müssen sie beenden, um Schaden vom Land abzuwenden“, erklärte er.
Auch dieser Vorstoß von der Basis wird von der Führung bislang ignoriert, zumindest offiziell. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai bemühte, wie sein Vorsitzender Christian Lindner, die üblichen Phrasen über „staatspolitische Verantwortung“. „Wir müssen die Probleme im Land, die Herausforderungen des Landes lösen. Es geht nicht um Umfragewerte“, ließ er verlauten. Dass diese Regierung das größte Problem des Landes und ihr Verschwinden seine größte Herausforderung ist, scheint ihm nicht bewusst zu sein. Auch andere Führungsmitglieder der FDP schließen Neuwahlen kategorisch aus.
“Verantwortung für das Land” durch Weiterregieren – von wegen
Nölke lässt das nicht gelten: „Es wäre doch jetzt gerade Verantwortung, eine Koalition zu beenden, die dem Land nicht guttut”, beharrt er. Sein Ziel sei nicht unbedingt eine Neuwahl, auch eine Große Koalition unter Führung der SPD könne möglich sein. Offensichtlich geht es ihm vor allem darum, die Grünen endlich aus der Regierung zu entfernen, die die treibende Kraft der Unglückspolitik der Ampel ist. Sollte sein Aufruf „Ampel beenden“ Erfolg haben, will er die 500 Unterschriften höchstpersönlich nach Berlin bringen.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki geht davon aus, dass eine Mitgliederbefragung zustande kommen wird, spricht sich aber gegen einen Austritt aus der Ampel aus. Den Unterzeichnern des Brandbriefs warf er vor, sie wollten sich aus der Verantwortung stehlen und dafür sorgen, dass die FDP als eine „gescheiterte Regierungspartei“ in den nächsten Bundestagswahlkampf ziehen werde. „Wer sich schwach macht, wird auch schwach gewählt“, behauptete er. Auch er scheint er nicht zu begreifen, dass die FDP innerhalb dieser Regierung als schwach wahrgenommen wird, weil sie sich zum Handlanger der Grünen macht. Ein Austritt unter Berufung auf ihre Prinzipien, würde ihr wesentlich mehr Stimmen einbringen, als das Aushalten bis zum bitteren Ende. Die Parteiführung ist jedoch offenbar entschlossen, sich von den Grünen in den Orkus der Geschichte reißen zu lassen. (TPL)