Benjamin Netanyahu empfängt die Erleuchtung - Foto: Imago

USA & Israel: International isoliert

Israel und die USA sind international isoliert im Nahostkonflikt. Alle dumm und verlogen. USA und Israel hingegen schlau und voll der Honorigkeit, möchte man meinen. Also: bestimmte Medienerzeugnisse wollen einem das weismachen. Da macht meinereiner nicht mit. Fakten gegen Wunschdenken. Die Medienkritik.

von Max Erdinger

Bei den UN gab es eine Abstimmung zu der Frage, ob in Israel sofort ein Waffenstillstand unbestimmter Dauer gelten sollte. Alle waren dafür bis auf zwei: Israel und die USA. Eigentlich waren es vier: Mikronesien und Nauru zählten ebenfalls dazu. Die beiden Letzteren repräsentieren aber nur etwa 120.000 Leute. Die “internationale Staatengemeinschaft” ist sich einig: Was die Israelis derzeit in den Palästinensergebieten abziehen, ist ein Zivilisationsbruch, der auf die Bezeichnungen “Völkermord” und “Kriegsverbrechen” lautet.

Allein im Gazastreifen wurden seit dem 7. Oktober über 20.000 Palästinenser ermordet, die meisten davon Zivilisten – und von denen wiederum etwa 70 Prozent Frauen und Kinder. Ein Massenmord an Unschuldigen. Dennoch entblödet sich ein Medienerzeugnis wie pi-news nicht, einen Wolfgang M. Schneider Netanyahus schrille Arie von der Selbstgerechtigkeit trällern zu lassen. Sie hat folgenden Titel: “Netanjahu: Israel kämpft die Schlacht des zivilisierten Krieges gegen die Barbarei”. Wahr wäre freilich: “Die israelischen Barbaren kämpfen die Schlacht der Selbstgerechten gegen die Zivilisiertheit”. Und noch etwas ist wahr: Alternative Medien wie pi-news, die einst angetreten sind gegen die Lügen des Medienmainstreams, schießen sich fulminant ins eigene Knie, wenn sie ihrerseits jenem von aller Wahrheit entkoppelten Präferenzutilitarismus frönen, den sie eigentlich entlarven wollten. Die Präferenz: Ein zivilisiertes Israel ist uns allemal lieber als ein Haufen islamischer Fanatiker und Terroristen. Wohl wahr. Allerdings läge die Betonung dabei auf “zivilisiert”. Die Zivilisiertheit wird aber von der israelischen und der amerikanischen Regierung zur Zeit auf den Schutthaufen befördert.

“Kampf gegen die Hamas”

Zurück ins Jahr 2003. Von Seiten der israelischen Regierung tönt es, 98 Prozent der Hamas seien vernichtet worden. Im Jahr 2023 jedoch: Die übriggebliebenen 2 Prozent müssten sich vermehrt haben wie die Karnickel, wenn nur zwanzig Jahre nach 2003 schon wieder 20.000 – 30.000 Hamaskämpfer existieren. Der Löwenanteil der Terroristen vom 7. Oktober war jung, etwa um die 20 Jahre alt. Es sind auch nicht nur diese anscheinend “unausrottbaren Hamas-Kämpfer”, die im Gazastreifen und im Westjordanland sterben. Die überwiegende Zahl der israelischen Mordopfer besteht aus Zivilisten, darunter Alte, Kranke, Frauen und Kinder, Christen, Journalisten, UN-Mitarbeiter, Rot-Kreuz-Mitarbeiter, Ärzte ohne Grenzen, Krankenhauspersonal und viele andere Unbeteiligte mehr. Bislang geht es um mehr als 100 ermordete UN-Mitarbeiter und etwa 80 ermordete Journalisten.

Es gibt keinen Krieg gegen die Hamas, der irgendwann zu Ende gekämpft wäre. Es handelt sich um etwa 2,3 Millionen Palästinenser, die das Erneuerungsreservoir für die Hamas bilden. Etwa die Hälfte der 2,3 Millionen Palästinenser besteht aus Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, so daß sich mit Leichtigkeit prognostizieren läßt, was beim gegenwärtigen Massenmord, euphemistisch verbrämt als “Kampf gegen die Hamas”, im Hintergrund abläuft: Für jeden der wenigen “Hamas-Kämpfer”, der in den vergangenen drei Monaten eliminiert wurde, werden mehrere andere nachwachsen. Gewaltsam ist das Hassproblem in Israel nicht zu lösen. Verschärfung geht allerdings. Das ist das, was im Augenblick passiert. Und dabei geht es noch nicht einmal nur um die Hamas. Wie ein Elefant im Porzellanladen zerschlägt die israelische Regierung derzeit alle Erfolge, die im Rahmen der Beziehungsnormalisierung mit den islamisch-arabischen Nachbarländern zuvor erzielt worden waren.

Die Hamas ging aus der Muslimbruderschaft des 2004 bei einem Attentat “eliminierten” Scheichs Ahmad Yasin hervor, der die Hamas ausdrücklich nicht nur als eine personifizierte “Befreiungsorganisation” beschrieben hatte, sondern als eine “Befreiungsideologie”, der sich personell und prinzipiell jeder anschließen könne, der etwas für “die Sache der Palästinenser” tun will. Das war nicht exclusiv auf Moslems beschränkt, wenn auch die allermeisten “Hamas-Kämpfer” heutzutage Moslems sind. Die Hamas gibt es also einerseits in personifizierter Form, andererseits aber auch als Ideologie. Es gibt schlicht und einfach keinen “Kampf gegen die Hamas”, der von irgendwem zu gewinnen wäre und es weiß auch kein Mensch, wann der “letzte Hamas-Kämpfer” erledigt worden sein würde.

Der “Kampf gegen die Hamas” ist eine verschleiernde Pseudobegründung für das, was in den Palästinensergebieten abläuft – und es war Benjamin Netanyahu selbst, der vergangene Woche bei einer Sitzung seiner Likud-Partei im Kreise seiner Vertrauten ausplauderte, worum es tatsächlich geht: Um die totale “ethnische Säuberung” des Gazastreifens. Er wisse nur noch nicht, welche Länder jene Palästinenser aufnehmen sollen, die aus dem Gazastreifen herausgedrängt werden sollen, sofern sie nicht vorher schon von der IDF ermordet worden wären. Netanyahu denkt also daran, “sein” Palästinenserproblem zum Problem anderer Länder zu machen. Und das, obwohl er gar kein Palästinenserproblem haben müsste, hätte sich die israelische Seite in den vergangenen Jahrzehnten bemüht, denjenigen, denen von Zionisten das Land geraubt worden war, die Vorteile dieses Landraubs vor Augen zu stellen. Tatsächlich war es der israelischen Seite aber schnutzpiepegal, ob dieser Landraub von den Beraubten als der ultimative Nachteil begriffen werden musste – und dementsprechend vergiftete sich die Atmosphäre stetig. Der gegenwärtige, unbändige Hass auf beiden Seiten, ist das Resultat einer jahrzehntealten, zionistisch-kolonialistischen Herrenmenschenattitüde auf Seiten der Zionisten. Die wiederum sind nicht ohne weiteres in eins zu setzen mit den “die Juden”. Zwar sind wohl die meisten Zionisten Juden, aber beileibe nicht alle Juden sind deshalb Zionisten.

Das zivilisierte Israel

Ein genauerer Blick auf die Mitglieder in Netanyahus Kabinett reicht aus, um zu erkennen, wie “zivilisiert” die gegenwärtige Regierung Israels tatsächlich ist: Ziemlich unzivilisiert. Die zwei schlimmsten Finger in Netanyahus Koalitionskabinett heißen Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich. Ersterer ist Minister für die Nationale Sicherheit, Zweiterer ist Finanzminister. Ben-Gvir ist mehrfach vorbestraft. Im Jahr 2007 wurde er in Israel wegen rassistischer Aufhetzung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verurteilt. Das ist nicht seine einzige Verurteilung. Netanyahu wollte keinesfalls, daß Ben-Gvir einen einflußreichen Kabinettsposten erhält, mußte aber klein beigeben, um die gegenwärtige Regierungskoaliotion überhaupt zustande zu bringen. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, daß man ausgerechnet Netanyahu heutzutage als “koalitionsmittig” einsortieren muß.

Bezalel Smotrich wiederum bezeichnet sich selbst als einen “homophoben Faschisten”, faselt etwas von der Minderwertigkeit der Palästinenser daher und ist sozusagen die zionistische Version des nazistischen Herrenmenschen. Über eine 17-jährige Palästinenserin, die einen israelischen Soldaten geohrfeigt – und dafür 8 Monate Freiheitsstrafe aufgebrummt bekommen hatte, sagte er, sie habe eine Kugel verdient, mindestens in die Kniescheibe. Avi Dichter ist Landwirtschaftsminister und traut sich nicht mehr nach Großbritannien. Er weiß, warum. Dort könnte er nämlich festgenommen werden. Dichter ist ehemaliger Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet. Bei der “gezielten Ausschaltung” eines Bombenbauers für die Hamas und eines Hamas-Kommandeurs gab es einen “Kollateralschaden” unter den Nachbarn der beiden Terror-Palästinenser. Insgesamt 14 Unbeteiligte starben. Die Verwandten der unschuldig Ermordeten verklagten Dichter daraufhin zunächst erfolglos in den USA, mit Erfolgsaussicht allerdings auch in Großbritannien. Deswegen ist Großbritannien für das Kabinettsmitglied Netanyahus eine “No-Go-Zone”. Außerdem sprach Dichter im Oktober 2023 davon, daß im Gazastreifen eine “Nakba 2.0” stattfinde und bestätigte damit das, was Netanyahu diese Woche selbst bei der oben erwähnten Likud-Sitzung einräumte. Die drei hier Genannten sind aber nur die Spitze des Eisbergs. Wer sich ein genaueres Bild über die feinen und ach-so-zivilisierten Herrschaften in Netanyahus Kabinett machen möchte: Hier ist die Liste seiner Kabinettsmitglieder. Die meisten der Namen sind mit einem Link unterlegt, so daß sich Informationen über fast jeden Minister in Netanyahus Kabinett finden lassen.

Wer also, wie Wolfgang M. Schneider bei pi-news, den Herrn Netanyahu die Laudatio auf die angebliche Zivilisiertheit der israelischen Regierung singen lassen will, betreibt nichts anderes, als seinen Lesern Sand in die Augen zu streuen. Was daran das Alternative zum Medien-Mainstream sein soll, weiß der Kuckuck. Den sollte man womöglich fragen.

Die US-israelische Komplizenschaft beim Völkermord

Es war ein jüdischer Diplomat, der weltweit geschätzte, kosmopolitische und renommierte Prof. Jeffrey Sachs, der in diesem Interview hier (“Die US-Außenpolitik ist korrupter Betrug”) einen Rückblick auf die US-Außenpolitik seit 9/11 lieferte und auch den Einfluß des “American Israel Public Affairs Committee” (AIPAC) auf den US-Kongreß thematisierte. Der ist nämlich enorm. Überspitzt ausgedrückt: Hustet Netanyahu in Israel, reicht ihm der US-Kongreß den Hustensaft. Inwiefern die US-Außenpolitik im Nahen Osten ein einziges Konglomerat aus grotesken Fehleinschätzungen, Lügen und kontraproduktiven Entscheidungen gewesen ist, breitet auch Scott Horton in diesem, geschichtlich präzisen und aufschlußreichen Interview (“Warum US-Präsidenten Killer sind”) aus. Weder Sachs noch Horton dürften zu widerlegen sein.

Kurz gesagt: Das AIPAC kontrolliert die US-Regierung und das Außenministerium in allen Nahost-Angelegenheiten. Das ist kein Wunder. Zehntausende von Israelis, viele davon Siedler im Westjordanland, haben zwei Pässe, einen amerikanischen und einen israelischen. Es sind oft diese “amerikanischen Juden”, welche die radikalsten Zionistenträume verwirklicht sehen wollen, während die “exclusiv israelischen” Juden zu Besonnenheit und Mäßigung aufrufen. Das geht so weit, daß US-Außenminister Blinken zwar sehr genau weiß, wie sehr er sein eigenes Land, die USA, international isoliert mit seiner sklavischen Treue zu den Unzivilisierten in der israelischen Regierung, dennoch aber nichts dagegen unternimmt. Der Krieg im Gazastreifen könnte nämlich schlagartig vorbei sein, würden die USA schlicht und einfach sofort die Lieferung von Bomben und Munition an die israelischen Massenmörder einstellen. Die öffentlich verbreitete “Message” Blinkens an Netanyahu jedoch ist, daß Netanyahu die gelieferte Munition “rücksichtsvoll” einsetzen möge und daß er nur noch ein paar Wochen Zeit habe, seine Ziele (“Nakba 2.0”) zu verwirklichen, ehe Blinken selbst innenpolitisch so unter Druck gerate, daß die weitere Unterstützung des israelischen Völkermords nicht mehr zu gewährleisten sei. Als “Deadline” schwirrt Silvester 2023 durch den Raum. Daher auch die augenblickliche Intensivierung der israelischen Angriffe im Süden des Gazastreifens, genau dort also, wohin sich die Palästinenser aus dem nördlichen Gazastreifen aufgrund einer israelischen Anweisung begeben sollten. Zu ihrem “Schutz”! Zu ihrer “Sicherheit! Weil die IDF- wir danken für Ihr Verständnis! – leider, leider den nördlichen Gazastreifen bombardieren musste. Schließlich sollte niemand zu Schaden kommen dabei. Wie gesagt: Wenn man das UN-Abstimmungsergebnis zum Waffenstillstand in Israel berücksichtigt, dann sind die USA und Israel international völlig isoliert, nicht nur in der arabisch-islamischen Welt.

Keine Erfolgsaussichten

Unterdessen wird tagtäglich immer deutlicher, daß keines der von israelischer Seite behaupteten Kriegsziele realistisch ist. Sie wird nicht alle 2,3 Millionen Palästinenser aus dem Land drängen können und sie wird auch nicht alle Palästinenser in Grund und Boden bombardieren können, ohne daß der islamisch-arabischen Welt endgültig der Kragen platzt. Die ersten Scharmützel gab es bereits. Inzwischen befinden sich russische und türkische Truppen in Syrien Nähe Golanhöhen in Wartestellung. Die Hizbollah greift vom Libanon aus Nordisrael an, die jeminitischen Houthis kontrollieren die Meerenge von Bab al-Mandab im Roten Meer. Ihren eigenen Erklärungen zufolge würden sie das in dem Moment bleiben lassen, in dem Israel sein Gemetzel im Gazastreifen beendet. Sowohl die Hizbollah als auch die Houthis werden von Iran unterstützt. US-Senator Lindsey Graham, ein Bellizist und Rüstungslobbyist reinsten Wassers, der seit zwanzig Jahren die US-Außenpolitik mit den immergleichen Phrasen maßgeblich mitbestimmt (“Nuke ’em! Wipe them off the map! Destroy them! They’re gonna pay a price!” usw.), plädierte dieser Tage dafür, Iran anzugreifen, indem die USA die iranischen Ölfelder und Militäreinrichtungen bombardieren sollen. Das perfekte Rezept für einen Dritten Weltkrieg, in dem Israel als allererstes den Löffel abgeben würde. So viel Dummheit ist unfassbar. Dabei ist noch immer nicht klar, wie der “Auslöser” des Nahostkonflikts, der terroristische und generalstabsmäßig durchgeführte Angriff vom 7. Oktober, überhaupt passieren konnte. Es scheint auch auf israelischer Seite kein sonderliches Interesse daran zu bestehen, jenen “Wertewesten” darüber aufzuklären, auf dessen Hilfe man sich blindlings verläßt. Von Tag zu Tag allerdings wird im Lichte der israelischen Einlassungen zu den langfristigen Plänen deutlich, wie sehr sich der Angriff vom 7.Oktober zur Beförderung und Rechtfertigung der eigenen, jahrzehntealten Agenda nutzen läßt.

Am Ende des gegenwärtigen Nahost-Konflikts, – sollte er ohne das größere Engagement Dritter zu Ende gehen -, werden jede Menge stinkwütender Palästinenser übrig bleiben und es wird eben nicht verhindert worden sein, daß sich der 7. Oktober in Zukunft wiederholt. Vielmehr ist die Wahrscheinlichkeit enorm gestiegen, daß er sich wiederholen wird. Es wird auch die Hamas nicht vernichtet worden sein, sondern ganz im Gegenteil. Sie wird gestärkt aus dem Krieg hervorgehen und jede Menge neuer Kämpfer in ihren Reihen haben. Nichts Konstruktives wird erreicht worden sein, sondern die Israelis werden sich mit Fug und Recht als Völkermörder und Kriegsverbrecher bezeichnen lassen müssen, die sich die Sympathien fast der ganzen Welt für lange Zeit verscherzt haben. Und das alles, weil in einer Situation unmittelbar nach dem 7. Oktober, in der unbedingt ein kühler Kopf hätte bewahrt werden müssen, hemmungslos jenem Rachegedanken gefrönt wurde, der Israel zunehmend in eine Sackgasse manövriert, aus der es kein Entkommen mehr gibt. Hier wurde ein Krieg vom Zaun gebrochen, der für Israel unbedingt und eindeutig zu gewinnen sein müsste, wenn die postulierten Kriegsziele Realität werden sollen. Sie werden aber nicht Realität werden. Das schaut sich die Welt nicht länger mehr mit an. Fast drei Jahrzehnte Netanyahu waren verheerend für Israel. Nein, für Israel wird es sehr viel schlimmer werden, als es vor dem 7. Oktober bereits gewesen war. Für beide, sowohl für die USA als auch für Israel, ist der Traum von Dominanz durch militärische Stärke ausgeträumt. Für Israel regional und für die USA global. Sie werden diejenigen sein, die in Zukunft “herumgeschubst” werden. Der Anteil des US-Dollars am Welthandel nimmt jetzt bereits rapide ab, gerade, was den Ölhandel der arabischen Halbinsel betrifft. Das Ukraineabenteuer der USA entpuppt sich als totales Fiasko – auch und gerade für die Ukrainer. Der Rest der Welt schüttelt über so viel geopolitischen Dilettantismus, so viel Hybris und Realitätsverkennung nur noch staunend den Kopf.

Völlig abgehoben: Netanyahus Einlassungen

O-Ton Netanyahu über die zivilen Opfer des Kriegs im Gazastreifen: “Israel zu Unrecht die Schuld an diesen Opfern zu geben, wird die Hamas und andere Terrororganisationen auf der ganzen Welt nur dazu ermutigen, menschliche Schutzschilde einzusetzen (…) Um diese grausame und zynische Strategie unwirksam zu machen, muss die internationale Gemeinschaft voll und ganz der Hamas die Schuld an diesen Opfern geben. Sie muss anerkennen, dass Israel die größere Schlacht des zivilisierten Krieges gegen die Barbarei kämpft.” – Wovon träumt der Typ in der Nacht? Meint er jene “wertewestliche” Weltgemeinschaft, die nichts dabei fand, als die Ukrainer Schulen, Wohnblocks und Krankenhäuser dazu nutzten, Geschützstellungen in deren “nachbarschaftlichem Schutz” zu platzieren? Glaubt er wirklich, daß jene Weltgemeinschaft, die seine Sichtweise rundheraus und fast vollumfänglich ablehnt, sich von einem Netanyahu aus Israel diktieren läßt, wie sie die Dinge gefälligst zu sehen hat? Hat er sie noch alle? Glaubt er wirklich, daß sich niemand überlegt, wieviel “skin in the game” Netanyahu höchstpersönlich hat und wie ihm das diktiert, was er überhaupt noch sagen kann?

Gaza Symbol
Zum Erbarmen! “Völkermord” und “Kriegsverbrechen: Gaza -Symbolbild Screenshot Facebook

Seine Behauptung, Israel handele “weiterhin in voller Übereinstimmung mit dem Völkerrecht“, ist der in Worte gefasste Realitätsverlust. Was im Gazastreifen passiert, erfüllt sämtliche Kriterien der international anerkannten Definition für “Völkermord” und außerdem noch die der Genfer Konvention für “Kriegsverbrechen”. Weder für das Eine noch für das Andere gibt es überhaupt eine denkbare Rechtfertigung, Hamas und 7. Oktober hin oder her. Die ganze Welt weiß, um welche “verzogene Bratze” es sich im Fall Israels mit Blick auf das Völkerrecht handelt und daß dieser verzogenen Bratze bislang noch jeder Bruch des Völkerrechts unsanktioniert durchgegangen ist. In Israel gilt die krass völkerrechtswidrige “Dahija-Strategie” als Leitfaden des militärischen Handelns, zuerst formuliert im Jahr 2006, als die IDF von der libanesischen Hizbollah so gründlich “auf den Sack bekommen” hat, daß sie sich aus dem Südlibanon zurückziehen musste, um als nächstes den Stadtteil Dahija im Zentrum von Beirut dem Erdboden gleichzumachen und dabei Abertausende libanesischer Zivilisten zu killen. Die “Dahija-Strategie” ist mit dem Völkerrecht und der Genfer KOnvention nicht zu vereinbaren, da es sich dabei um die kollektive Bestrafung Unbeteiligter handelt für Taten, die sie gar nicht begangen haben.

Und das hier – O-Ton Netanyahu: “Israel unternehme alles, um die Opfer unter den palästinensischen Zivilisten “so gering wie möglich” zu halten.” Eine unverschämte Lüge, an Abgefeimtheit und Impertinenz kaum noch zu übertreffen. Das exakte Gegenteil ist wahr. Es waren Mitglieder seines Kabinetts, die öffentlich kundgetan haben, daß sie keinen Unterschied mehr machen zwischen Hamas-Kämpfern und palästinensischen Zivilisten, da “Palästinenser” angeblich nur ein Synonym für “Terrorist” sei. Die IDF machen überhaupt keinen Unterschied zwischen Zivilisten und Kombattanten.

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Kein Opfer: Kind im Gazastreifen – Foto: Screenshot Facebook (KI?)

Kurz vor Weihnachten erschossen israelische Scharfschützen zwei katholische Frauen, die in einer Kirche Zuflucht suchten. Sogar der Papst hat das bei seiner Weihnachtsansprache auf dem Petersplatz zu Rom thematisiert und nannte die Täter – IDF-Soldaten also – “Terroristen”. Inzwischen kuriseren Interviews mit IDF-Soldaten im Netz, die von ihren Erfahrungen in der IDF berichten, etwa, was ihre “Patrouillen” im Westjordanland angeht. Da werden einfach die Haustüren von irgendwelchen Palästinensern eingetreten, alles im Haus auf den Kopf gestellt, Eigentum mutwillig zerstört und beschädigt, die Bewohner werden bedroht und die Hauseigentümer auch dann, wenn bei der Durchsuchung des Hauses nichts gefunden wurde, unter Hinterlassung hämischer Kommentare auf dem angerichteten Schaden sitzengelassen. Im Westjordanland wurden auf Anweisung von Itamar Ben-Gvir automatische Waffen an die dortigen Siedler verteilt, die zionistischen Extremisten unter den Israelis also. Seither machen die dort auf eigene Faust Jagd auf Palästinenser. Im Westjordanland kamen seit dem 7. Oktober etwa 200-300 Palästinenser gewaltsam ums Leben, ohne daß es die Weltöffentlichkeit größer schert. In den “wertewestlichen Qualitätsmedien” ist der IDF-Terror im Westjordanland auch nicht größer ein Thema.

Netanyahu: “Auf absehbare Zeit werde Israel „die oberste Sicherheitsverantwortung“ für Gaza behalten müssen. Und um die Menschen schließlich zu „entradikalisieren“, müsse den Kindern beigebracht werden, „das Leben zu schätzen und nicht den Tod, und die Imame müssen aufhören, den Mord an Juden zu predigen“.” – Ach? Aber rechtsradikale Zionisten und sich selbst so bezeichnende Faschisten müssen weiterhin von “Eretz Israel” daherschwadronieren dürfen und sie müssen auch weiterhin von den alteingessenen Arabern als von “Amaleks” reden dürfen, sowie von “menschlichen Tieren” und “Untermenschen”? Und die Israelis insgesamt müssen auch weiterhin Hannah Arendt ignorieren dürfen und sich überhaupt nie an der eigenen Nase fassen müssen, oder was? Die Selbstgerechtigkeit im Staate Israel stinkt zum Himmel! Höchste Zeit wäre es, daß man sich dort einmal mit den unschönen Aspekten des Zionismus auseinandersetzt, zum Beispiel mit der Zusammenarbeit von Zionisten mit dem Judenreferat im Reichssicherhauptamt der Nazis und mit dem zionistischen Terror sowohl gegen palästinische Juden als auch gegen Araber in den Jahren vor der israelischen Staatsgründung. Das wäre das, was in Israel dringend angezeigt wäre, anstatt dieser zum Himmel stinkenden Selbstbeweihräucherung völkerrechtsignorierender, verzogener Bratzen der “internationalen Staatengemeinschaft”, diesen “ewig Guten”, auch nur noch einen Tag länger wohlwollend das Ohr zu leihen. Eine öffentliche Erörterung könnte stattfinden im Lande der zum Himmel stinkenden Selbstgerechtigkeit zu der Frage, was es über den Charakter von Personen verrät, die erst den Fanboys’n Girls des Judenschlächters Bandera in Kiew Waffen und Munition liefern, mit denen dann diejenigen bekämpft wurden, die über Israel in Syrien ihre schützende Hand gehalten hatten, ud nur, um dann, als es beim UN-Sicherheitsrat um den von ihnen selbst durchgeführten Völkermord im Gazastreifen ging, dort mitleidserheischend mit aufgeklebten Judensternen auf dem Jackett aufzukreuzen. Und dringend zu diskutieren wäre auch einmal die Frage, was sich Israelis eigentlich einbilden, die wohl in dem Wahn leben, sie dürften wen-auch-immer umbringen, auch wenn er weder Palästinenser noch Hamas-Kämpfer ist, und nur, weil er sich eben im Gazastreifen aufhält und sie selbst sich ganz dringend “verteidigen” müssen. Dringend zu thematisieren wäre einmal, welche Berechtigung Israelis am heutigen Tage noch haben, sich als ewige Opfer zu inszenieren. Netanyahu und seinen Spießgesellen gehören nicht einer, sondern gleich mehrere faule Zähne gezogen. So schaut’s aus. Israel als “Hort der Zivilisation”, als kultureller Gegenentwurf zu den “Tieren”? – Wo? Netanyahu und seine AIPAC-Spießgesellen in den USA ein Sinnbild für Humanismus, Wahrheitsliebe, Bescheidenheit und Lauterkeit? – Wie?

Ja, das “alternative Medium” hat versucht, eine Rechtfertigung für Völkermord und Kriegsverbrechen zu finden, obwohl es dafür gar keine geben kann. Und obwohl das die ganze Welt weiß. Und alle, die das wollen, können es auch sehen. Wahnsinn.

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