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Correctiv-Theater in Berlin: “Praktisch jedes Wort ist eine Lüge.”

Michael Kretzschmer hat vor Jahren die Katze aus dem Sack gelassen, als er die unsterblichen Worte vom “Angriff auf unsere Wahrheitssysteme” formulierte.

Damit wollte er all jene brandmarken, die das von der Regierung erwünschte Narrativ über die Vorgänge in Chemnitz im August 2018 in Frage stellten. Schon damals hatten wir es mit einer staatlich inszenierten Hysteriewelle zu tun, die nur sehr wenig mit den tatsächlichen Fakten zu tun hatte (die bislang krasseste Operation dieser Art haben wir 2020–23 mit “Corona” erlebt).

Es bedurfte keiner tiefschürfenden Recherche, um die Wahrheit über Chemnitz herauszufinden. Nicht anders verhält es sich mit der laufenden Kampagne gegen die AfD. Darüber muß man kein Wort mehr verlieren. Die “Enthüllungsstory” der Plattform Correctiv hält keiner nüchternen Überprüfung stand, aber das ist in Bezug auf ihre Wirksamkeit völlig irrelevant. Die präsentierte Geschichte wird als Realität behandelt, weil sie für bestimmte Schichten (Politiker, Medien und regimetreues Fußvolk) nicht nur politisch nützlich, sondern auch auf anderen Ebenen schier unwiderstehlich ist.

Sie schöpft ihre Kraft aus einem unverwüstlichen Komplex, der in der bundesdeutschen Psyche fest verwurzelt ist. Er gleicht einer Energiequelle, die sich jederzeit wie auf Knopfdruck anzapfen läßt. Die Correctiv-Fabrikation ist deswegen so anziehend, weil sie nicht nur politischen, sondern auch psychologischen Bedürfnissen entgegenkommt: Die Vorstellung, sich in einem ewigen Widerstand gegen “1933” zu befinden, bietet vielen Menschen eine sinnstiftende Rolle an, die sie gerne erfüllen, zumal sie dieser “Widerstand” nichts kostet und keinerlei Risiko aussetzt, auch wenn sie dabei so tun müssen, als ob dies der Fall wäre.

Seit ich publizistisch tätig bin, habe ich mich mit diesem Komplex (Armin Mohler nannte ihn “Vergangenheitsbewältigung”, ein Begriff, der außer Mode gekommen ist, wohl seit klar geworden ist, daß nicht “bewältigt” sondern für alle Zeiten zementiert werden soll) beschäftigt und ihn leidenschaftlich kritisiert. Irgendwann mußte ich resigniert zu dem Schluß kommen, daß er nicht therapierbar, daß er völlig immun gegenüber jeglichem Versuch ist, ihn mit Rationalität, Vernunft oder schlichten Tatsachenfeststellungen aufzulösen. Diejenigen, die von ihm zehren und profitieren, wollen das auch gar nicht, sind nicht imstande, darin einen pathologischen Zustand zu erblicken.

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Das “Pathologische” manifestiert vor allem in der Entfremdung von der Realität, in der Flucht in einen Film, der trotz ihrer Beteuerungen (etwa Angst vor dem “Faschismus” oder vor “Haß”) eine opiatische Wirkung hat, und ihnen erlaubt, einer Menge äußerst unangenehmer und verdrängter tatsächlicher Probleme, die sich in ihrem Land aufgestaut haben, auszuweichen. Wären sie dazu imstande, ihnen ins Gesicht zu blicken, würden nicht nur ihre Wahrheits- sondern auch Sinnsysteme, und damit sie selbst, zusammenkrachen.

Die “Wahrheit”, die von diesen “Systemen” erzeugt wird, ist also eine teils politische und eine teils psychologische. Als solche mag sie vielen als moralisch “richtig” erscheinen, was alle anderen Bedenken und Zweifel beiseite wischt. Das ist an sich noch kein pathologischer, sondern ein menschlich-allzumenschlicher Normalzustand. Die Mehrheit der Menschen wird nicht durch reine Rationalität oder Fakten bewegt, sondern mehr noch durch das, was sie fühlen, wünschen oder brauchen.

Der amerikanische Psychologe Jonathan Haidt, von Sommerfeld und Lichtmesz ausführlich in Mit Linken leben zitiert, hat diese Einsicht zur Grundlage seines Buches The Righteous Mind über die politische Polarisierung in den USA gemacht (schon der Obama-Ära!). Die meisten unserer Entscheidungen werden mit dem Bauch getroffen, und erst nachträglich vom Kopf “rationalisiert”.

Pathologisch wird dieser Mechanismus erst, wenn die Diskrepanz zwischen dem Erwünschten und dem Tatsächlichen so groß wird, daß immer aufwendigere Manöver notwendig sind, um die sinnstiftende und integrative Fiktion aufrechtzuerhalten. Auf welche Weise das abläuft, kann man auf individueller Ebene besonders gut an Menschen mit schweren Persönlichkeitsstörungen studieren.

Ein klassischer Abwehrmechanismus ist derjenige der Projektion: Der andere verschwindet als eigenständiger Mensch und wird für den Projizierenden zur bloßen Leinwand, auf der er nur mehr seinen eigenen Film sieht. Wichtig ist, daß er sich dessen nicht bewußt ist, daß er in Wahrheit nur sich selber sieht. Stattdessen drischt er auf die Projektionsfläche ein.

Ich bin der Überzeugung, daß es auch so etwas wie kollektive Pathologien gibt, die nach ähnlichen Mustern wie individuelle ablaufen. Das bedeutet, daß nicht jeder, der in einer kollektiven Pathologie steckt und sich aktiv an ihr beteiligt, selbst ein pathologischer Fall ist, aber daß er sich so verhält, als wäre er einer.

Dies sage ich mit allem notwendigen Vorbehalt gegenüber Ferndiagnosen und psychologisierenden Erklärungen, die sich nicht im strengen Sinne “beweisen” lassen. Aber dieser Blickwinkel scheint mir doch recht ergiebig zu sein, um bestimmte gesellschaftliche Vorgänge besser zu verstehen.

Das bringt uns nun zur Aufführung “Geheimplan gegen Deutschland” des Berliner Ensembles, basierend auf den Schauermärchen von Correctiv. Einerseits handelt es sich hier um ein Stück konzertierter Propaganda, die vermutlich schon lange vorbereitet und nicht erst vorgestern aus dem Ärmel geschüttelt wurde. Andererseits handelt es sich hier um ein auffallendes “Symptom” für alle, die es sehen wollen und können.

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Ich kann nur davor warnen, sich diese Bühnenphantasie über das “Geheimtreffen” anzusehen. Es ist eine pure Folter. Es ist “Knirsch” oder “cringe” vom Feinsten, wie die Zoomer heute sagen. Lorenz Bien hat sich heldenhaft und märtyrergleich aufgeopfert, damit Sie es sich nicht ansehen müssen; aber sein Bericht allein ist schon äußerst fremdschaminduzierend.

Ein Leser von Michael Klonovsky “mit DDR-Expertise” schrieb ihm, er wisse “gar nicht, womit man das vergleichen könnte. Selbst im primitivsten NVA-Theater habe ich solches Zeug nicht gesehen.”

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