Seine Zwangsversetzung nach Brasilien hat bei Andrij Melnyk, dem ehemaligen ukrainischen Botschafter in Deutschland, dessen skandalöse Amtsführung mit ihren ständigen unverschämten Forderungen und Beleidigungen für jeden, der im allgemeinen Kriegstaumel zu Vernunft und Augenmaß aufrief, offenbar etwa Einsicht einkehren und ihn etwas ruhiger werden lassen – zumindest nach außen. In einem Interview mit dem „Tagesspiegel“
gab Melynk sich nun geradezu geläutert in Bezug auf seine Amtszeit und sogar was Verhandlungen mit Russland betrifft. Er hält es nun plötzlich für „zumindest klug, wenn unsere Verbündeten diskret in Moskau ausloten könnten, ob echte Kompromissbereitschaft besteht. Unter welchen Bedingungen und Garantien wären die Russen beispielsweise bereit, aus den besetzten Gebieten abzuziehen. Sondierungsgespräche zu führen, heißt ja nicht, dass man seine Interessen aufgibt“. Bislang gab Melnyk sich immer als kompromissloser Hardliner, der der jegliches Gespräch mit der russischen Seite ablehnte und jeden, der es gefordert hat, auf das Übelste beschimpfte.
Er schränkte seinen Vorschlag dann auch sofort wieder bis zur Sinnlosigkeit ein. Es gehe, so Melnyk weiter, „nicht um faule Kompromisse oder darum, auf der Weltbühne eine falsche Ruhe wiederherzustellen, sondern darum, nichts unversucht zu lassen“. Aus Sicht der Ukraine sei es „unmöglich, einen Deal zu schmieden“. Dennoch meinte er, die Partner der Ukraine, auch im Globalen Süden, sollten ihre Diplomatie einsetzen, „um den Krieg noch dieses Jahr zu beenden“.
Widersprüchliche Forderungen
Wie konstruktive Gespräche stattfinden sollen, die den Russen nur die völlig unrealistische Wahl eines Abzugs aus allen eroberten Gebieten lässt, erläuterte Melnyk nicht, ebenso wenig, warum Russland sich auf so etwas einlassen sollte, wo es sich militärisch auf dem Vormarsch befindet, die ukrainische Sommeroffensive gescheitert ist und die Ukraine immer mehr Schwierigkeiten hat, neue Soldaten zu rekrutieren, wie Melnyk selbst einräumt. Die Frage, ob sich auf ukrainischer Seite nicht doch die Erkenntnis breitmache, dass man letztlich auf Gebiete verzichten werden müsse, wies Melnyk klar zurück. Umso sinnloser sind dann jedoch die von ihm angeregten Sondierungsgespräche, weil Russland keinen Grund hat, irgendwelche Zugeständnisse zu machen, während die Ukraine jeden Kompromiss verweigert. Dies würde die militärischen Realitäten auf den Kopf stellen.
Auch sonst waren Melnyks Ausführungen recht widersprüchlich. Was sein unsägliches Verhalten als Botschafter in Deutschland betrifft, räumte er ein, dass er „viele Fehler“ gemacht und seine Rolle „vielleicht ab und zu weniger leidenschaftlich“ hätte ausfüllen können, um manche Menschen nicht vor den Kopf zu stoßen. Er sei „in einer Art emotionalem Ausnahmezustand“ gewesen und habe „so viele Deutsche wie möglich erreichen“ wollen, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen. Jedoch habe er keine Zeit gehabt, „lange nachzudenken“. Zugleich hält er sich jedoch zugute, Diskussionen angestoßen und die Berliner Politik aus ihrer „Lethargie“ geholt zu haben, obwohl er oft als „Verrückter“ dargestellt worden sei, „der immer etwas Unverschämtes fordert“.
Erratisches Interview
Es lägen Welten zwischen der deutschen Hilfe für die Ukraine zu Kriegsbeginn und heute. Deutschland sei heute der zweitgrößte Unterstützer, wofür man „für immer dankbar“ sein werde. Melnyk äußerte sogar Verständnis für den Pessimismus einer Mehrheit in Deutschland, was die ukrainischen Siegchancen betrifft. Dieser sei „bitter“, aber „menschlich“. Die Bundesregierung könne eine solche Umfrage nicht ignorieren und habe auch ihre „Haushaltszwänge“. Dennoch forderte er dann wieder „Taurus, Kampfjets, mehr Flugabwehr und Munition“ von Deutschland.
Aus dem erratischen Interview kann man herauslesen, dass bei Melnyk großes Bedauern darüber herrscht, die große Bühne verloren zu haben und sich nun in einem Land herumplagen zu müssen, das weit von den europäischen Angelegenheiten entfernt ist und sich zudem in einem dauerhaften Interessenbündnis mit Russland befindet. Hier hat man wenig Interesse an der Ukraine und Melnyk kaum Einfluss. Ob man in seinem erstmals geäußerten Vorschlag, zumindest Sondierungsgespräche mit Russland zu führen, eine Kehrtwende erkennen kann, wie etwa SPD-Unsympath Ralf Stegner, der meinte, Melnyks Äußerungen seien ein Zeichen dafür, „dass der bisherige Ansatz, Putin mit neuen Waffenlieferungen an den Verhandlungstisch zu zwingen, gescheitert sei“, wird man angesichts des Gesamtkontexts des Interviews zumindest bezweifeln dürfen. (TPL)