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Wie viel Islam darf es sein, liebe CDU?

Es ist nicht wirklich verwunderlich, dass gerade jene Partei mit ihrer Positionierung hinsichtlich des Islam Schwierigkeiten hat, deren einstiger Bundespräsident unverhohlen feststellte, dass diese Religion nahezu selbstverständlich zu Deutschland gehört. Auch in diesen Tagen wiederholte Wulff erneut, dass er noch immer der Auffassung sei, wonach seine damals getätigte Aussage weiterhin Gültigkeit besitzt. Und so rang man bei den Christdemokraten nunmehr um die Formulierung, was denn der Republik tatsächlich innewohnt. Sind es diejenigen Muslime, die sich als liberal, gemäßigt und reflektiert geben – und nicht jede Sure des Koran für bare Münze nehmen?

Von Dennis Riehle

Sind es all jene, die zwar nicht zur Integration und Anpassung bereit sind, aber auf den Einsatz von Messern verzichten? Sind es die, denen man aus gutmütiger Barmherzigkeit heraus den Aufenthalt bei uns nicht verwehren kann, weil sie vorgeben, Schutz vor Verfolgung in der Heimat zu suchen – aber gleichzeitig dann doch fanatisiert und radikalisiert auf unseren Straßen ihr Unwesen treiben? Ist es am Ende jeder Mensch, völlig unabhängig seiner geistlichen Verortung, der sich vom wirtschaftlichen Lebensschicksal in seiner Herkunftsregion geplagt sieht – und mit Verweis auf die kollektive Schuld der Deutschen hinsichtlich der Verbrechen im Nationalsozialismus und Kolonialismus als Rächer auftritt, um sich das zu holen, was ihm aus seiner Sicht zusteht? Oder zählen wir in pluralistischem Denken jede Glaubensrichtung zu unserer Inhärenz, von der zumindest ein einziger Anhänger auf hiesigem Boden weilt – auch wenn sich sein Absolutheitsanspruch nicht mit unserem demokratischen Verständnis vereinbaren lässt?

Natürlich verbietet sich bei jeder komplexen Fragestellung eine Pauschalisierung. Und deshalb ist es mitnichten so, dass jeder Fürsprecher des Islam zu Kriminalität, Aufruhr oder Segregation neigt. Allerdings muss man durchaus attestieren, dass es die vernünftigen Vertreter sind, die es offenbar nicht vermögen, gegen die dominierenden Strömungen Kante zu zeigen, welche in der Aufmerksameit der Bevölkerung als fundamentalistisch wahrgenommen werden. Da ist es beispielsweise die Zusammenkunft von hunderten Jugendlichen in Hamburg, welche sich auf die Errichtung eines Kalifats verständigt haben und in ihrer Politisierung nicht nur zu einem sukzessiven Übergang der deutschen Wesenseinheit in eine neue Kultur bereit sind – sondern die auch unverhohlen das Ideal der Scharia und der Burka preisen. Es bleibt ohnehin mehr als zweifelhaft, inwieweit diese Weltanschauung in ihrer Breite jemals der Sozialisation zugänglich sein wird. Zwar schafft es eine Vielzahl ihrer Unterstützer, sich von den gewaltsamen Instruktionen aus ihrer Schrift durch Exegese und Interpretation zu lösen. Gleichsam fehlt es an einem stimmgewaltigen Gegengewicht der Gesitteten, welches die über weite Strecken zu Singularität, Exklusivität und Überlegenheit aufrufenden Apelle der Hassprediger auch in den Menschen hierzulande relativiert – wie es in der Bibel beispielsweise die frohe Botschaft des Evangeliums tut, die manch einer kriegerischen Formulierung des Alten Testaments ihre Schärfe nimmt.

Wer nicht dazu bereit ist, die universellen Machtansprüche seiner Spiritualität über Bord zu werfen, sondern stattdessen zu immer weiterer Expansion aufruft, hegt nicht den Gedanken an ein die Mehrheitsverhältnisse respektierendes Miteinander in sich, sondern zielt auf Missionierung und Unterwerfung des Westens ab. Und so muss in jeder Leitlinie für ein Zusammenleben bei uns die eindeutige und unmissverständliche Maßgabe enthalten sein, dass zu unserer Gesellschaft hinzustoßende Religionen lediglich eine Ergänzung des tradierten, verankerten und ursprünglichen Christentums sein können. Wir sind gerade mit Blick auf den Islam noch lange nicht an dem Punkt angekommen, ihn als gleichwertigen Bestandteil unserer abendländischen Prägung ansehen zu können. Und es ist insgesamt zu bezweifeln, ob er sich jemals zu dieser Charakterlichkeit wird fortentwickeln lassen. Seine Omnipotenz fußt auf der festen Überzeugung, dass es neben Allah keine anderen Götter geben darf. Und so ist es mit den wesentlichen Werten unserer freiheitlichen Grundordnung nicht in Einklang zu bringen, eine bestimmte Sichtweise als alternativlos, wahrhaftig und unstreitig für verbindlich zu erklären. Gerade unter der Erkenntnis, dass ein theokratisches Bemühen um Verdrängung der “Ungläubigen” und der Negierung des “Andersdenkenden” schlussendlich auf die Überwindung der majoritären Gegebenheiten abzielt. Es ist der Auftrag unserer Verfassung, das hiesige Volk und seine Identität zu schützen und zu bewahren. Und dazu gehört es im Zweifel auch, unverhohlen mit Klarheit dafür einzutreten, dass eine der Aufklärung und Relativierung in nicht unerheblichen Teilen unzugängliche Konfession auf absehbare Zeit kein repräsentatives, offizielles oder immanentes Merkmal Deutschlands sein kann.

Denn es ist eine Utopie, in Naivität davon auszugehen, dass sich die Gesamtheit einer Ideologie in derart voneinander divergierende Lager aufspalten lässt, aus der Minderheiten hervorgehen, die man als kompatibel mit unserer Vorstellung einer souveränen Daseinsweise betrachten kann. Unbestritten dürfen sich alle Muslime, welche den säkularen und weltlichen Konsens über die ungestörte, keinerlei Hegemonie in der Öffentlichkeit zum Ausdruck bringende Religionsausübung als Privatsache bejahen, als zugehörig zu Deutschland fühlen – sofern sie einen entsprechenden Status als endgültig positiv beschiedener Flüchtling, Migrant oder Asylbewerber vorweisen können. Und wenn sie darüber hinaus bereit sind, die Unbedingtheit ihres Bekenntnis ablehnen. Gleichzeitig impliziert ihr natives Beiwohnen in unserem Land nicht die automatische Aufnahme ihrer Orthodoxie im Ganzen, solange diese in ihrer Überzahl keine Anzeichen von Achtung, Anstand und Akzeptanz gegenüber dem Fremden zeigt.

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