Süddeutsche Zeitung (Bild: IMAGO / Rüdiger Wölk)

Süddeutsche Zeitung verliert gegen Rammstein-Schlagzeuger

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Rammstein-Schlagzeuger Christoph Schneider hat auch in zweiter Instanz einen Sieg gegen die Süddeutsche Zeitung errungen. Das Hanseatische Oberlandesgericht entschied, dass das Blatt die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung verletzt habe, als sie ihn in einem Artikel indirekt eines sexuellen Übergriffs beschuldigte. Die SZ-Berichterstattung über Vorfälle aus dem Jahr 1996 wies laut Gericht schwere Mängel auf, was nun Fragen zur journalistischen Verantwortung aufwirft.

Christoph Schneider, Schlagzeuger der Band Rammstein, hat auch in zweiter Instanz erfolgreich gegen einen Artikel der Süddeutschen Zeitung (SZ) geklagt, der ihn eines sexuellen Übergriffs vor über 25 Jahren verdächtigte. Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) wies die Berufung der SZ ab und bestätigte das Urteil des Landgerichts Hamburg (Urt. v. 09.07.2024, Az. 7 U 53/23), wonach die Zeitung die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung missachtet habe, so das Portal lto.

Der Fall geht zurück auf einen Artikel der SZ, in dem eine Frau namens Sybille Herder von einer Begegnung im Jahr 1996 berichtete. Sie erzählte, nach einem Konzert in Gera mit den Rammstein-Mitgliedern Christian Lorenz, Till Lindemann und Christoph Schneider in einem Hotelzimmer gewesen zu sein. Ihre Erinnerung setzte jedoch aus, und sie fand sich am nächsten Morgen nackt mit Schmerzen im Unterleib wieder. Sie vermutete, dass ihr etwas angetan wurde, konnte sich aber an keine Details erinnern.

Neben Till Lindemann erwirkte auch Christoph Schneider eine einstweilige Verfügung gegen den Bericht. Die SZ argumentierte in der Berufung, Schneider werde im Artikel nicht direkt verdächtigt, sondern nur als Teilnehmer der Party genannt. Das OLG Hamburg sah dies jedoch anders. Die Veröffentlichung von Schneiders Stellungnahme, in der er den Vorwurf bestreitet, deutet laut Gericht darauf hin, dass die SZ ihn dennoch als verdächtigt darstellte.

Das Gericht kritisierte zudem, dass entlastende Details, wie Herders eigene Zweifel an einem Übergriff, nicht ausreichend berücksichtigt wurden. In ihrer eidesstattlichen Versicherung bezeichnete sie Schneider als “Nebenfigur” und verdächtigte eher Lindemann. Diese Aussagen wurden im SZ-Bericht nicht korrekt wiedergegeben. Auch die Frage eines Strafrechtlers nach “dokumentierten Beweisen”, die Herder konsultierte, wurde im Artikel unvollständig dargestellt.

Das Urteil des OLG betont, dass Verdachtsberichterstattung strenge Anforderungen erfüllen muss, wie etwa einen Mindestbestand an Beweisen und eine ausgewogene Darstellung. Da diese Kriterien im Fall Schneider nicht erfüllt waren, entschied das Gericht zugunsten des Musikers. Die SZ hat das Urteil anerkannt, womit das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

Schneiders Erfolg vor Gericht wirft grundsätzliche Fragen zur journalistischen Berichterstattung in ähnlichen Fällen auf. Auch das parallel laufende Verfahren von Till Lindemann gegen die SZ wegen desselben Artikels bleibt abzuwarten. Die Berufung der SZ könnte auch hier wenig Erfolg haben, da die gleichen Kritikpunkte gelten.

(SB)

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