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Das pinke Trikot als Verkaufsschlager: Deutschland als Einfalt, Knecht und Zweiheit!

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Dass es einmal Zeiten geben würde, in denen wir deutlich mehr über die Farbe von einem Trikot sprechen müssen als über den Fußball an sich, hätte man – wie vieles Andere auch – noch vor ein paar Jahren und Jahrzehnten für unmöglich gehalten.

Von Dennis Riehle

Doch es ist der Versuch der Politisierung des Sports, welcher eine zwingende Debatte darüber eröffnen musste, inwieweit wir uns noch dem Postulat einer ad absurdum getriebenen Toleranz gegenüber Minderheiten verschreiben wollen. Die Irrsinnigkeit dieser Tage zeigt sich daran, dass es mittlerweile verpönt und sogar sanktionierbar ist, die Nationalflagge zu zeigen – während wir gleichzeitig zum Bekenntnis für den Regenbogen ermutigt werden. Gerade als Schwuler wehre ich mich gegen die Vereinnahmung durch die pinke Community, der die Homosexualität noch immer als das vorrangigste Identifikationsmerkmal einer Person sieht. Ich definiere mich dagegen zunächst einmal als Mensch, dessen gleichgeschlechtliche Orientierung eines von vielen Persönlichkeitseigenschaften darstellt. Ich muss meinen intimsten Lebensbereich nicht wie eine Monstranz vor mir hertragen. Meine sexuellen Präferenzen sind Privatsache. Ich schließe mich auch nicht den ständig neuen Forderungen nach Gleichstellung, Antidiskriminierung und Respekt an. Denn zunächst einmal gelten für mich – wie für jeden von uns – die in unserer Verfassung verankerten Rechte und Pflichten, auf die ich mich berufen kann. Wenn die sich täglich neu einen weiteren Buchstaben anhängende LGBTQIA-Bewegung immer neue Ansprüche stellt, dann lässt sich spekulieren, dass es ihr nicht um eine Anerkennung ihrer Daseinsweise geht, sondern um einen Absolutheitsanspruch für die Bedürfnisse von Wenigen.

Sobald sich eine Gemeinschaft von minoritären Bestrebungen diktieren lässt, was der Maßstab aller Dinge sein soll, gibt sie sich der Unterjochung gegenüber Partikularinteressen derjenigen hin, die mit der ständigen Moralkeule nicht nur eine Äquivalenz einfordern, sondern eine darüberhinausgehende Besserstellung im Vergleich zur Majorität. Es wirkt auf mich nicht nur einigermaßen befremdlich, sondern auch ein Stück weit bemitleidenswert, wenn offenbare Minderheitskomplexe und ein fehlendes Eigenbewusstsein dazu führen, dass man sich ständig hervortun und um Aufmerksamkeit betteln muss. Sei es nun mit anstößigen Paraden, die jeglicher Sittlichkeit widersprechen und damit eine bewusste Provokation gegenüber der Gesellschaft darstellen sollen. Oder das Durchsetzen von immer neuen Ansprüchen wie beispielsweise eine Liberalisierung des Adoptionsrechts, das sogenannte Selbstbestimmungsrecht oder Tampons auf den Männertoiletten dieser Republik. Und nicht zuletzt auch die dauerhafte Präsenz dieser sich ständig benachteiligt fühlenden Gruppe an Queeristen, bei der nicht nur die Liebe einen nahezu stündlich neuen Adressaten findet – sondern deren Wesenseinheit Mann, Frau und Diverse bis zur Unkenntlichkeit preisgegeben. Sozietäten brauchen eine Verbindlichkeit, um zu funktionieren. Und normalerweise ist es in einer Demokratie die Überzahl der Menschen, die die Richtung vorgibt. Doch wenn diese sich ständig davon beeindrucken lässt, eine ins unermesslich getriebene Vielfalt als Ausdruck von Weltoffenheit und Duldsamkeit zu sehen, wird der Alltag von uns allen ungewollt freizügiger – und dies nicht nur auf einem CSD. Für mich erwächst eine Normativität aus etwas, das uns alle eint. Deshalb ist mein Bezugspunkt Schwarz, Rot und Gold – und eben nicht Bunt.

Ich habe es als Schwuler noch nie nachvollziehen können, weshalb es eine Parallelwelt braucht, in der ich mich unter meinesgleichen von der Realität abnable – und damit ein eindeutiges Zeichen der Segregation setze. Wer dies tut, kann nicht gleichzeitig die Erwartungshaltung artikulieren, dass die Umwelt ihn inkludiert. Es ist die bewusste Abgrenzungstendenz, welche letztlich auch zu Berührungsängsten in der Bevölkerung führt. Seit meinem Outing in der Pubertät habe ich keine Homophobie erfahren. Möglicherweise liegt dies auch darin begründet, dass ich meinen Uranismus nie nach außen getragen habe oder darauf bestehe, über diesen entsprechend determiniert zu werden. Stattdessen sehe ich mich als einen Bürger wie jeder andere auch, dessen Geschlechtlichkeit eindeutig ist – und der sich auch in seiner Findungsphase rasch in seinem Mannsein verstand. Natürlich gibt es Abstufungen zwischen den beiden Polen der Zweigliedrigkeit. Doch auch Inter- und Transsexualität als seltene Phänomene spielen sich im Rahmen der Binarität ab. Ich halte es psychologisch nicht für ratsam, sich auf eine endlose Suche nach der eigenen Beschaffenheit zu begeben. Stattdessen ist der Heimathafen, in dem man sich verankert und verwurzelt fühlt, sowohl hinsichtlich der nationalen und ethnischen Herkunft, aber eben auch mit Blick auf die Körperlichkeit und das Sexualleben ein erstrebenswertes Ziel. Denn nur derjenige, der in einer Kongruenz auch einen Seelenfrieden mit sich selbst findet, wird es am Ende schaffen, sich nicht über eine demonstrative Präsentation seines Ichs in der Öffentlichkeit zu bestätigen – sondern allein aus der Tatsache heraus, mit sich im Reinen zu sein. Dies bringt am Ende Stabilität, Kontinuität und Identität.

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