Denker: In der Behörde - Foto: Imago

Deutschland: Wo lassen Sie denken?

Als ob der Bürger nicht schon genug Verdruß hätte wegen der übergriffigen und bigotten Pädagogieattitüden der politischen Klasse in den Altparteien und in den Medien, raubt ihm auch noch die Kniefieselei der Bürokraten den letzten Nerv.

von Max Erdinger

Sie sind 18 und dürfen wählen gehen. Warum? – Weil Sie urteilsfähig sind. Sie wissen, weshalb Sie wen wählen. Sie sind ein Demokrat, der sich aus der Vorauswahl an Kandidaten, die Ihnen von den Parteien präsentiert wurde, denjenigen aussuchen darf, der die schönste Frisur hat. Oder den, der am besten fotografiert wurde – auf Ihre Kosten übrigens. Oder Sie wählen überhaupt nur eine Partei. Wie auch immer: In Ihrem Alltag sind Sie mit den Resultaten politischer Entscheidungen konfrontiert. Eines davon, das Sie auf Schritt und Tritt verfolgt: Sie, der doch so urteilsfähige Wahlbürger, müssen dauernd belehrt werden. So zum Beispiel:

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“Ach?” – Foto: Autor

Sie bekommen mit einer impertinenten Penetranz jahrelang permanent erzählt, daß Sie sich beim Kauf von Zigaretten “falsch entschieden” hätten. Sie sind zwar wahlberechtigt, aber dumm. Sie wissen offensichtlich nicht, was Sie da tun, wenn Sie im Laden eine Packung Zigaretten verlangen. “Rauchen verursacht Schlaganfälle und Behinderungen.” – Ja und? Steht das auf den Covid-Impfdosen ebenfalls außen drauf? – “Piekse verursachen Myokarditis sowie ‘Plötzlich& Unerwartet’ ” – ?  Was verursacht denn noch alles Schlaganfälle und Behinderungen? Und wenn man andere Risíkofaktoren, die welche verursachen, ausschließt, verursacht das Rauchen dann immer noch mit derselben Wahrscheinlichkeit Schlaganfälle und Behinderungen, wie bei einem, der die anderen Risikofaktoren obendrein hat? Brauche ich ständig einen Vormund, der mir erzählt, daß Rauchen ungesund ist? Weil ich es vielleicht nicht selber wissen könnte und dennoch meine eigenen Abwägungen treffe? Die geistig Behinderten in Deutschland: Rauchen die alle? Hat jene Politfrau eine qualmverursachte, geistige Behinderung, die sich wie die “Messias:in” mit dem Mikrofon in der Hand vor eine Zuhörermenge hinstellte und verfügte, daß “wir über uns hinauswachsen müssen, so, wie viele andere Menschen, die über uns hinausgewachsen sind” ?

Und ach – “Rauchen kann Ihr ungeborenes Kind töten” ? Um wen geht es dann da? Um das ungeborene Kind, vielleicht? Eine Abtreibung kann Ihr ungeborenes Kind nicht töten, sondern sie tötet es 100-prozentig. In dem Fall wäre es aber klasse, oder? Sich für eine Abtreibung zu entscheiden, wäre gut, aber Rauchen könnte tödlich sein für das ungeborene Kind. Haben Abtreibungsärzte ein dämliches Warnbildchen auf ihrem Arztkittel? Es weiß jedermann, daß man in der Schwangerschaft nicht rauchen soll. “Fahren Sie in der Schwangerschaft nicht mit dem Auto, denn ein Verkehrsunfall kann Ihr ungeborenes Kind töten” – Warnhinweis in der Windschutzscheibe, gesetzlich verpflichtend, sowie die Fahrerin einen positiven Schwangerschaftstest erhalten hat, oder was? Und dann dieses Bild auf der Zigarettenschachtel: Die arme Frau, die offenbar ein Kind haben wollte, das leider gestorben ist, weil sie während der Schwangerschaft geraucht hat: Der Mann muß sie trösten. Mit welchen Worten? – “Es tut mir leid, daß du dumm bist. Vergiß wenigstens am Sonntag nicht, daß du wählen gehen sollst”, vielleicht? Wer tröstet den armen Mann, der sich auf das ungeborene Kind ebenfalls gefreut hat? Das Finanzamt? Mit welchen Worten? – “Sei froh, daß deine dumme Frau wenigstens Tabaksteuer bezahlt hat – und nicht zu knapp – , bevor dein ungeborenes Kind getötet werden konnte. So füllte sie wenigstens noch die Staatskasse.” – ?

Dabei ist noch gar nicht die Fragwürdigkeit hinter dem Sachverhalt berücksichtigt, daß der Hersteller eines hoch besteuerten Produkts mittels der Unterstellung, seine Kunden seien im Prinzip urteilsunfähige Kleinkinder,  vom Staat gezwungen werden kann, seine eigene Ware madig zu machen.

Lenkungssteuern

Polit-ideologisch erwünschtes Verhalten erreicht der Staat wie? Wenn etwas polit-ideologisch unerwünscht ist, wird es derart heftig besteuert, daß es unattraktiv wird. Der Bürger weicht aus. Dadurch fallen dann die zuvor verfügten Heftigsteuern wieder weg. Der “Schlaubürger”: “Ha! Die kriegen mich nicht!” – Weit gefehlt. Die Steuern, die er dadurch zu sparen gedachte, daß er sich per Steuerpolitik in seinem Verhalten steuern läßt, sich seiner polit-ideologischen Umerziehung also fügt, ist wohl ein wenig naiv. Einen feuchten Kehrricht wird der Steuerstaat tun, auf “Einnahmen” zu verzichten. Der jagt einfach die nächste Teuersteuersau durchs Dorf und holt sich so genau das, was er durch die bürgerliche Vermeidung der vorherigen “Lenkungssteuern” verloren hatte. “Lenkungssteuer” ist ein anderes Wort für “endlose fiskalische Treibjagd”. Der Wahlbürger wird zum fiskalischen Jagdwild.

Geschwindigkeit tötet!

“Runter vom Gas!” – warum? Wegen der “überhöhten Geschwindigkeit”. Es gibt keine überhöhte Geschwindigkeit, die an irgendetwas schuld wäre. Der Unfallverursacher ist schuld. Nicht die Geschwindigkeit saß am Steuer, sondern er. Bestimmte Leute fahren in Abhängigkeit von einer ganzen Reihe unterschiedlicher Parameter in einer bestimmten Situation zu schnell und verunglücken deshalb. “Runter vom Gas!” ist Schwachsinn. Ersetzt werden sollte der Slogan, wenn überhaupt, durch “Aufpassen beim Fahren!”. Aber Gott bewahre, daß in Deutschland von irgendeiner offiziellen Stelle die Aufforderung an den Bürger erginge, daß er selber denken soll. Genau das soll er eben nicht! Zuletzt würde er auch noch selber etwas entscheiden wollen. Und was sollten die ganzen Experten dann arbeiten? Die müssen doch auch von etwas leben! Schlagzeile: “Überhöhte Geschwindigkeit Unfallursache Nummer eins in Deutschland” – Bullshit! Verantwortungslosigkeit ist die Unfallursache Nummer eins in Deutschland. Geschwindigkeit ist eine physikalische Größe, völlig wertfrei in einem moralischen Sinne.

Keine Vorurteile!

Sie sollen keine Vorurteile haben. Das Vorurteil ist bäh! – Warum? Es ist doch nur das Urteil vor dem eigentlichen Urteil. Deswegen heißt es so. Im Grunde genommen sollten Warnhinweise auf Gehwege und Parkwege geklebt werden, wenn das schon in anderen Zusammenhängen ein verbreiteter Brauch ist. Feine “Schockbilder” dazu. – “Kein Vorurteil zu haben, kann zu tödlichen Messerstichen und anderem Ungemach führen.” Und verallgemeinern Sie nicht! Nur weil einer von denen …, können Sie doch nicht fordern, daß für die alle dieses und jenes gelten soll! – Ach? Weil aber ein paar von denen, die gern schneller als erlaubt sind, “zu schnell” in die Dreißigerzone einfahren, kann man für alle problemlos einen Speedbreaker auf die Piste betonieren, über den sie ausnahmslos alle drüberhoppeln müssen, sogar der Notarzt im Rettungswagen, oder was? Das geht. Obwohl Verallgemeinerungen und Vorurteile “bäh!” sind.

Die Steuermoral

Wir haben ein wunderbares Gemeinwesen, so hochentwickelt, daß es inzwischen sogar hundsgemein ist. Das “müssen wir alle gemeinsam” finanzieren. Ach? – Wir alle gemeinsam müssen das? – Ja! Deswegen haben wir eine “Steuermoral”! Das ist die wichtigste Moral von allen, so, wie die Geschlechtergerechtigkeit die wichtigste von allen Gerechtigkeiten ist. Wo kämen wir hin, wenn alle bloß noch eine nicht näher spezifizierte Moral hätten bei einer einzigen, öden Gerechtigkeit? Die Steuermoral ist eine Untermoral der allgemeinen Moral und es gibt sie nur auf der Einnahmenseite. Der Staat hat einen Anspruch auf eine hohe Steuermoral der Bürger. Auf der Ausgabenseite gibt es hingegen keine Steuermoral. Der steuermoralische Bürger hat keinen Anspruch auf eine Steuermoral des Staates. Der macht es wie der Jäger aus Kurpfalz und verpulvert die ganze Knete “gleich wie es ihm gefällt”, um hernach achselzuckend zu behaupten, für dieses und jenes sei eben kein Geld mehr da.  Für inländerfreundliche Maßnahmen zum Beispiel.

Der Denkmalschutz

In Hamburg, habe ich heute gelesen, gibt es ein geschlossenes Siedlungsgebiet, das in den Siebziger Jahren entstanden ist. Einfamilienhäuser, Reihenhäuser und Wohnblocks. Dieses ganze geschlossene Siedlungsgebiet, also jedes einzelne Gebäude, unterliegt neuerdings dem Denkmalschutz. Weil es ein “Stück deutscher Nachkriegs-Baugeschichte repräsentiert”. Für die Hausbesitzer und die Bewohner der Mietswohnungen dort heißt das, sie brauchen für jede beabsichtigte Veränderung an ihrem Eigentum plötzlich eine behördliche Genehmigung. Und zwar kostenpflichtig. Außenanstrich, Schornsteinreparatur, neue Fenster, andere Türen im Haus – ganz egal. Für alles muß eine behördliche Genehmigung eingeholt werden. Und die Mitarbeiter des Denkmalschutzamtes dürfen auch jederzeit zur Kontrolle kommen und im Haus herumschnüffeln, um nachzusehen, ob auch wirklich nichts verändert wurde. Das soll sich der wahlberechtigte Bürger bieten lassen? In seinem eigenen Haus? Wirklich?

Verschrottung

Im Tesla-Werk zu Grünheide wurden “Autos” (ich halte Teslas nicht für Autos, sondern für eine rollende Krankheit) produziert, obwohl noch keine behördliche Betriebsgenehmigung für das Werk vorgelegen hatte. Das war kein Problem. Die Autos durften trotzdem produziert werden. Nur verkauft werden durften sie nicht! Ohne behördliche Betriebsgenehmigung kein Verkauf! Die zuständige Genehmigungsbehörde war tatsächlich der Ansicht, bereits produzierte Teslas im Wert von 250 Millionen Euro müssten verschrottet werden, weil sie zwar produziert, aber nicht verkauft werden dürfen. Ich weiß nicht, ob diese abgehobenen Sesselfurzer mit ihren Allmachtsphantasien noch immer  über den Bürostühlen schweben, oder ob sie inzwischen rausgeworfen wurden. Wahrscheinlich aber nicht.

Solaranlagen

Sie leben in einer hübschen bayerischen Altstadt? – Keine Solaranlage auf Ihrem Dach! So war das einmal. Ensembleschutz. Heute haben wir aber politisch verursachten Energiemangel. Und der Putin ist schuld. Deswegen ist auch der Ensembleschutz nicht länger mehr wichtig. Künftig werden Sie wohl Solaranlagen auf den Hausdächern in Ihrer hübschen Altstadt haben dürfen. Auch wenn es richtig bescheuert aussieht. Aber egal: Die Schönheit der Landschaft, in der Ihre schöne Altstadt liegt, ist ja ebenfalls schon mit Windrädern vergewaltigt worden. Damit ist eh schon alles wurscht.

Ihr Holzofen allerdings ist nicht egal. Wenn Sie einen Holzofen oder einen offenen Kamin haben, dann kommt der Schornsteinfeger mit dem behördlichen Auftrag, den Feuchtigkeitsgehalt der bei Ihnen gelagerten Feuerholzscheite zu messen. Und wehe, der liegt bei 20 Prozent oder darüber. Dann dürfen Sie das Holz nicht verfeuern. Sie bekommen ein “amtliches Verbrennungsverbot”. Wegen des Feinstaubes. Und das in einem “ordentlichen Gemeinwesen”, in dem KKWs abgeschaltet wurden, um stattdessen mit Kohlekraftwerken Strom zu produzieren. Es scheint sich um feinstaubfreie Kohlekraftwerke zu handeln.

Standesamt

Sie brauchen für irgendeinen Zweck das Standesamt. Das Standesamt braucht dafür von Ihnen eine Geburtsurkunde, ausgestellt von einem anderen Standesamt in dem Ort, in dem Sie zur Welt gekommen sind. Sie haben noch eine daheim. Die geht aber nicht, weil es schon zu lange her ist, daß sie eines anderen Anlasses wegen ausgestellt wurde. Sie beantragen eine neue, löhnen 15 Euro dafür – und geben die neue beim Standesamt ab. Sie gleicht der alten, die Sie bereits hatten, aufs Haar. Aber erst jetzt hat alles “seine Ordnung”.

Nachbarschaftshilfe

Das Folgende halte ich zwar für ein Gerücht, aber für ein besonders glaubhaftes. Beim Open-Air-Festival in Wacken kürzlich, das trotz klimakatastrophaler Hitze & Dürre bei Kälte, Nässe und Schlamm stattfand, sollen diverse Autos und Wohnmobile im Dreck steckengeblieben sein. Bauern aus der Umgebung sollen sie mit ihren Traktoren aus dem Schlamm herausgezogen haben- und dafür vom Ordnungsamt bestraft worden sein. Grund: Die Traktoren hatten grüne Nummernschilder, waren also steuerbefreit und durften nur für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt werden. Jemanden abzuschleppen ist aber keine landwirtschaftliche Tätigkeit. Wahrscheinlich ist diese Geschichte  eine Ente gewesen. Aber wenn es eine war, dann war sie sehr gut erfunden, weil: Jemand, der Feuerwaffen geerbt hatte  – und das ist eine wahre Geschichte! – , packte die in sein Auto und fuhr schnurstracks zur Polizei, um sie dort abzugeben. Er selbst hatte nämlich weder eine Waffenbesitzkarte noch einen Waffenschein. Braver Wahlbürger? – Von wegen. Eine Transportgenehmigung für die Waffen hatte er nämlich auch nicht. Er gab die Waffen also bei der Polizei ab und kassierte dafür eine Strafe. Er hätte die Waffen nicht mit seinem Auto zur Polizei fahren dürfen. Das ist Deutschland.

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, heißt es. Was heißt das noch? Politiker dürfen so viel Blödsinn fabrizieren wie sie wollen, ihn in Gesetze und Vorschriften gießen, Gerichte und Behörden haben sich danach zu richten – und wenn sich der Wahlbürger in seiner Mündigkeit den ganzen überflüssigen Kokolores nicht merken kann oder sich schlicht und einfach nicht dafür interessiert, weil er ohnehin lieber selber denkt, und wenn er deshalb gegen eine dieser Schwachsinnsregelungen verstößt, dann ist er dran. Das Ganze ist eine Demokratie, voller Freiheit ist es außerdem und vor westlichen Werten strotzt es nur so. Kurzum: Es handelt sich um ein hochzivilisiertes Gemeinwesen. Sie sind der Souverän. Aber sowas von.

 

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