Warum wir nicht gleich alle technisch-kulturellen Veränderungen verteufeln sollten

board 3699939 1280board 3699939 1280
Erfindungen und Geistesblitz: Nicht nur Fluch, auch Segen (Symbolbild:Pixabay)

Immer wieder echauffieren sich besonders konservative Menschen über die technischen Innovationen und die damit einhergehenden Veränderungen in der Gesellschaft. Beispielsweise stören sie sich am geplanten autonomen Fahren, Chips im Gehirn, ChatGTP, dem Wegfall von Arbeitsplätzen aufgrund von KI, am Online-Handel und demnach auch dem Sterben der kleineren Einzelhändler, an der digitalen Abhängigkeit, Social Media und veränderten Kommunikations- und Verhaltensmustern. Während hier einiges an Kritik auch gerechtfertigt ist, trifft dies wiederum nicht auf jede technische Erneuerung zu, denn wir sollten nicht vergessen, dass es in der Geschichte der Menschheit schon immer Veränderungen gab und wir vieles davon nicht mehr missen möchten.

Beispielsweise sind wir schon sehr lange nicht mehr mit Pferdekutschen sondern Autos unterwegs, was auch sinnvoll ist, da es nicht nur schneller geht, sondern auch wesentlich hygienischer ist. Dadurch wurden logischerweise sowohl der Beruf des Kutschers als auch die Kutschen an sich obsolet, die Pferde wurden hierfür freilich auch nicht mehr benötigt. Sicher war es für die Menschen damals auch sehr gewöhnungsbedürftig, auf damals brandneue Autos umzusteigen, gewiss fand das nicht jeder gut, aber nun, weit über 100 Jahre später, bedauern dies wohl lediglich noch extreme Nostalgiker – schließlich kennt es kein heute Lebender mehr anders.

Veränderungen sind so alt wie die Menschheit

Vor allem die Erfindung des Telefons und – nicht minder revolutionär – 100 Jahre später des Smartphones, die  eine wesentlich praktischere Form der Kommunikation als das Versenden von Briefen oder gar Telegrammen (nicht zu verwechseln mit der App Telegram) darstellen, waren ein Kultursprung. War schon das Verschicken einer E-Mail wesentlich praktischer als ein Brief oder Fax, so war der Griff zum Handy wesentlich unkomplizierter getätigt ist als das Aufsuchen einer heute kaum noch vorhandenen Telefonzelle.

Wir sehen also, dass die Welt in puncto Technik ständig im Wandel ist und sobald man sich an etwas gewöhnt hat, möchte man meist auch nicht mehr in eine Welt zurückkehren, in der es diese technischen Errungenschaften noch nicht gab. Dass dies freilich nicht auf alle modernen Erfindungen zutreffen sollte, versteht sich von selbst. So haben hoffentlich die meisten begriffen, dass etwa mRNA-Spritzen keine „hochwirksamen Impfungen” sind oder etwa virtuelle Reisen via VR-Brille oder 4D-Kino keinesfalls eine echte Reise oder ein wahres Abenteuer ersetzen, genau wie Gehirnchips, wie sie für die Zukunft geplant sind, welche uns das eigenständige Denken abnehmen sollen, keineswegs erstrebenswert sind. Warum, das versteht sich hoffentlich von selbst, denn schließlich driftet man so in eine einsame Fantasiewelt ab oder hört ganz auf als eigenständiger Mensch zu existieren.

Online-Shopping vs. reales Geschäft

Allerdings gibt es auch jede Menge technische Errungenschaften, welche ich nicht mehr missen möchte, auch wenn dann wiederum andere die Leidtragenden sind. Dazu gehört beispielsweise das Online-Shopping. Immer wieder wird das Sterben der kleinen Händler/Läden bedauert. Immer mehr Menschen würden nur noch oder hauptsächlich im Internet einkaufen und die Geschäfte daher meiden, so werde der Einzelhandel zerstört. In einem gewissen Maße stimmt dies auch. Ich gebe zu, dass auch ich mir durch die Corona-Lockdowns das verstärkte Bestellen im Internet angewöhnt und dadurch die Vorteile erkannt habe.

Zum einen kann ich ganz bequem ohne Fahrzeit und Spritgeld von zu Hause aus via Mausklick shoppen und bestellen, zum anderen habe ich im Internet in der Regel wesentlich mehr Auswahl. Im Geschäft gibt es von einer Marke meist nur einige wenige Artikel, wogegen ich im dazugehörigen Onlineshop, den natürlich nur größere Marken haben, die komplette Kollektion sehen kann. Auch gibt es viele Artikel im Internet (stark) reduziert, doch im Geschäft muss man für den gleichen Artikel oft den Originalpreis bezahlen. Warum soll ich diese Chance nicht nutzen?

Einzelhändler können auf Internethandel umsteigen

Dennoch kann der Gang in echte Geschäfte nach wie vor sinnvoll sein, etwa um überhaupt erst auf eine Marke aufmerksam zu werden. Diese wird jedoch nicht vor Ort gekauft, sondern im Internet wird nach weiteren Artikeln desselben Herstellers gesucht, die es dann möglicherweise alle deutlich günstiger als vor Ort gibt. Gerade was Kleidung anbelangt ist das Einkaufen im Internet meist ertragreicher, denn oft ist die Größe, die man gerade braucht, im Laden gar nicht vorhanden. Wermutstropfen ist natürlich, dass man möglicherweise einige Artikel zurückschicken muss, wenn sie einem nicht gefallen oder man nicht genau weiß, welche Größe man benötigt und deswegen mehrere Artikel in verschiedenen Größen bestellt.

Natürlich ist es für die Einzelhändler mit ihren kleineren oder auch mittelgroßen Geschäften schade. Doch man kann nicht immer nur an andere denken. Jeder ist sich selbst schließlich der Nächste. Warum soll ich mir ständig den Stress geben, in die Stadt fahren, dort in ein sündhaft teures Parkhaus fahren, da es heutzutage kaum noch irgendwo Parkplätze gibt und wenn doch, diese dann ebenfalls sündhaft teuer sind, und dann im jeweiligen Geschäft auf die oben genannten Probleme zu stoßen, nämlich, dass ich nicht exakt den Artikel finde, den ich möchte? Dann habe ich möglicherweise einen Ladeninhaber sowie deren Verkäufer glücklich gemacht, doch ich habe nichts davon, zumal es ja auch gut sein kann, dass es sich bei jenem Inhaber sowie Verkäufer um Personen handelt, die mich in Corona-Zeiten als Ungeimpfte bzw. Maskenlose aufs Übelste diffamiert hätten. Und gerade wenn so der Onlinehandel gestärkt wird, können jene Menschen, die jetzt in „echten Läden” tätig sind, ja auch auf den Internethandel umsteigen.

Weitere sinnvolle Errungenschaften

Eine meiner Meinung nach ebenfalls wirklich positive Errungenschaft ist die heutige Handy-Spracheingabe via Mikrofon, so dass man nicht mehr alles mühsam mit der Hand eintippen muss, sondern nach Lust und Laune einfach seinen Text einsprechen kann, so wie ich es hier auch mache. ChatGPT sollten wir ebenfalls nicht zu negativ gegenüberstehen, jedenfalls dann nicht, wenn es sich um simplere, neutral gehaltene Texte wie etwa Reise- oder Wetterberichte handelt. Dem autonomen Fahren gegenüber sollten wir auch nicht per se abgeneigt sein, wenn es denn wirklich sicher ist. Was spricht dagegen, das Auto von alleine fahren zu lassen, wenn man in der Zeit ganz bequem allerhand anderes erledigen kann? Vom genüsslichen Essen über fernsehen bis hin zum prickelnden Liebesspiel sind hier der Fantasie keine Grenzen gesetzt.

Die Beispiele an sinnvollen technischen Erfindungen ließe sich noch beliebig fortsetzen, Fakt ist jedoch, dass wir nicht jeder Veränderung grundsätzlich abgeneigt sein, sondern stattdessen genau abwägen sollten. Welche Innovation vereinfacht und verbessert unser Leben, welche nicht? Diese Frage sollte man sich stets stellen.

21c48d997fa142459b5f20b9c464c3eb