Bildnummer: 52698923 Datum: 06.11.2003 Copyright: imago/Christian Thiel Franz Josef Wagner trinkend in der Paris-Bar in Berlin, Personen , Erschöpfung , pessimistisch; 2003, Berlin, Alkohol, Wein, betrunken, Trinken; , quer, Kbdig, Einzelbild, Privatbild, People Bildnummer 52698923 Date 06 11 2003 Copyright Imago Christian Thiel Franz Joseph Wagner drinking in the Paris Bar in Berlin People Exhaustion pessimistic 2003 Berlin Alcohol Wine drunk drink horizontal Kbdig Single Private Celebrities

Post an Wagner: “Re.: Brief an Christian Lindner”

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Franz Josef Wagner, “Bild” – Urgestein und ein Unikum, das vollkommen außer Konkurrenz läuft, beglückt die “Bild” – Leser seit bald 23 Jahren mit seiner Kolumne “Post von Wagner”. Der erste seiner Kurzbriefe erschien am 2. Janur 2001 und richtete sich an den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Der aktuelle ist an Christian Lindner gerichtet. Aaalter Schwede.

von Max Erdinger

Hin und wieder, sehr selten, mische ich mich hier bei jouwatch ein und schreibe einen Antwortbrief an Wagner. Des Springer-Unikums Brief an Christian Lindner hat eine verdient. Damit das nicht mißverstanden wird: Ich betrachte Franz Josef Wagners Kolumne “Post von Wagner” seit jeher als Kunst. Es gibt niemanden auf der Welt, der es so gut wie Franz Josef Wagner hinbekommt, eine absolut infantile Aneinanderreihung von Buchstaben in eine stilistisch so unverwechselbare Kurzform zu pressen. Das ist Kunst. Absolut. Ich bin mir fast sicher, daß sich Wagner vor Vergnügen kringelt, wenn ihm eine Kolumne besonders gut gelungen ist. Allein die Vorstellung schon, wieviele Leute das lesen und dann solche Sachen äußern wie “Der Wagner hat das Herz auf dem richtigen Fleck” oder “Ein ganz feiner Mensch, dieser Wagner” …

Ich könnte nachvollziehen, daß sich Wagner des Öfteren beömmelt bei dem Gedanken, daß seine aktuelle Kolumne in den Druck geht und deutschlandweit erscheint. Über seinen jüngsten Brief an Christian Lindner, den FDP-Chef, habe sogar ich schallend gelacht. Was für ein genialer Blödsinn! Wenn ich mir überlege, wie die  Fernsehserie heißen könnte, in welcher Wagner die Hauptfigur spielen würde, dann komme ich bei “Der Hausmeister in der Buchstabenfabrik” heraus.

Handlungsrahmen: Er ist Hausmeister im Verlagsgebäude irgendeines populären Schundblatts. Seiner schmalen Rente wegen mußte er diesen Job annehmen. Bald leidet er daran, daß die vornehmen Herren Redakteure alle auf ihn herabschauen. Er beginnt, einsam und traurig eigene Texte zu verfassen. Er nennt sie “Post von Wagner”. Während er sie verfasst, träumt er davon, seinen grauen Hausmeisterkittel für einen Anzug einzutauschen und auf die Redaktionsetage zu kommen. Einen dieser Texte bekommt zufällig der Chefredakteur in die Hand und ist begeistert. Die Karriere des Hausmeisters nimmt ihren Lauf. Dabei kommt es zu allerlei urkomischen Situationen …

Franz Josef Wagner
Franz Josef Wagner (80), “Bild” – Kolumnist und Springer-Urgestein – Screenshot “Bild”

Wagners Brief an Christian Lindner

Lieber Christian Lindner,

warum ist Ihr Typ nicht mehr gefragt? Eine Wahl nach der anderen verlieren Sie – Schleswig-Holstein, NRW, Niedersachsen.

Warum können Sie nicht mehr gewinnen?

Ich glaube, dass sich das Männerbild in Deutschland verändert hat. Sie sind Porschefahrer, haben eine Rennfahrer-Lizenz, einen Jagdschein, einen Angelschein.

Ihre schönste Beschäftigung, sagten Sie, sei, mit der Hand Ihren Porsche zu waschen.

Die Wähler wählen einen anderen Mann. Er heißt Robert Habeck, er ist ein Philosoph, ein Welterklärer. Er ist so ganz anders als Christian Lindner.

Er brettert nicht mit Autos durch die Gegend. Er denkt nach. Er ist ein ganz anderer Mann als Christian Lindner. Ich habe Angst, dass die Ampel platzt.

Zu verschieden sind die Menschen in der Ampel.

Herzlichst,

Ihr Franz Josef Wagner

 

Zum Niederknien. Meine Verehrung, “Hausmeister” Wagner. Doch nun zum Antwortbrief.

 

Post an Wagner

 

Lieber Franz Josef Wagner,

warum ist Ihr Typ noch immer gefragt? Eine Kolumne nach der anderen schreiben Sie – 2001, 2015, 2023.

Warum können Sie es nicht bleiben lassen?

Ich glaube, daß sich der durchschnittliche Intelligenzquotient in Deutschland verändert hat. Sie sind Weintrinker, was Sie alles haben, weiß ich nicht, aber den “Jagdschein” haben Sie ganz bestimmt.

Ihre schönste Beschäftigung, sagten Sie nie, sei, mit der Hand Bleistifte zu spitzen und mit dem Papier zu rascheln.

Die Klugen lesen Texte eines anderen Mannes. Er heißt Michael Klonovsky, er ist ein gescheiter Mann, ein Satzbaumeister. Er ist so ganz anders als Franz Josef Wagner.

Er kritzelt das Papier nicht mit Schwachsinn voll. Er hat vorher nachgedacht. Er ist ein ganz anderer Mann als Franz Josef Wagner. Ich habe Angst, daß mir das Blech wegfliegt.

Zu verschieden sind die Leser der Zeitungen.

Herzlichst,

Ihr Max Erdinger

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