Flutkatastrophe im Ahrtal (Foto: Imago)

War sowas von klar: Keine Anklageerhebung gegen Ahrtal-Beschuldigte

Mehrere Angehörige der insgesamt 135 Flutopfer im Ahrtal hatten es kommen sehen: Die Ahrtal-Flutkatastrophe vom 14./15. Juli 2021 hat kein strafrechtliches Nachspiel wird für zwei Hauptverantwortliche des beispiellosen Versagens von Politik und Katastrophenschutz. Im Visier der zweieinhalb Jahre lang laufenden Ermittlungen der Koblenzer Staatsanwaltschaft standen der ehemalige Landrat des Landkreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), sowie ein von ihm eingesetzter ehrenamtlicher Katastrophenschutzbeauftragter des Kreises. Beide Beschuldigte sollen die rechtzeitige Warnung der Bevölkerung in den weiter flussabwärts gelegenen Gemeinden versäumt haben – zu einem Zeitpunkt, als die Flutwelle flussaufwärts noch Stunden entfernt war und somit genügend Zeit für eine rechtzeitige Evakuierung gewesen wäre.

Zum Beispiel sind die Eltern einer 22-jährigen Frau aus Bad Neuenahr, die als Nebenkläger auftraten, überzeugt, dass Tochter noch leben würde, wenn der Katastrophenschutz nicht versagt hätte. Selbst als die meterhohen Fluten noch mehrere Kilometer entfernt waren, erfolgte keine Warnung der Öffentlichkeit. Piloten überflogen da schon das Flutgebiet und dokumentierten die riesigen Überschwemmungen und die unaufhaltsame Schlammwalze.

Schäbiges Verhalten

Pföhlers Verhalten in der Flutnacht stand an Schäbigkeit dem der rheinland-pfälzischen Landesregierung unter Malu Dreyer in nichts nach: In der Flutnacht telefonierte er mehr als ein Dutzend mal mit seiner Geliebten. Die Einsatzzentrale soll er erst am nächsten Tag besucht haben, als die Katastrophe schon gelaufen war – und auch nur ein einziges Mal, für einen PR-Fototermin mit Innenminister Roger Lewenz. Die Freundin des Skandal-Landrats, der in der Folge sein Amt wenigstens niederlegte, griff während des Ermittlungsverfahrens später zur “Methode Olaf Scholz” – und konnte sich an nichts mehr erinnern.

Eigentlich wäre eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung in zahlreichen Fällen allein schon im öffentlichen Interesse, aber auch aufgrund der recht klaren Indizien- und Beweislage ein absolutes Muss gewesen. Dass die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft nun gestern Mittag jedoch auf einer mit riesigem medialem Getöse zelebrierten Pressekonferenz die Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen die beiden Verdächtigen bekannt gab, war jedoch insofern keine Überraschung, als das Ermittlungsverfahren längst  zum Politikum geworden war: Ein Strafprozess hätte bei dem zu erwartenden riesigen Medien- und Bevölkerungsinteresse noch mehr Schmutz aufgewirbelt und unbequeme Fragen an die Landesregierung aufgeworfen, als es der Untersuchungsausschuss im Mainzer Landtag bislang vermochte. Die “Aufarbeitung” der Ahrtal-Katastrophe wurde von den verantwortlichen Politikern von vornherein gebremst und sabotiert.

Dreyer und Landesregierung scheuten wohl Prozess

Für Ministerpräsidentin Dreyer, die (wie ihr SPD-Parteikollege und damaliger Innenminister Lewentz) die Flutnacht gemütlich im Bett verbrachte, während an der Ahr die Menschen krepierten, und am nächsten Morgen “ein paar Worte des Mitgefühls” per SMS von ihrer Referentin erbat, hätte eine Anklageerhebung – mit der Aussicht auf späteren Schuldspruch – Pföhlers durchaus zum Problem werden können. Da war eine geräuschlose Einstellung wegen “nicht hinreichenden Tatverdachts” wohl die elegantere Entscheidung – die die servile Koblenzer Staatsanwaltschaft gerne vollzog. Man kennt diese Masche inzwischen hinlänglich von Corona, wo die juristische (Nicht-)Aufarbeitung nicht von ungefähr frappierende Parallelen zum Umgang mit den Corona-Tätern und “Pandemie”-Verantwortlichen aufweist, die ebenfalls mit allen davon kamen.

Die Hinterbliebenen der Flutopfer, so sehr sie sich um strafrechtliche Konsequenzen für die Mitschuldigen nun zu Recht betrogen fühlen, sind über diese Schweinerei jedoch nicht wirklich verwundert: Seit längerem hatten sie Befürchtungen geäußert, dass die Staatsanwaltschaft Koblenz im Zustand bedenklicher Befangenheit ermittele. So hatte Opferanwalt Christian Hecken heftig kritisiert, dass das eingeholte Gutachten eines Berliner Katastrophenschutz-Experten “alles andere als neutral formuliert” gewesen sei. Nicht zuletzt deshalb hatten die Nebenkläger in einem Brief an den rheinland-pfälzischen Justizminister Herbert Mertin (FDP) die dringende Auswechselung der ermittelnden Koblenzer Staatsanwälte verlangt und zudem Dienstaufsichtsbeschwerde erstattet. Mertin enthielt sich einer Entscheidung und delegierte den Antrag auf dem Dienstweg an die Generalstaatsanwaltschaft. Bevor diese den Fall überhaupt erst auf den Tisch bekam, ist die Anklage nun schon vom Tisch. Wie praktisch. (TPL)

 

 

25321bb164504c8e917e9c7dde90ddf9

Themen