Wird es jetzt endlich ernst für Olaf Scholz, schützt ihn seine taktische Demenz nicht länger und holt ihn die Realität der Warburgbank- und Cum-Ex-Zusammenhänge doch noch ein? Wenn es nach der Überzeugung von Hamburgs CDU-Chef Dennis Thering geht, deutet nicht nur alles darauf hin, sondern führt faktisch kein Weg daran vorbei. Thering, der die Hintergründe der Affäre bis ins Detail kennt und mit seiner Hamburger CDU-Bürgerschaftsfraktion dem Kanzler seit Jahren nachzuweisen versucht, dass dieser der Warburgbank 2016 schlappe 47 Millionen Euro Steuerforderungen eben nicht unachtsam, sondern sehr wohl wissentlich schenken wollte, nimmt im Interview mit der “Welt” kein Blatt vor den Mund.
Aus seiner Sicht sei “die Indizienlage erdrückend”. Scholz habe vor dem Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft “erhebliche Wissenslücken zu Protokoll gegeben” – und das, obwohl er doch als “in der Regel gut strukturiert” gelte. Grundsätzlich nämlich könne sich Scholz, der in Teilen der Gegenöffentlichkeit inzwischen den Spitznamen “Senilus” trägt, eigentlich sehr wohl “an alles und jeden erinnern” und habe ein gutes Gedächtnis. Die Tatsache, dass Scholz seine “diversen Treffen mit dem Chef der Warburg-Bank, Herrn Olearius, zunächst geleugnet” habe, spreche ebenfalls dafür, dass er hier nur Vergesslichkeit als Schutzbehauptung ins Feld führt.
Scholz lässt jeden Aufklärungswillen vermissen
Für Thering spricht auch die Tatsache, dass Scholz’ damaliger Finanzsenator, der heutige SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher (ein Intimus des Kanzlers), die Steuerverwaltung damals aufgefordert habe, ihn in diesem Verfahren unbedingt auf dem Laufenden zu halten. “Das ist in der Verwaltung ein sehr ungewöhnlicher Vorgang”, so Thering. Hinzu komme noch der Bargeldfund in einem Schließfach des ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs, der sich erwiesenermaßen für die Warburg-Bank eingesetzt habe.
Scholz und Tschentscher hätten bisher jeden Aufklärungswillen vermissen lassen, weshalb er und die CDU-Bürgerschaftsfraktion es für richtig hielten, dass nun “auch der Bund, speziell die CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit ihren erweiterten Zugriffen auf Akten, da jetzt noch einmal nachhakt”. Wenn das geschieht und sich die Einschätzung Herings bestätigt, dürfte Scholz in der Tat als Kanzler nicht mehr zu halten sein. Allerdings muss dies dann noch keine Neuwahlen bedeuten, sondern eher einen “Nachrücker” aus dem Kabinett oder der SPD. Und bekanntlich kommt hier selten etwas Besseres nach… (TPL)