Man kann es in Zeiten einer stattfindenden Gerichtsverhandlung über die Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall als eine Imagekampagne der AfD ansehen, wenn sie in der Öffentlichkeit zunehmend mit Minderheiten wirbt, für die sie aus Sicht der linken Wachsamkeit und Korrektheit eigentlich ein Schreckensszenario sein müsste.
Von Dennis Riehle
Denn in der reaktionistischen, demagogischen und propagandistischen Erzählung über Verbindungen der Alternative in die Nazi-Szene passt es nur allzu gut hinein, entsprechend an die Verfolgung der Homosexuellen, von Ausländern und ethnischen, religiösen oder politischen Minoritäten im Dritten Reich zu erinnern – und diese Mahnung zugleich mit einem „Nie wieder!“ zu versehen. Eigentlich bräuchte die Partei keine „viral“ gehenden Videos, in denen sie mit Mitgliedern aus unterschiedlichen Kulturen, Herkünften und Migrationsgeschichten zum Ausdruck bringt, dass sie im Falle politischer Verantwortung eben keine Bedrohung für diesen Personenkreis darstellt – sondern für ihn wählbar und unterstützbar ist. Immerhin lassen sich weder in der Programmatik noch in den Aussagen der Führungskräfte prinzipielle Tendenzen einer Feindseligkeit gegenüber Gruppierungen finden, die die Wokeness mit ihrer Ansprache und Warnung vor dem Bösen erreichen will.
Und dass sie eine derartige PR grundsätzlich nicht nötig hat, das beweist beispielsweise die aktuelle Umfrage unter Schwulen, welche sich in einer übergroßen Mehrheit dafür aussprechen, bei den nächsten Abstimmungen für die AfD zu votieren. Ähnlich, wie es mit allen Brandmarkungsversuchen durch die Innenministerin und ihren Behördenchef Haldenwang im Augenblick ebenfalls im Sande verläuft, mit dem ständigen Aufwärmen der mittlerweile widerlegten Geschichte über das vermeintliche Geheimtreffen am Wannsee und das Ansinnen zur Deportation von Millionen Bundesbürgern Sympathisanten, Mitglieder oder Unterstützer von der Alternative für Deutschland abzubringen, so lassen sich auch jene nicht mehr von entsprechenden Etikettierungen und Abstempelungen beeindrucken, von denen nun die aufgeschreckte queeristische Blase entsetzt und schockiert ist: Wie kann man als gleichgeschlechtlich veranlagter Mensch tatsächlich auf die Idee kommen, dem Feind die Hand zu reichen, fragen sich die Regenbogenaktivisten mit Blick auf Protagonisten aus den eigenen Reihen, welche sich nicht schämen, sich zu ihrem blauen Kreuz auf dem Stimmzettel zu bekennen. Die Antwort ist relativ einfach: Indem man mit Unaufgeregtheit, Voreingenommenheit und Neugier auf die Ziele und Forderungen zu geht, die eine politische Kraft aufstellt.
Und es sind gerade diejenigen, die ihre sexuelle Orientierung nicht zu ihrem obersten Charakteristikum und Definitionsmerkmal erklären – sondern sich zunächst als Bürger wie jeder andere auch verstehen, welche im Alltag mit denselben Problemen beschäftigt sind wie auch der Heterosexuelle: Ihnen geht es nicht um die Umsetzung von Schwulenrechten, sondern sie ärgern sich wie ihr Nachbar über das Heizungsgesetz, die Energiewende, den wirtschaftlichen Abschwung, steigende Preise und Abgaben, die Gängelung durch die Ampel, die Beschneidung der Meinungsfreiheit, die Altersarmut, die Gesundheitsversorgung, die Bürokratie, die Idiotie einer „Demokratieförderung“, über Habeck, Scholz, Lindner, Baerbock oder auch Merz. Und nicht zuletzt erkennen sie vor allem die entglittene Migration, welche mittlerweile zu einer spürbaren Erodierung der kulturellen Identität und zur Einwanderung von sich als Flüchtling ausgebenden Gefährdern führt, die eine islamistische Gesinnung in sich tragen, welche tatsächlich nicht mit einem Dasein als Schwuler oder Lesbe vereinbar ist. Denn während es der Alternative für Deutschland zumindest in ihrer Breite an einer Feindseligkeit gegenüber homosexuell veranlagten Menschen fehlt, sind es Suren des Koran und Lehrsätze einer Glaubensrichtung, welche sich dezidiert gegen die „Widernatürlichkeit“ ausspricht – und auch nicht vor einem Gewaltaufruf gegen diejenigen zurückschreckt, die entsprechend empfinden.
Wie in allen Parteien, so wird es auch innerhalb der AfD einige wenige verschwurbelte Anhänger und Außenseiter geben, die noch immer einer Ideologie des Nationalsozialistischen anhängen – und Homosexualität als Schwachheit oder „Entartung“ wahrnehmen mögen. Doch auch das Bemühen, aktuell etwaige Rebellionsbestrebungen gegen die Parteivorsitzende Weidel zu streuen, wonach es Mitglieder und Funktionäre innerhalb der Alternative für Deutschland gibt, die sie aufgrund ihrer gleichgeschlechtlichen Lebensweise vom Thron stürzen möchten, haben bisher nicht verfangen. Stattdessen scheinen sich Schwule wie Lesben einigermaßen unbeeindruckt zu zeigen vom „Wehret den Anfängen!“, weil sie begriffen haben, dass es aktuell nicht mehr um Befindlichkeiten geht, sondern um eine knallharte Wende in der aktuellen Politik für alle. Glaubt denn tatsächlich jemand in seiner Rechtsparanoia, dass nach der „Machtergreifung“ durch Chrupalla und Höcke § 175 wiedereingeführt würde? Es ist eben dieses für die „Community“ so bezeichnende Drehen um das eigene „Ich“, der Egozentrismus und der Narzissmus, welcher sie davon ausgehen lässt, dass unser Land derzeit keine anderen Probleme oder Herausforderungen zu bewältigen habe, als sich mit der aus ihrer Sicht noch immer bestehenden Ungleichbehandlung ihrer Spezies zu befassen. Deshalb wird es nach der kommenden Bundestagswahl sicherlich nicht darum gehen, Homosexuelle aufzuspüren und zu beschatten. Viel eher sollten wir uns der Stasi-ähnlichen Bespitzelung von Parteien und Bürgern durch den Verfassungsschutz zuwenden, die in einer Volksherrschaft nichts zu suchen hat – und beendet werden muss.