"Bild"-Hauptstadtchef Ralf Schuler darf nicht reden (Foto:Imago/Müller-Stauffenberg)

Ralf Schuler verlässt die “woke” Bild – hallo Reichelt?

Vor einigen Wochen verließ Judith Sevinç Basad die Bild.  Nun geht mit Ralf Schuler ein weiterer namhafter „Bild“-Mitarbeiter. Und auch dieses Mal wir als Grund der “woke” Kurs des Springer-Blattes benannt.

Der Leiter der Parlamentsredaktion der Bild-Zeitung, Ralf Schuler, hat angekündigt, das Blatt nun – wie seine Kollegien Judith Sevinç Basad – zu verlassen. Laut Medienberichten sei sein Kündigungsschreiben bereits eingereicht. In einem an Springer-Chef Mathias Döpfner und den Bild-Chefredakteur Johannes Boie adressierten Brief, den „Cicero“ veröffentlicht hat, erläutert Schuler seine Beweggründe.

Schuler nimmt für sich zum Anlass, die heiligen Bild-Hallen zu verlassen, den Anfang Juni von der Welt veröffentlichter Gastbeitrag, in dem eine Autorengruppe um den Münchener Kinder- und Jugendpsychiater Alexander Korte die öffentlich-rechtliche Berichterstattung beklagten, da dort mit Zwangsgebühren für Transsexualität positivistisch berichtet werde.

Nachdem die mächtige Gendermainstreaming-Lobby kräftig Stimmung machte, entschied Springer-Chef Döpfner, einen von ihm verfassten Meinungsbeitrag als Reaktion zu veröffentlichen. Darin positionierte sich Döpfner deutlich gegen den benannten Gastbeitrag. „Unser Haus steht für Vielfalt“, wokte Döpfner. „Statt des freiheitlichen Geistes des ‘jeder soll nach seiner Façon selig werden‘, raunt es hier vom Schutz der ‘sittlichen Überzeugungen der Bevölkerung‘.“ Der Text habe „einen Sound, der für jeden freien toleranten Geist unangenehm ist“, so Döpfners Mea Culpa.

Schuler schreibt, wie von „Cicero“ veröffentlicht:

„Im Geiste Axel Springers treten wir selbstverständlich im besten freiheitlich-bürgerlichen Sinne für die Rechte des Einzelnen ein, diskriminierungsfrei zu leben, solange er niemandes Freiheit beschneidet. Das bedeutet aber ausdrücklich nicht, dass wir „fest an der Seite der LGBTQ-Community im eisenharten Kampf für Menschenrechte und gegen Diskriminierung“ stehen, wie es ein stellvertretender BILD-Chefredakteur im täglichen Briefing dieser Tage schrieb. Vom stalinistischen Schwulst der Formulierung einmal abgesehen, stehe ich keiner politischen Bewegung ‚fest zur Seite‘ und halte dies auch ganz grundsätzlich NICHT für die Aufgabe von Journalisten.“

Axel Springer produziere „plump-alberne Aufkleber, als sei die sexuelle Orientierung eine Art hipper Lifestyle („oh deer – I’m queer“)“ und mache sich zum Banner-Träger einer Bewegung, die einen festen Gesellschaftsentwurf mit Sprach- und Schreibvorschriften anstrebe und glaube berechtigt zu sein, der Mehrheitsgesellschaft einen politischen Kanon bis hin zum Wechsel des Geschlechtseintrags oder Quotierungen diktieren zu können, kritisierte Schuler. „Es kann auch nicht sein, dass Aktivisten im vorpolitischen Raum – etwa durch Ausladung von Axel Springer von einer Job-Messe – Druck im Sinne ihrer Agenda machen und der Queer-Beauftragte der Bundesregierung öffentlich ‘Hinweise‘ gibt, welchen Wissenschaftlern in der Welt besser kein Forum zu bieten sei.“ Warum nicht bei allen Demokraten ob solcher Situation die Alarmglocken läuteten, verwundere ihn bis heute.

Schuler wird von Cicero zudem noch mit den Worten zitiert: “Kurz: Ich verteidige jederzeit die Freiheit des Einzelnen, schließe mich aber keinen Kampfgruppen welcher Couleur auch immer an und möchte unter der Regenbogen-Fahne genauso wenig arbeiten, wie unter den Flaggen anderer Bewegungen.“

Des Weiteren ist sich Schuler sicher: Sollte sich das Blatt weiterhin „lautstarken Micro-Milieus“ und „internationalen Wirtschaftseliten“ anstatt der Mehrheit verpflichtet fühlen, stelle das eine „tödliche Bedrohung des Markenkerns“ dar.

Die Ex-Kollegin, Es-Bild-Redakteurin und Bestseller-Autorin Judith Sevinç Basad hatte bei der „Bild“ einige Wochen vorher hingeschmissen, weil sie im Nachgang zur Diskussion um den „Welt“-Beitrag einen Artikel bei „Bild“ nicht veröffentlichen durfte, weil darin der Kinderpsychiater Alexander Korte, einer der Autoren des „Welt“-Gastbeitrags, zu Wort kommen sollte. Bild drehte den Vorwurf der Zensur dahingehend, dass Basads Beitrag nicht dem hohen Qualitätsstandard des Springer-Blatte entsprochen hätte.

Judith Sevinç Basad ist mittlerweile für das Medienprojekt „Achtung Reichelt!“, des gecancelten „Bild“-Chefredakteurs Julian Reichelt tätig. Vielleicht folgt ihr ja auch Schuler. Und dann kann die bekloppte “Bild” wohl bald einpacken. (SB)

 

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