Foto: Collage

Wegen Preisbremsen: Industrie sieht Standort Deutschland in Gefahr

Berlin – Wieder mal nicht an die Wirtschaft gedacht, liebe Politiker?

Die deutsche Industrie ist äußert unzufrieden mit den von der Ampel-Koalition beschlossenen Strom- und Gaspreisbremsen. Der “Bild” (Dienstagausgabe) sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm: “Als Co-Vorsitzender der Regierungskommission bin ich sehr enttäuscht. Die Politik legt mit ihrer Ignoranz gegenüber den betrieblichen Realitäten die Axt an die Grundpfeiler des Standorts Deutschland an.”

Die Gaspreisbremse, die für große Industrieverbraucher ab Januar greifen soll, sei jetzt leider viel zu bürokratisch angelegt und habe “inzwischen so viele restriktive Randbedingungen, dass sie für eine ganze Reihe von Firmen wohl nicht funktionieren wird”. Der eigentliche politische Zweck der Preisbremsen werde ad absurdum geführt. “Wegen der strengen EU-Vorgaben muss ein Unternehmen, das von der Bremse profitieren will, schon vorher wissen, ob sein Gewinn im kommenden Jahr um mindestens 40 Prozent zurückgeht. Das ist unrealistisch”, sagte Russwurm zu “Bild”. Industriekunden erhalten ab Januar 2023 von ihren Lieferanten 70 Prozent ihres Erdgasverbrauchs im Jahr 2021 zu sieben Cent je Kilowattstunde. Beim Wärmeverbrauch wird der Preis auf 7,5 Cent je Kilowattstunde gedeckelt, ebenfalls für 70 Prozent des Verbrauchs.

Für den übrigen Verbrauch zahlt auch die Industrie ohnehin den regulären Marktpreis.

Das Münchner Ifo-Institut erwartet hingegen entgegen anderslautender Prognosen keine harte Rezession in Deutschland. “Es kommt nicht so schlimm, wie befürchtet”, sagte der Präsident des Ifo-Instituts Clemens Fuest am Montag RTL/ntv. “Es spricht derzeit alles dafür, dass die Rezession doch ganz flach wird. Es ist sogar nicht auszuschließen, dass wir knapp im Wachstumsbereich bleiben. Also, an einer Rezession vorbeischrammen.” Das ändere aber nichts daran, dass sich die Wirtschaftsaktivität derzeit abschwäche.

“Aber es kommt eben nicht der wirtschaftliche Einbruch, den viele befürchtet haben. Davon sehen wir derzeit jedenfalls nichts”, sagte Fuest. In welchem Auftrag veröffentlicht dieser “Fachmann” seine Prophezeiungen?

Im Streit um einen EU-weiten “Gaspreisdeckel” ist Deutschland in Brüssel auf jeden Fall schon mal überstimmt worden. Beim Treffen der EU-Energieminister votierte am Montag eine Mehrheit dafür, dass Gasgeschäfte in der Europäischen Union künftig nur noch bis zu einem bestimmten Maximalpreis erlaubt sind, wie Tschechiens Jozef Sikela und Luxemburgs Claude Turmes bestätigten. “Today we showed unity and we avoided the trap of division set by Mr Putin”, schrieb Turmes auf Twitter.

Die Grenze wurde dabei mit 180 Euro pro Megawattstunde deutlich niedriger angesetzt als die von der EU-Kommission ursprünglich vorgeschlagen 275 Euro. Der Gaspreisdeckel impliziert damit für deutsche Nutzer einen Verbraucherpreis von maximal etwa rund 23 bis 26 Cent pro Kilowattstunde (kWh) inklusive Nebenkosten und Steuern. Seit Oktober liegt der Großhandelspreis allerdings wieder unter der nun beschlossenen Schwelle, nachdem er zwischenzeitlich auf etwa 350 Euro gestiegen war.

Am Montag wurden für die Lieferung im Januar rund 110 pro Megawattstunde bezahlt, das impliziert einen Verbraucherpreis von rund 15 bis 18 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Deutschland hatte Bedenken wegen des Gaspreisdeckels, weil die Befürchtung besteht, dass Förderländer bei einem zu niedrig angesetzten Preis lieber gar kein Gas nach Europa liefern.

Das ist mal wieder so typisch. Bis die Politik überhaupt reagiert, hat der freie Markt schon längst alles von selbst erledigt. (Mit Material von dts)

930f037fa474454a8254597fbf0b82f4