Marie-Agnes Strack-Zimmermann (Foto: Imago)

Buschmann & Strack-Zimmermann: Nicht für alles Gelb der Welt

Bundesjustizminister Marco Buschmann gibt sich besonders pflichtbewußt dem Mindernationalen Strafgerichtshof gegenüber und sagt, er würde Wladimir Putin sofort verhaften lassen und nach Den Haag überstellen, wenn er deutschen Boden betritt. Die Vorsitzende des Verteidungsausschusses im Deutschen Bundestag, Frau Strack-Zimmermann, betrieb in einem “Werbevideo” der FDP-Bundestagsfraktion derweilen Geschichtsklitterung hinsichtlich des Ukrainekrieges, daß einem die Kinnlade nach unten klappt. Es geht hier aber um etwas anderes.

von Max Erdinger

Ein internationaler Strafgerichtsgerichtshof, der nicht von allen Nationen der Welt anerkannt wird, ist kein internationaler Strafgerichtshof, sondern ein mindernationaler. Daß er dennoch unter der Bezeichnung “Internationaler Strafgerichtshof” weiterexistiert, verrät, was die Regierungen derjenigen Staaten, die seine Zuständigkeit anerkannt haben, gerne hätten – und zugleich, was sie nicht haben: Die Hoheit über das internationale Recht. Noam Chomsky bemerkte sehr zutreffend, daß dann, wenn alle Nationen diese Institution in Den Haag anerkannt hätten, sämtliche US-Präsidenten seit dem Zweiten Weltkrieg nach Den Haag hätten überstellt werden müssen. Ergänzung meinerseits: Mit Ausnahme von Donald Trump.

Was der Mindernationale Strafgerichtshof mit seinem Haftbefehl gegen Wladimir Putin bewirkt hat, ist Folgendes: Der Präsident der Russischen Föderation gilt nun in der EU als gesuchter Kriegsverbrecher, und aus diesem Grund wird sich auch kein Regierungschef der EU mit ihm für Verhandlungen an einen Tisch setzen. Niemand verhandelt mit einem “Kriegsverbrecher”. Es ist nicht ganz abwegig, darin den eigentlichen Grund für den Haftbefehl gegen Wladimir Putin zu sehen. Weitergedacht: Wenn man sich überlegt, wer ein Interesse daran haben könnte, daß die EU für Gespräche mit Putin ausfällt – dieselben, die auch die Gaslieferungen aus Russland per Sprengung von Nordstream haben “ausfallen” lassen – und sich dann anschaut, wer Präsident des Mindernationalen Gerichtshofs in Den Haag ist – und wer der Chefankläger, um dann zwei Angehörige der ärgsten europäischen Kriegstreibernationen zu identifizieren, dann gibt es wiederum Grund zu der Annahme, daß der Haftbefehl gegen Putin erstens politisch motiviert ist, und daß er zweitens auf informellen Kanälen aus den USA forciert worden sein könnte, obwohl die USA selbst den Mindernationalen Strafgerichtshof gar nicht anerkennen. Das würde heißen, daß sich der polnische Herr Piotr Hofmanski als Präsident des “IStGH” und der britische Herr Karim Ahmad Khan bestens der Interessenslage in Washington angepaßt hätten, was “rein zufällig” auch bestens zum Regierungskurs ihrer Herkunftsländer paßt. Noch nicht angerissen ist dabei die Frage, ob wohl amerikanisches Steuergeld diskret nach Den Haag geflossen sein könnte.

IStGH Den Haag3
Piotr Hofmanski, Polen, Präsident des IStGH in Den Haag – Screenshot Facebook

Sei es wie es sei: Spätestens mit dem Haftbefehl gegen Wladimir Putin hat sich der “IStGH” zu Den Haag dem Verdacht ausgesetzt, sich willig als Werkzeug zur Durchsetzung ganz bestimmter geopolitischer Interessen mißbrauchen zu lassen. Erhärtet wird der Verdacht durch solche Haftbefehle, die er in der Vergangenheit – nicht! – ausgestellt hat. Eine solche Institution wäre also so überflüssig wie ein Furunkel am Allerwertesten von Justitia, der Göttin der Gerechtigkeit aus der römischen Mythologie. Das “Römische Statut” auf welchem der “IStGH” sich gründet, wäre dann auch nichts weiter als der eitrige Ausfluß eines solchen Furunkels.

Aber gut: Der Untersuchungsausschuß der Russischen Föderation eröffnete nun ein Strafverfahren gegen den Staatsanwalt und die Richter des Mindernationalen Strafgerichtshofs. Der Untersuchungsausschuß stellte fest, daß die gerichtliche Verfolgung des russischen Präsidenten und der Kinderombudsfrau offensichtlich rechtswidrig sei, da es keine Gründe für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit gäbe.
Der Untersuchungsausschuß erinnerte daran, daß Staatsoberhäupter gemäß dem Übereinkommen über die Vorbeugung und Bestrafung von Verbrechen gegen international geschützte Personen vom 14. Dezember 1973 absolute Immunität gegenüber der Gerichtsbarkeit ausländischer Staaten genießen. Glückwunsch, die Herren Hofmanski und Khan! Und Glückwunsch EU! Ein perfekt gesetzter Schuß ins eigene Knie.

Buschmann und Strack-Zimmermann

Leider finde ich das kurze Video nicht mehr, das ich heute morgen gesehen hatte. Geworben wurde mit dem Kurzfilm für die Position der FDP-Bundestagsfraktion, jedenfalls aber unter ihrer Bezeichnung. In diesem Filmchen “kontert” Frau Strack-Zimmermann Fakten zur Entstehung des Ukrainekriegs und zum innerstaatlichen Zustand der Ukraine vermittels solcher schönen Begriffe wie “Demokratie”, “Freiheit” und “Rechtsstaatlichkeit”. Das macht sie dadurch, daß sie in ihrem “Narrativ” gigantische Lücken läßt, also nur die Teile der Geschichte erzählt, die ihr ins eigene Konzept passen. Geschenkt. Genauso geschenkt wie Marco Buschmanns treuherzig vorgebrachte Demut der “Rechtsprechung” des Mindernationalen Strafgerichtshofs gegenüber.

Interessant ist an den Einlassungen der beiden Herrschaften sowieso etwas ganz anderes, nämlich die Rückschlüsse, die sich auf ihre je persönliche Eigenwahrnehmung ziehen lassen. Beide scheinen tatsächlich der Ansicht zu sein, niemandem könne bewußt sein, welchen Rücksichtnahmen und Zwängen sie jedes Mal unterliegen, wenn sie ihren Mund aufmachen. Die beiden scheinen tatsächlich zu glauben, irgendjemand nähme ihnen ab, daß sie frisch und frei von der Leber weg sagen könnten, was sie wirklich denken. Das heißt, sie rechnen mit der Naivität – oder besser: mit der Unzurechnungsfähigkeit – des eigentlichen Souveräns.

Das ist ein Jammer, weil sie damit für die FDP unter dem bleiben, was man Köpfen in der FDP eigentlich zubilligen könnte, wenn sie eben nicht durch parteistrategisch begründete Opportunitätsüberlegungen dazu gezwungen wären, bei ihren Äußerungen alle möglichen anderen Aspekte zu berücksichtigen, die sämtlich auf Kosten von Wahrheit und Glaubwürdigkeit der gesamten Partei gehen. Das war erst dieser Tage in den sozialen Netzwerken wieder zu beobachten. Ein FDP-Kreistagsabgeordneter (?) aus Bayern hatte etwas völlig Richtiges geäußert, konnte aber keinen Punkt mehr machen damit, weil ihm von fast allen Kommentatoren an den Kopf geworfen wurde, er sei schon dadurch unglaubwürdig, daß er eben FDP-Mitglied ist. Das ist das Schicksal der Liberalen: Daß es ihre eigene Partei ist, die den einzelnen Liberalen diskreditiert durch jene permanenten Opportunitätsgedanken, die wiederum aus kurzfristigen parteistrategischen Überlegungen resultieren – und von den Spitzenfunktionären der Partei dann zum Vortrag gebracht werden.

Allein schon die gelbe Hirnverrenkung, durch welche die Grünen zu Demokraten verklärt werden mussten, um zum Zwecke der Machtteilhabe per Koalitionsbildung behaupten zu dürfen, Demokraten müssten miteinander können-können, ist eine zirkuswürdige Artistennummer gewesen. Die “Freie Demokratische Partei” wusste ganz genau, daß die Grünen keine Demokraten sind. Das Pippi Langstrumpf-mäßige “ich mach mir die Welt widde-widde-wie sie mir gefällt” der Gelben ist ihr Niedergang. Aus einem Parlament nach dem nächsten fliegen sie heraus – und das wiederum ist genau das, was ich prognostiziert hatte, als Christian Lindner nach der Wahl 2021 in Koalitionsgespräche mit den grünen Antidemokraten eingetreten ist. Lindner, Buschmann und Strack-Zimmermann sind angesichts der Zwänge, denen sie als Ampelkoalitionäre unterliegen, nicht die “Gesichter der FDP”, sondern die Gesichter des endgültigen Untergangs der FDP. Die FDP hat ihre eigenen Ideale mindestens so verraten wie jede der anderen Altparteien. Es trifft sie eben besonders hart, weil ihre Wählerschaft sowieso schon kleiner ist als die der anderen, wenn man von der Partei “Die Linke” einmal absieht. Das heißt, allein ihrer vergleichsweisen Winzigkeit wegen hätte sie sich als allerletzte eine solche Charakterlosigkeit erlauben können. Ein Wähler ist ein Wähler, ganz egal, wie groß die Partei ist, die er wählt. Jede Stimme weniger trifft die FDP härter als jede andere der Altparteien.

Deswegen verabschiede ich mich schon einmal von den Gelben. Tschüß, FDP! Es war ein halbes Jahrhundert lang interessant, euch dabei zuzuschauen, wie ihr euch zwischen euren eigentlichen Prinzipien und den Zwängen des parteipolitischen Systems, an dem ihr unbedingt teilhaben wolltet, selbst zerrieben habt. Zeit für euch, endlich von der Bildfläche zu verschwinden. Daß ihr noch irgendwelche anderen als die persönlichen Interessen eurer jeweiligen Spitzenfunktionäre vertreten würdet, kauft euch für die nächsten 100 Jahre keiner mehr ab. Den Kleinsten beißen die Hunde.

2eab419cdf2e48d193912a29d6bd3a8a

Entdecke mehr von Journalistenwatch

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen