Atombombenexplosion - Foto: Imago

Der Krieg gegen Russland ist ein Krieg gegen das eigene Volk

Berlin – Als ob das die Kriegstreiber ernsthaft interessieren würde: Eine Mehrheit der Deutschen ist weiterhin gegen deutsche Kampfflugzeug-Lieferungen an die Ukraine. Knapp zwei Drittel (64 Prozent) sprechen sich in einer Umfrage von Infratest für den “ARD-Deutschlandtrend” von Dienstag bis Mittwoch dieser Woche dementsprechend aus. Dieser Wert hat sich damit seit Mitte Februar nicht verändert.

Knapp drei von zehn Deutschen (28 Prozent) sind derweil dafür (plus fünf im Vergleich zu Februar). Acht Prozent trauen sich in dieser Frage keine Aussage zu. Verschiedene westliche Länder haben angekündigt, Kampfflugzeuge des US-Typs F16 an die Ukraine zu liefern.

Diese hat darüber hinaus den Wunsch geäußert, deutsche Kampfflugzeuge des Typs Eurofighter zu erhalten. Gespalten zeigen sich in dieser Frage insbesondere die Anhänger der Grünen (43 Prozent sind dafür, 48 Prozent dagegen). Eine ablehnende Haltung überwiegt bei den Anhängern von FDP (54 Prozent), SPD (56 Prozent) sowie der Union (59 Prozent).

Bei den AfD-Anhängern ist die Ablehnung mit 90 Prozent am deutlichsten. Insgesamt bewertet eine relative Mehrheit (43 Prozent) die derzeitige Unterstützung der Ukraine mit Waffen als angemessen, mehr als einem Drittel (37 Prozent) geht sie indes zu weit – der bislang höchste Wert in dieser Frage. Für 14 Prozent geht die Unterstützung mit Waffen nicht weit genug.

Die Sanktionsmaßnahmen gegen Russland gehen einer relativen Mehrheit von 42 Prozent nicht weit genug. Drei von zehn Deutschen (29 Prozent) empfinden sie als angemessen, jeder Fünfte (20 Prozent) hält sie für zu weitgehend. Eine Mehrheit von 55 Prozent ist aktuell der Meinung, die diplomatischen Bemühungen der Bundesregierung zur Beendigung des Krieges gehen nicht weit genug, für drei von zehn Deutschen (30 Prozent) sind sie angemessen, für 6 Prozent gehen sie zu weit. Datenbasis: 1.302 Befragte.

Derweil geht die Einkreisung Russlands in die nächste Runde:

Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis spricht sich für eine konkrete Festlegung bezüglich eines Nato-Beitritts der Ukraine aus. “Ich bin ganz gewiss, dass es jetzt höchste Zeit ist, diesen Fehler auszubügeln und einen klaren Zeitplan vorzulegen”, sagte er am Donnerstag im “Heute-Journal” des ZDF. Die Ukraine würde dem Bündnis auch mehr Sicherheit bringen. “Ein Land mit viel Erfahrung, gut ausgerüstet, gut ausgebildet, und sie haben die größte Bedrohung bisher bereits besiegt für die Nato.”

Allerdings, so Landsbergis, müsse die Ukraine zuvor den Krieg mit Russland erfolgreich hinter sich gelassen haben. Angesprochen auf eine Bedrohung des eigenen Landes durch Russland sagte Litauens Außenminister: “Wir müssen Signale senden, jedem Diktator in der Nähe unserer Grenzen oder weiter weg.” Wenn er daran denken sollte, müsse er wissen, dass die Nato schnell und sehr dezidiert “antwortet”.

Die Politikwissenschaftlerin Claudia Major ermahnt die Ukraine dagegen, sich bei ihrem Widerstand gegen Russland weiterhin an die Charta der Vereinten Nationen zu halten. “Aus ukrainischer Sicht ist es klug, sich weiterhin auf militärische Ziele zu konzentrieren”, sagte sie dem “Spiegel”. Der Westen unterstütze “die Befreiung der Ukraine, aber nicht einen Krieg gegen Russland”.

Am Dienstag hatten Drohnen ein Wohnhaus in Moskau beschädigt, wer hinter dem Angriff steckt, ist unklar. Major warnte vor Spekulationen. Angriffe der Ukraine auf russischem Gebiet sieht sie dann von der Uno-Charta gedeckt, wenn sie “verhältnismäßig” blieben und nur auf “strategische Ziele” wie Bahngleise oder Militäranlagen zielten.

Russland halte sich mit seinem Angriff auf die Ukraine “klar nicht ans Völkerrecht”. Kiew müsse vermeiden, seinerseits zivile Ziele anzugreifen. Major sprach sich erneut für Waffenlieferungen an die Ukraine aus.

Solange Russland glaube, es könne seine Ziele militärisch erreichen, werde es keinen Frieden geben, so Major. “Und dann zu glauben, wir machen hier ein Abkommen und dann ist gut, ist irreführend.” Kremlchef Wladimir Putin habe “schlicht kein Interesse” an Gesprächen.

Den Weg zu Verhandlungen sieht die Politikwissenschaftlerin entsprechend in der weiteren Unterstützung der Ukraine: “Die momentan vielversprechendste Lösung scheint zu sein, Russland militärisch so unter Druck zu setzen, dass es im Aufhören mehr Erfolg sieht als im Weitermachen.” Major ist Forschungsgruppenleiterin für Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Mit der NATO im Rücken könnte die Ukraine dann sozusagen als Stellvertreter Richtung Moskau marschieren wollen und wir hätten dann endlich den von Eingen so lang ersehnten Dritten Weltkrieg, der das wirtschaftliche Versagen des Westens kaschieren könnte.

Es gibt aber auch noch andere Stimmen:

Der Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel hat Bundeskanzler Olaf Scholz aufgefordert, die USA zu einer Gipfel-Einladung an Russlands Präsidenten Wladimir Putin und den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu bewegen. “Deutschland könnte drängeln: Macht nicht nur diese marginalen Gespräche”, sagte er dem “Spiegel”. Der Krieg in der Ukraine sei militärisch nicht zu beenden, so der Forscher.

Stattdessen brauche es “Verhandlungen, Verhandlungen, Verhandlungen”. Dabei misst er Deutschland eine besondere Rolle bei. “Wenn die zwei Konfliktparteien nicht bereit sind, zu verhandeln, braucht es Dritte.”

Den Krieg in der Ukraine über Waffenlieferungen zu beenden, hält Merkel für ein “Fetischdenken” des Westens. Er fürchte “neue Drehungen der Eskalation”, Putin könne man militärisch nicht beikommen. Merkel war lange Jahre Demokratieforscher an der Humboldt-Universität Berlin.

Merkel und Schröder zusammen vielleicht, aber nicht Scholz. Wir brauchen keinen Kasper am Verhandlungstisch. (Mit Material von dts)

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