Medikamentenmangel? Gehen wir doch einfach zum Schamanen…


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Gesundheitspolitik im Post-Lauterbach-Deutschland (Symbolbild:Pixabay)

Man stelle sich vor, jemand hätte einen zur Anschaffung eines Elektroautos genötigt, obwohl sich im Umkreis von tausend Kilometern kein einziger Stromanschluss befindet, geschweige denn eine reguläre Ladesäule. Da ist man ganz schön aufgeschmissen – und das hübsche Auto steht einfach herum und beginnt zu rosten. So ähnlich fühlte ich mich am Donnerstag in der Apotheke meines Vertrauens. Seit 25 Jahren gehen meine Schilddrüse und ich getrennte Wege, also benötige ich Thyroxin. Das allerdings war wieder einmal schwieriger zu bekommen als der Bauplan einer Atombombe aus dem Internet. Immerhin konnte mir der nette Apotheker eine Filiale nennen, die noch Restbestände gebunkert hatte – es klappte also beim zweiten Versuch. Beim Rezept davor hatte ich fünf Anläufe benötigt.

Denn auch wenn es das Präparat noch von einem anderen Hersteller gibt, dürfen es die Apotheken auf Anweisung der Krankenkassen nicht herausgeben; angeblich wären die Präparate nicht kompatibel. Das hatte ich bei einem anderen Medikament tatsächlich einmal – aber bei Thyroxin ist es eigentlich herzlich egal, wer der Hersteller ist.
Man fällt nicht gleich tot um, wenn man einmal eine der Tabletten auslässt, der Körper kann für kurze Zeit ein Ersatzhormon bilden. Wie dem E-Auto geht einem aber nach und nach der Saft aus. Nach ein paar Wochen wird es richtig kritisch. Allerdings nutzt es nichts, sich darüber aufzuregen, denn Blutdruckmedikamente sind ebenfalls von der Verknappung betroffen. Während der letzten Erkältungswelle fehlten Fiebersäfte für Kinder. Hartgesottene verwiesen zu dieser Zeit gern darauf “dass es die damals auch nicht gab”.

Selbsthilfe bei der Medizinfrau oder auf Youtube

Auch wenn ich die Anwendung von Hausmitteln für keine schlechte Idee halte, sollte es allerdings meiner bescheidenen Meinung nach in einer Industrienation für Eltern die Wahlmöglichkeit geben. Vor allem, wenn das mit dem Kinderarzt abgesprochen wurde.
Das Argument träfe zudem auf fast alle Bereiche der modernen Medizin zu. Wir könnten uns die Zähne wieder gegen einen kleinen Obolus beim Hufschmied ziehen lassen, wenn so das Gesundheitswesen entlastet wird. Und wer braucht schon Insulin oder Antibiotika? Vielleicht wäre das auch die Gelegenheit, jene Fachkräfte anzuwerben, von denen die Grünen so gern sprechen. Zum Beispiel Medizinfrau “Schwarze Adlerfeder” aus dem Sioux-Reservat, die uns zum Mindestlohn in der Kräuterschwitzhütte kuriert. Oder einen peruanischen Schamanen, der unsere chronischen Erkrankungen auf ein bedauernswertes Meerschweinchen überträgt. Bei Akne greifen wir zur Selbsthilfe, nachdem wir bei “Dr Pimple Popper” auf YouTube nachgeschaut haben, wie man ein Furunkel ordnungsgemäß beseitigt.

Das Problem mit dem Medikamentenmangel ist seit etwa drei Jahren bekannt. Zuerst kam es wegen der Corona-Krise zu Lieferengpässen aus Asien: Knappe Medikamente wurden erst einmal an jene Länder verkauft, die entsprechend dafür zahlten. Dazu ist unser Gesundheitssystem aber zu sehr kaputtgespart worden. Wegen der Energiekrise wandern nun auch noch die letzten deutschen Hersteller ab, denn die Produktion der chemischen Grundstoffe benötigt viel teures Gas. Diese Probleme müssten bekämpft werden, aber das ist aufwändig und teuer.

Abwendung des Weltuntergangs statt medizinische Grundversorgung

Offenbar sind chronisch Erkrankte dem Gesundheitsministerium aber nicht wichtig genug, um mehr als nur ein paar Symptome zu bekämpfen. Stattdessen gibt es skurrile Vorschläge für Medikamententauschbörsen. Drei Diazepam gegen ein Fläschchen Insulin… soll so die Zukunft aussehen?

Karl Lauterbach widmet sich derweil seinem “Hitzeschutzplan” – das bringt auch Pluspunkte bei grünen Wählern. Ach, der Klimawandel, er wird uns alle zugrunde richten! Schon gegen Ende der Corona-Zeit war abzusehen, dass dies sein nächstes Lieblingsproblem werden würde –  denn mit Alltäglichem beschäftigt er sich nicht gern. Es muss schon die Abwendung des Weltuntergangs sein. Bedenkt man, welche finanziellen Ressourcen er beschaffte, um damals seinem Impfwahn nachzugehen, spricht das Bände: Es funktioniert also, wenn man es nur will. Vielleicht sind gängige Medikamente – so sehr diese gebraucht werden – einfach auch kein gutes Geschäft für die Industrie mehr. Man sollte meinen, nach mehreren Jahren gäbe es endlich einen Aktionsplan; stattdessen werden jetzt Trinkbrunnen gegen die Hitze gebaut. Vielleicht lässt sich Herr Lauterbach auf jedem davon mit einer Gedenkplakette verewigen? Wenn es so weitergeht, werden wir tatsächlich zum Medizinmann gehen müssen. Bloß kann dieser in den meisten Fällen Deutschlands chronisch Kranken auch nicht helfen.

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