Warum wir keine weitere systemkritische Partei brauchen

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Nach Wagenknecht verfolgt nun auch er große Parteigründungspläne: Markus Krall (Foto:Imago)

Derzeit freuen sich viele alternative Medien – darunter beispielsweise “Reitschuster.de” – darüber, dass der Finanzexperte und Autor Markus Krall seine eigene Partei gründen möchte – worüber sich die “Leitmedien” wiederum das Maul zerreißen. Kein Wunder: Handelt es sich doch bei Krall um einen kritischen, fraglos hochintelligenten Geist mit konservativen Ansichten, der in seinen Expertisen der Ampel-Politik sowie dem Haltungsjournalismus fast ausnahmslos diametral entgegensteht. So spricht sich der Finanzfachmann unter anderem für eine kontrollierte oder allenfalls sehr begrenzte Zuwanderung aus, möchte den ideologischen und kontraproduktiven “Klimaschutz”-Maßnahmen den Garaus machen und kann auch der Gender-Agenda nichts abgewinnen.

In der alternativen Szene sind die Meinungen zu Kralls angekündigter Parteiengründung jedoch sehr gespalten: Die einen empfinden dieses Vorhaben als sinnvolle Alternative zur geplanten Wagenknecht-Partei und natürlich auch zur AfD, so auch hier auf Ansage! mein Autorenkollege Jens Woitas. Seine positive Haltung zur Gründung neuer „unwoker” Parteien – wie eben der von Krall und Wagenknecht – begründet er unter anderem mit der von ihm angenommenen Möglichkeit, die Altparteien so noch mehr zu schwächen. Denn schließlich möchte nicht jeder die als sehr “rechts” verschriene AfD wählen; weil er sonst aber kaum eine Alternative hat, wählt er deswegen notgedrungen im Zweifel weiter eine Systempartei. Sofern sich dies dank Markus Krall sowie Sahra Wagenknecht nun ändern sollte, so die Annahme, stünden mehr oppositionelle Alternativen zur Auswahl, womit die Systemparteien noch mehr als ohnehin schon geschwächt würden, während die wirkliche Opposition insgesamt hingegen gestärkt werde.

Die AfD wird geschwächt und Miniparteien vegetieren vor sich hin

Dieser These stehe ich persönlich sehr kritisch gegenüber. Ich glaube nämlich vielmehr, das auf diese Weise sehr wohl vor allem die AfD, wenn auch möglicherweise nur in einem relativ geringen Maße, geschwächt wird. Viele der anderen alternativen Wahlmöglichkeiten –  die kommenden Parteien Kralls und Wagenknechts, aber auch das „Bündnis Deutschland” (welches in der Bremer Bürgschaft mit den „Wutbürgern” eine Fraktion bildet), die “Basis”, “Liberal-Konservative Reformer” (LKR) oder viele andere Splitterparteien – dürften jedoch selbst allesamt an der 5-Prozent-Hürde in jedem deutschen Parlament scheitern, womit sie in den Landtagen und im Bundestag nichts ausrichten können werden. In Summe schaden sie damit doch der einzigen bürgerlichen Opposition AfD, die es als einzige neue politische Kraft seit Jahrzehnten in Deutschland zu einer gewaltigen parlamentarischen Bedeutung bringen konnte. Diese Stärke der parlamentarische Realopposition würde durch mehr “Vielfalt” und Zerfaserung auf der rechten Seite des Spektrums durchaus um mehrere bis etliche Prozentpunkte geschwächt werden – durch weitere kritische Parteien, die am Ende doch in der Bedeutungslosigkeit  vor sich hinvegetieren, weil sie es eben nicht in die Parlamente schaffen.

Im Gegensatz zu einer Partei Sahra Wagenknechts, welche sich in puncto Zuwanderung, Energiewende sowie Wirtschaft klar von der AfD unterscheiden würde, dürften die Unterschiede zwischen einer Krall-Partei (bei der übrigens sehr wahrscheinlich auch sein Freund und Anwalt Hans-Georg Maaßen mit von der Partie sein wird, auch wenn der sich noch ziert oder dagegen verwahrt), minimal sein. Dafür sprechen nicht nur Kralls Äußerungen, die er in diversen Vorträgen und Interviews von sich gibt, sondern vor allem auch die Tatsache, dass er die AfD nicht nur nicht ausgrenzen, sondern mit dieser – anders als Wagenknecht – explizit zusammenarbeiten möchte (wie man dem oben verlinkten Reitschuster-Artikel entnehmen kann). Wir hätten es hier also bestenfalls mit einer AfD 2.0 zu tun. Wozu dann nicht gleich das Original wählen und somit stärken, statt es durch einen Klon zu konkurrieren?

Die Illusionen Kralls

Der Finanzexperte selbst sieht dies freilich ganz anders: Seiner Meinung nach wäre genau das Gegenteil zu erwarten: Er würde nämlich die “konservative Opposition” stärken, weil nur Menschen seiner Partei die Stimme geben würden, die die AfD ohnehin nicht wählen würden, weil sie ihnen “zu rechts” sei. Stattdessen, meint er, könnte die Stimmen von CDU-, CSU- und FDP-Wählern gewinnen, die momentan nur noch zwecks Alternative diese pseudokonservativen Altparteien wählen. Natürlich könnte er außerdem jede Menge Herzen der Nichtwähler erobern (glaubt er jedenfalls). So twitterte Krall am 23. September: „Wenn die #NeuePartei antritt, scheitert die CSU auf Bundesebene an der 5% Hürde, scheitert die FDP auch daran, die Linke ist sowieso bei 4%, Wagenknechtpartei wird zum Strohfeuer von 4%, CDU halbiert sich auf 10%, Nichtwähler kommen in Scharen zurück.#Wende in Deutschland”.

Doch nur weil er das sagt und vermutlich auch denkt, heißt das noch lange nicht, dass das auch so kommen wird. Im Gegenteil: Die Wahrscheinlichkeit, dass genau das von mir weiter oben geschilderte Szenario einer geschwächten AfD und vieler an der 5-Prozent-Hürde scheiternden, daher scheintoten Parteien eintritt, ist meiner Einschätzung nach wesentlich höher. Es heißt nicht umsonst „Never change a running system“: Wenn etwas funktioniert, dann funktioniert es – und an einer erfolgreichen AfD auf der Höhe ihrer Erfolge sollte man nicht in Form von zig neuen Parteigründungen herumdoktern, denn zu viele Köche verderben nun einmal den Brei. Das ist auch bei der Parteienlandschaft in Deutschland nicht anders. Abgesehen davon übersieht Krall mit seiner These von der “zu rechten” AfD das Wesentliche: Es ist ganz egal, wie sehr er sich selbst von “zu rechts” abgrenzen wird – für die Medien wird er dennoch im rechtsextremen Topf landen, egal wie sehr er das Gegenteil beteuert. Bei denen, die er zu erreichen hofft, wird dieselbe Propaganda dafür sorgen, dass auch er als “pfui” und “zu rechts” gilt. Es überrascht, dass ihm das nicht klar zu sein scheint.

Einer AfD-Mitgliedschaft steht wohl Kralls Ego im Weg

Hinter der geplanten Parteiengründung von Markus Krall steckt sehr wahrscheinlich auch noch etwas anderes: Das enorme Ego eines politisch-ökonomischen und publizistischen Alphatieres. Bei ihm handelt es sich um einen wohlhabenden, bislang sehr erfolgreichen und schon lange in der Öffentlichkeit stehenden Menschen mit einem veritablen Charakterkopf, der gerne im Mittelpunkt steht. Wer sich wundert, wieso er nicht eher der AfD beitritt, zu der er objektiv inhaltlich sehr gut passen würde, erhält hier die Antwort: Er bekäme er dort deutlich weniger Aufmerksamkeit und würde möglicherweise untergehen. Zumindest wäre er nur einer von vielen – denn die AfD hat schon bekannte und charismatische Persönlichkeiten wie Björn Höcke und Alice Weidel, welche ihm die Schau stehlen könnten. Gewiss hat er zudem auch Angst vor der “AfD-Brandmauer”. Zwar sind Krall für die Leitmedien und Linken auch jetzt schon ein rotes Tuch, doch wie Maaßen gibt auch er sich noch immer der Illusion hin, er sei noch nicht vom Bannstrahl der Unberührbaren erfasst und noch nicht so “geächtet” wie Mitglieder der AfD. Seine vermeintliche Salonfähigkeit, glaubt er, vermag er nur aufrechtzuerhalten, solange er der AfD nicht selbst beitritt. Schließlich ist es immer noch ein Unterschied, ob man einer Schwefelpartei angehört oder mit dieser „nur” zusammenarbeitet. Aber das gilt nur noch für seine Selbstwahrnehmung; in Wahrheit ist er bereits Paria wie jeder andere “böse Rechte”.

Doch noch etwas kommt dazu: Krall überschätzt seinen eigenen Bekanntheitsgrad meiner Meinung nach etwas. Einer breiten Öffentlichkeit ist er doch allenfalls seit Bekanntwerden der Anschuldigungen wegen angeblicher “Reichsbürgernähe” sowie des von ihm selbst bestrittenen angeblichen Versuchs, Coronahilfen in Höhe von 19.000 Euro zu erschleichen, ein Begriff. Hätte man noch vor einem Jahr wahllos zehn Menschen auf der Straße gefragt, wer Markus Krall ist, hätten mindestens acht bis neun von ihnen verneint. Sehr viel mehr sind es seither sicher auch nicht geworden. Das sieht bei Sahra Wagenknecht schon ganz anders aus.

Etablierung einer neuen Partei ist seit langem nur der AfD geglückt

Erfolgreiche Parteigründungen sind in der Geschichte der Bundesrepublik eine Seltenheit. Kein Wunder. Es handelt sich um ein überaus schwieriges Unterfangen – so schwierig, dass es womöglich sogar von Krall und auch Wagenknecht unterschätzt wird. Selbst wenn es am Geld nicht scheitert: Die Manpower, Strukturen, die interne Organisation, die Etablierung einer Hierarchie und Anerkennung von Management- und Führungsfunktionen sind ungleich schwieriger, als etwa ein Unternehmen zu gründen. In den letzten 40 Jahren ist es – außer der AfD – keiner einzigen Partei, schon gar keiner mainstream-kritischen, mehr gelungen, sich in den Parlamenten dauerhaft zu etablieren. Hingegen gab es unzählige gescheiterte Glücksritter, nach denen heute kein Hahn mehr kräht: Frauke Petry mit ihrer „Blauen Partei“, Bernd Lucke mit seiner erwähnten LKR oder eben auch die Coronamaßnahmen-kritische “Basis”. Sie alle schafften es in keine Parlamente, nahmen der AfD aber durchaus den einen oder anderen Prozentpunkt, denn diese gut gebrauchen kann beim alles überlagernden, vorrangigen einzigen Ziel, einen echten Politikwechsel in Deutschland zu erreichen.

Von daher sage ich ganz klar nein zu einer Partei von Markus Krall. Bloß weil sich dieser alles zutraut und Meinungen vertritt, die sich lediglich in Nuancen von der AfD unterscheiden, braucht es keinen weiteren Ego-Shooter in der Parteienlandschaft. Übrigens: Es gibt ja auch innerhalb der AfD sehr unterschiedliche Meinungen, denn jeder Mensch ist schließlich ein Individuum – und gerade die AfD, die entgegen den permanenten Diffamierungen ihrer Gegner eine fast schon schmerzhafte Form der innerparteilichen Basisdemokratie praktiziert, hat etliche interne Andersdenkende (bis hin zu Quertreibern und Irrläufern). Käme jeder von diesem auf die Idee, sein eigenes Süppchen zu kochen und seine eigene Partei zu gründen, dann hätten wir irgendwann mehr Parteien in Deutschland als Sterne am Himmel. Mit dieser Zersplitterung muss Schluss sein! Was Deutschland im Moment braucht, ist eine einzige starke, konservative Oppositionspartei – und diese kann nur AfD heißen.

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