Geiselnahme israelischer Sportler am Rande der Olympischen Spiele 1972 in München - Ein maskierter palästinensischer Terrorist der Gruppe "Schwarzer September" auf dem Balkon der israelischen Unterkünfte in der Connollystraße 31 - Foto: Imago Hostage-taking Israeli Athletes at Edge the Olympic Games 1972 in Munich a Masked Palestinian Terrorist the Group Schwarzer September on the Balcony the Israeli Accommodations in the Connolly Street 31

Westliche Geheimdienste: Welche “Intelligence” bitte?

Es stinkt wieder einmal ein “Narrativ” zum Himmel. Welche Schlußfolgerungen wären zu ziehen, wenn man unterstellt, daß es nicht zum Himmel stinkt? Es geht um den Nahen Osten und westliche Geopolitik.

von Max Erdinger

Das kolportierte “Narrativ”: Der Staat Israel wurde von dem Hamas-Angriff überrascht. Er war nicht vorherzusehen. Deshalb war er auch nicht zu verhindern. Der Hamas ist es gelungen, die ausgeklügeltste Sicherheitstechnik der Welt zu überlisten. Eine “bestens” koordinierte Land-Wasser-Luft-Operation der Hamas konnte unbemerkt geplant und durchgeführt werden. “Wir alle gemeinsam” müssen überrascht sein und uns vor Verwunderung die Augen reiben.

Es geht hier nicht nur um Mossad, Schin Bet und die Unit 8200, sondern außerdem noch um die CIA und den britischen MI6. Es geht eigentlich um die Geheimdienste aller Freunde des Staates Israel. Keiner hat etwas bemerkt, die Ägypter haben auch nicht gewarnt. Schlußfolgerung: Der “Wertewesten” hat es bei seinen Geheimdiensten mit den allerletzten Pfeifen zu tun einerseits und die Köpfe diverser Geheimdienstchefs müssen in Serie rollen andererseits. Frage: Rollen schon welche? Wenn nicht: Warum nicht?

Feststellung: In Israel treffen einige Superlative aufeinander. Die angeblich beste Armee der Welt, die angeblich besten Geheimdienste der Welt, die lückenloseste Bewachung einer Grenze auf der Welt, die mörderischste Brut in der direkten Nachbarschaft, die absolute Notwendigkeit, zu jeder Tages- und Nachtzeit auf der Hut zu sein, weil nirgendwo auf der Welt die territoriale Sicherheit derartig Fundament von allem weiteren ist wie in Israel. Salopp ausgedrückt: Die permanente Bedrohung des Lebens in Israel war das, was alle Welt als das “prickelnde Lebensgefühl” in Israel begriffen hatte. Und dafür, daß die Israelis damit leben und sich behaupten konnten, wurden sie auch von aller Welt bewundert. Vermutlich sogar von ihren erbittersten Feinden.

Die Planung und die Durchführung der Terrorattacke auf Israel mit Hunderten gemeuchelter, gefolterter und verschleppter Israelis, erforderte Intelligenz. Die war zweifellos vorhanden. Dieselbe Intelligenz ist aber offensichtlich außerstande gewesen, sich an drei Fingern abzuzählen, was es für die “Palästinenser” im Gazastreifen bedeuten wird, daß sie ihre Terrorattacke “erfolgreich” durchführt. Das beißt sich. Unter welchen Bedingungen würde es sich nicht beißen? Es würde sich dann nicht beißen, wenn es ein Kalkül gegeben hätte, demzufolge die Opferung des Gazastreifens sich lohnt. Daß es der Gazastreifen dicke heimgezahlt bekommen wird, stand jederzeit außer Frage. Das Kalkül mit der Bombardierung “ihres” Gazastreifens im Tausch für etwas Höherwertiges müsste denjenigen eingeleuchtet haben, die intelligent genug gewesen sind, eine ausgefeilte Terrorattacke gegen Israel zu planen und durchzuführen, was angesichts des evidenten Versagens der Geheimdienste auf der anderen Seite extrem beunruhigend wäre. Jedenfalls so lange, wie man von einem Versagen der Geheimdienste ausgeht.

Es ist zwar nicht auszuschließen, daß die Hamas ganz alleine dazu in der Lage dazu gewesen sein könnte, sämtliche westlichen Geheimdienste auszutricksen, aber es ist nicht sehr wahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher ist, daß den westlichen Geheimdiensten ebenbürtige Geheimdienste aus solchen Staaten gegenüberstanden, die ihrerseits dann die Hamas als Werkzeug benutzt haben. Es steht also nicht nur die Frage im Raum, wie die Terroristen nach Israel eindringen konnten, sondern es steht außerdem die Frage im Raum, wer aus welchen Gründen in Kauf nimmt, daß der Gazastreifen, in dem über zwei Millionen “Palästinenser” leben, praktisch dem Erdboden gleichgemacht wird und daß dort ebenfalls Tausende von Opfern anfallen. Wer konnte der Hamas den Floh ins Ohr setzen, daß es lohnenswert sei, sich mit einer bestialischen Terrorattacke gegen israelische Bürger Verwüstung und Tod in den Gazastreifen zu holen? Welcher “höhere Wert” muß der Hamas versprochen worden sein – und von wem?

Irgendwo muß doch ein Krieg zu gewinnen sein?

Im Morgengrauen des 8. Oktober startete der Terrorangriff der Hamas. Das war vor drei Tagen. Sofort hieß es, die Amerikaner würden ihre Flugzeugträger ins östliche Mittelmeer verlegen – und ratzfatz sind sie vor Ort. In der Woche vorher noch verkündete der “Nationale Sicherheitsberater” der USA, Jake Sullivan, im Nahen Osten sei es so ruhig wie schon seit ewigen Zeiten nicht mehr. Gemessen an dieser Aussage waren die Flugzeugträger schnell. Die Bundesregierung rätselte noch, wie sie Tausende von Deutschen aus Israel herausbekommen will (zuerst mit dem Bus nach Jordanien, vielleicht? Von dort aus dann mit dem Flieger, eventell?), da war der Außendienstler des US-amerikanischen, militärisch-industriellen Komplexes, Herr Anthony Blinken von der Firma “WestExecAdvisors”, in seiner Verkleidung als Außenminister des amerikanischen Wählers schon nach Israel eingereist. Das ging ebenfalls schnell. Die Deutschen sind noch nicht draußen, da ist der amerikanische Außendienstler der Waffenindustrie schon drin. Und überall, wo der auftaucht, ob in Kiew oder in Tel Aviv, muß man alles, was mit ihm in Berührung gekommen ist, hernach mit Weihwasser desinfizieren. Der Kerl lügt, sobald er den Mund aufmacht. Das ist keine Behauptung aus dem Blauen heraus, sondern das läßt sich beweisen. Und wo er auch auftaucht, immerzu will er nur “helfen”. Zum Beispiel “der Ukraine”, evident aber keinesfalls “den Ukrainern”. Die sterben bloß für seine Hilfe. Vor lauter Dankbarkeit, wahrscheinlich. Im Augenblick will er “Israel helfen” – und meinereiner fragt sich, wem der völlige Kollaps der territorialen Sicherheit Israels zu verdanken ist, welcher nun wiederum Blinkens selbstlose und edelmütige “Hilfe” erfordert – und was dieser Kollaps mit amerikanischer Geopolitik zu tun haben könnte. Und ich frage mich, weshalb tausend Israelis sterben mussten. Wer sie gehasst und umgebracht hat, weiß ich schon. Eindeutige Antworten gibt es noch nicht. Es müsste im Moment noch alles Spekulation bleiben. Iran-Russland, Iran-Saudi Arabien, Iran-Hizbollah, Libanon-Hizbollah, Hizbollah-Hamas, Saudi Arabien-Petrodollar … in die Richtung könnte es gehen. Es würde mich nicht wundern, wäre der fürchterliche – und offenbar noch andauernde – Terroranschlag auf Israelis, der am 8. Oktober begonnen hat, das Mittel der Wahl, um den Iran aus der Reserve zu locken und Syriens Assad über Dritte unter Druck zu setzen.

Auffällig ist halt, daß das Brecheisen, welches die Amerikaner in der Ukraine gegen Russland angesetzt hatten, zuletzt einen Ermüdungsbruch erlitten hatte. Russland war eben doch stabiler als gedacht. Selenskyj und die Ukraine sind “out”. Hinterlassen wurden bislang 500.000 Tote auf ukrainischer Seite und wahrscheinlich knapp 100.000 auf der russischen. Dazu ein paar westliche “Militärberater”. In einem solchen Fall segelt die klassische Seemacht einfach weiter und versucht ihr Glück woanders. Wenn alles nichts bringt, segelt sie mißmutig wieder nachhause. Dort steht ja noch alles. Versuch macht kluch. Und prompt geht das “Entertainment des Schreckens” im Nahen Osten weiter. Bestimmt nur ein zeitlicher Zufall. Getimed war das garantiert nicht. Oder doch? Wer weiß das schon? Die Medienmeute rennt jetzt den Hamas-Terroristen hinterher. Naher Osten ist jetzt “in”. Die “I Stand With Ukraine”-Fähnchen auf den Profilseiten der sozialen Netzwerken wurden eiligst ausgetauscht. “I Stand With Israel” ist jetzt total hip. Nicht, daß die Israelis etwas davon hätten, aber der Nutzer der sozialen Netzwerke stellt eben gern für lau seine edle Gesinnung aus und gibt sich gern als Angehöriger eines Gutmeinenden-Kollektivs zu erkennen, ganz so, als gälte es, demokratische Mehrheiten entlang der Frage sichtbar zu machen, ob wohl die Palästinenserfreunde oder die Israelfreunde die Mehrheit haben. Dieser Bekenntnisdrang kommt mir vor wie eine Blasenschwäche des Intellekts. So dringend wie die einen pinkeln müssen, müssen sich die anderen zum Guten bekennen. Das gipfelt dann in solchen Aussagen wie der, daß Israel für das Licht und die Hamas für die Dunkelheit stünde – und schockierender noch, daß man sich entscheiden müsse, ob man “an der Seite Israels und damit auf der Seite der Zivilisation” (Matissek) stehen wolle. Der Glaube an die Werthaltigkeit des “Wertewestens” und seiner staatlichen Führungen scheint nicht so leicht zu erschüttern zu sein. Besonders in Israel darf es gar keine bösen Menschen in einflußreichen Positionen geben. Das wäre nämlich Antisemitismus – ja-haa!! Und als Antisemit zu gelten, wäre das letzte, was man sich wünschen könnte. Besonders in Deutschland.

Meinereiner “standet” vorsichtshalber trotzdem lieber nicht “mit Israel” zur Zeit, aber er “standet” jederzeit sehr mit den Israelis. Mit den meisten, nehme ich an, nicht mit allen. Ich habe schon welche gesehen, die vor christlichen Nonnen verächtlich auf den Boden gespuckt haben. Das hat mir nicht so gut gefallen. Die derzeitige israelische Regierung, so scheint mir allerweil, könnte womöglich “nicht ganz koscher” sein. Mit der völlig verrohten Hamas “standet” er auf gar keinen Fall, mit einem unschuldigen Kleinkind in Gaza aber ganz unbedingt. Und mit jedem Hund, der dort allerweil bombardiert wird. Weil Hundlis überall auf der Welt die allerbesten sind. Angesichts des unerklärlichen Kollapses der israelischen Sicherheit fragt er sich sogar, ob die israelische Regierung ebensosehr an der Seite der Israelis “standet” wie meinereiner. Ja, ja, eine ganz ungeheuerliche Fragestellung, ich weiß. Mir gefällt sie ja selber nicht. Aber was will ich machen? Fragen, die sich mir stellen, stellen sich mir einfach. Ich habe keinen Einfluß darauf. Es macht einfach zack! – und schon ist die Frage da. In dem Zusammenhang denkt er dann auch darüber nach, ob es wohl ungewöhnlich wäre im “Wertewesten”, daß eine nationale Regierung die Bürger ihres jeweiligen Landes verrät und verkauft, während sie die Bürger auch noch ausplündert, um einen fetten Staat quasi als Festung um sich herum hochzumauern, der so uneinnehmbar ist, daß der Bürger nicht mehr gegen ihn gewinnen kann. Ein exclusiv deutsches Phänomen wäre das jedenfalls nicht. Die US-Verwaltung umfasst inzwischen 4 Millionen Mitarbeiter (inkl. 1 Mio. Militärs), die allesamt von Steuergeldern leben. Fast überall im “Wertewesten” fragt sich eine zunehmende Zahl Aufgeweckter, wessen Interessen Regierungen tatsächlich vertreten. Nicht immer ist das so leicht zu erkennen wie bei den beiden amerikanischen Außendienstlern der Rüstungsindustrie, den Herren Blinken und Austin sowie einer Vielzahl der Abgeordneten auf dem Kapitolshügel zu Washington: Ihren eigenen. Außer bei den deutschen Grünen. Bei denen ist fast noch leichter zu erkennen, wessen Interessen sie dienen, als “Regierungs”-Partei so. Wenn man wenigstens behaupten könnte, sie seien so gebildet und ausgebildet, daß ihnen eben der Normalsterbliche nicht mehr folgen kann und sie deshalb nicht versteht, wäre es ja noch etwas ganz anderes. Nur kann man das beim größten Wohlwollen nicht behaupten. Das ist das Problem.

Nein, solange die Konsumenten der Produkte aus der “Entertainmentabteilung des Militärisch-Industriellen Komplexes” (Frank Zappa über den Medien-Mainstream) noch mit Staaten “standen” statt mit den Bewohnern von Staaten, haben Regierungen und verwahrloste “Volksvertreter” nichts zu befürchten.

Halt-halt, Moooment, ich glaub’, mein Kittel brennt: Mit den Amerikanern hat die Eskalation im Nahen Osten wahrscheinlich doch nichts zu tun. Ich habe nochmal nachgedacht. Die haben ja schon Nordstream keinesfalls gesprengt. Quasi überhaupt nicht. Kein bißchen. Weil wir nämlich ihre Freunde sind, so, wie die Israelis und die Ukrainer auch. Und einen “russischen Angriffskrieg” in der Ukraine haben sie auch nicht provoziert. Daß sie die EU-Institutionen komplett unterwandert hätten, ist bestimmt nur ein Gerücht. Das sind alles friedliche Leute, die überall da auf der Welt helfen wollen, wo es nur geht. Dem israelischen Mossad zum Beispiel. Bei der Sicherung des israelischen Staatsgebiets. Schade, daß es nicht geklappt hat. Dabei wusste die CIA bestimmt ganz genau, wie das mit der territorialen Sicherheit funktioniert in Israel. Weswegen sie dann auch aufgepasst haben wie die Luchse, daß die niemand austrickst. Ist halt dumm gelaufen. Wenigstens waren sie mit ihren Flugzeugträgern schnell. Die amerikanische Liebe zu den Israelis ist groß – und die Einschätzungen der CIA zur Lage in der Ukraine sind schließlich ebenfalls so präzise gewesen, daß ein glorreicher ukrainischer Sieg über die fiesen Russen noch heute das Allerwahrscheinlichste ist. Die Medien schweigen wahrscheinlich aus Bescheidenheit. Damit niemand denkt, hier wolle jemand protzen. Jedoch leider: Nobody is perfect. Das israelische Sicherheitskonzept ist völlig kollabiert. Und die einzige Frage von Relevanz ist, wie das passieren konnte. Alles andere wissen wir schon lange. Ich zum Beispiel seit den Olympischen Spielen in München im Jahre 1972. Das war das erste Mal, daß ich Palästinenser für richtig fiese Typen gehalten habe, vor denen man sich höllisch in Acht nehmen muß.

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