"Vorsicht Hinterhalt": Ampel (Bild: IMAGO / Chris Emil Janßen)

Verfassungsgerichtsurteil: Der Leidtragende wird wie immer der Bürger sein

Unter normalen Umständen, also, wenn es hier noch eine funktionierende Demokratie gäbe, würde die Ampel SOFORT geschlossen zurücktreten, die Versager sich alle ein Büßerhemd überstülpen und sich schämend in die Ecke stellen. Wo sie dann auch bleiben können: Das aktuelle Verfassungsurteil zur Haushaltspolitik ist im Prinzip der Todesstoß für Habeck & Co.

Aber wir haben es hier mit skrupellosen Ideologen zu tun, die freiwillig niemals aufgeben würden und die sehr geschickt darin sind, die Fehler, die sie machen, auf andere abzuwälzen. Und da es offensichtlich noch genügend Bürger gibt, die arbeiten gehen wollen und diesem Linksstaat für ihre kranken Projekte Geld zur Verfügung stellen, wird es so weitergehen – bis auch der letzten Steuerzahler ausgeblutet am Boden liegt und die Republik in Schutt und Asche “klimatisiert” ist:

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hat der Bundesregierung nach dem Verfassungsurteil zur Haushaltspolitik geraten, in der Klimapolitik stärker als bisher auf die CO2-Bepreisung zu setzen. “Statt auf Ordnungsrecht und Förderprogramme zu setzen, sollte man die CO2-Bepreisung stärken und die Härten über ein Klimageld abfedern”, sagte Grimm der “Rheinischen Post” (Donnerstagausgabe). “Außerdem sollte man die Abschaffung der EEG-Umlage auf keinen Fall rückgängig machen, die die Elektrifizierung attraktiver macht”, sagte das Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

“Die gute Nachricht ist: Die Fiskalregeln können nicht beliebig umgangen werden. Unsere Institutionen, dies durchzusetzen, funktionieren”, sagte sie. “Gut ist auch, dass jetzt Klarheit herrscht. Unsicherheiten wie diese schwächen den Standort und führen zu Investitionszurückhaltung.” Die haushaltspolitischen Herausforderungen seien nun aber immens.

Derweil sprechen sich SPD-Politiker für Steuererhöhungen aus, um die Finanzlöcher zu füllen. Klimaschutz dürfe nicht zu Lasten von Sozialem, Bildung oder Daseinsvorsorge gehen, sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Serpil Midyatli, der “Bild” (Donnerstagausgabe). “Die SPD wäre bereit, grundsätzliche Verteilungsfragen neu zu stellen, um die Einnahmeseite zu verbessern. Zum Beispiel durch die Erhöhung von Vermögens- und Erbschaftssteuer”, sagte Midyatli. Zugleich sagte sie, es müsse jetzt “eine haushaltsrechtlich tragfähige Lösung” gefunden werden. “Grundsätzlich stünde es der Politik auch frei, ein neues Sondervermögen auszuweisen, das hat das Verfassungsgericht an sich auch nicht beanstandet”, sagte die SPD-Vizechefin.

Der SPD-Fraktionschef im Landtag Schleswig-Holstein, Thomas Losse-Müller, spricht sich ebenfalls für höhere Steuern aus. “Für Investitionen in die Infrastrukturen, die wir brauchen, damit sich jeder Klimaschutz leisten kann, müssen wir sehr viel Geld in die Hand nehmen”, sagte er der Zeitung. “Es geht dabei auch um die Sicherung von Arbeitsplätzen. Dabei werden wir um Steuererhöhung nicht herumkommen, wenn wir nicht wie ein Unternehmen oder ein Haushalt Kredite aufnehmen können. Das ist eine ganze einfache Rechnung.”

Die Panik nach dem Urteil hat aber gleich auch noch andere Bereiche und Interessenvertretungen erfasst:

Der Geschäftsführer des Städtetags NRW, Helmut Dedy, hat vom Bund verlangt, trotz des Karlsruher Urteils zu seinen Förderzusagen zu stehen. “Die rund 60 Milliarden Euro, die aus dem Corona-Sondervermögen in den Klima- und Transformationsfonds geflossen sind, sind größtenteils verplant”, sagte Dedy der “Rheinischen Post” (Donnerstagausgabe). “Daraus werden vor Ort zentrale Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt – ein großer Teil aus der Bundesförderung für effiziente Gebäude.

Die Mittel für Heizungstausch, Gebäudesanierung oder energetische Neubauförderung dürfen jetzt nicht zusammengestrichen werden.” Man erwarte, dass der Bund jetzt schnell eine Lösung für die offenen Finanzierungsfragen finde, sagte Dedy. “Gerade in NRW profitieren viele Städte von den Fördermitteln aus dem Klima- und Transformationsfonds. Wir brauchen diesen Schub für Klimaschutz dringend.” Die Sanierungsrate in NRW liege wie in ganz Deutschland bei nur einem Prozent und der Investitionsbedarf sei riesig. “30 Prozent der CO2-Emissionen stammen in NRW aus dem Gebäudesektor.

Deshalb sind die Mittel aus der Bundesförderung für effiziente Gebäude so wichtig”, sagte Dedy. Außerdem brauche man Verlässlichkeit für die Bürger, aber auch für das Handwerk. “Die Debatten um das Heizungsgesetz haben viele verunsichert. Der Bund muss jetzt ganz schnell Klarheit schaffen, dass die Fördermittel für Gebäudeeffizienz gesichert sind.”

Der Mittelstandsverband BVMW befürchtet Folgen für die deutsche Wirtschaft durch das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts. “Die Hoffnungen, dass die Ampel in der zweiten Hälfte der Legislatur doch noch für spürbare Entlastungen für den deutschen Mittelstand sorgt, haben mit der Notbremse aus Karlsruhe einen Dämpfer erhalten”, sagte Verbandschef Christoph Ahlhaus den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben). “Jetzt muss der Kanzler sagen, wie es weiter gehen soll. Einen weiteren Stillstand können wir uns nicht leisten.” Das Bundesverfassungsgericht hatte am Mittwoch das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 für nichtig erklärt. Dieses sei mit mehreren Artikeln des Grundgesetzes unvereinbar.

Insbesondere entspreche es nicht den “verfassungsrechtlichen Anforderungen an notlagenbedingte Kreditaufnahmen”. Die Entscheidung hat zur Folge, dass sich der Umfang des Klima- und Transformationsfonds (KTF) um 60 Milliarden Euro reduziert.

Die Debatte in der Politik ist ebenfalls entbrannt:

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Johannes Vogel, begrüßte das Urteil. “Das Bundesverfassungsgericht härtet die Schuldenbremse weiter aus und stärkt damit die Generationengerechtigkeit”, sagte Vogel dem “Tagesspiegel” am Mittwoch.

“Für die vorgesehenen Ausnahmeregelungen, die sowohl diese als auch die Vorgängerregierung genutzt haben, besteht nun verfassungsrechtliche Klarheit.” Auch der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, zeigte sich beruhigt. “Karlsruhe fährt der Ampel in die Parade”, sagte der CDU-Politiker dem “Spiegel”.

“Schattenhaushalte darf es nicht geben.” Sein Parteikollege Helge Braun sieht im Urteil eine wichtige Entscheidung für kommende Generationen. “Die kommenden Generationen werden riesige Ausgaben zu schultern haben, zum Beispiel wegen der Anpassung an den Klimawandel”, sagte der Haushaltspolitiker dem TV-Sender Phoenix.

“Deswegen ist es wichtig, dass wir in normalen Jahren die Schuldenbremse einhalten und nicht eine Dauerausnahme machen.” Die Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im Bundestag, Britta Haßelmann und Katharina Dröge, wollen die Beratungen zum Bundeshaushalt 2024 zunächst fortsetzen. “Wir respektieren die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2021 und werden sie selbstverständlich beachten. Gleichzeitig ist wichtig, dass die Beratungen zum Haushalt 2024 fortgesetzt werden und der Haushalt planmäßig in Kraft treten kann.” Die Auswirkungen des Urteils werde man sorgfältig prüfen. Die Programme des Klima- und Transformationsfonds seien “extrem wichtig” für Klimaschutz, die Entlastung der Bürger und eine zukunftsfähige Wirtschaftspolitik.

“Sie stehen im Kern der Politik dieser Koalition”, so die Grünen-Politikerinnen. Achim Post, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender, und Dennis Rohde, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, wollen ebenfalls nicht am Zeitplan der Haushaltsberatungen rütteln. “Selbstverständlich wird die Ampel-Koalition dieses Urteil genau beachten und umsetzen. Es ist daher gut, dass die Bundesregierung die unmittelbaren Schlussfolgerungen aus dem Urteil bereits gezogen und die entsprechenden Mittel im KTF zur Sperrung vorgeschlagen hat”, sagten sie. “Im nächsten Schritt wird nun ein neuer Wirtschaftsplan für den KTF zu erarbeiten sein.” Die Grüne Jugend plädiert nach dem Urteil für eine Abschaffung der Schuldenbremse.

“Die einzige richtige Konsequenz aus Karlsruhe muss sein, dass die Schuldenbremse abgeschafft, zunächst aber mindestens ausgesetzt wird”, sagte die Sprecherin der Grünen Jugend, Svenja Appuhn, dem “Tagesspiegel” (Donnerstagausgabe). Angesichts des Lochs von 60 Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds, über den die Ampel weitreichende Klimaschutzmaßnahmen finanziert, brauche es nun dringend mehr Geld. “Die Schuldenbremse war schon vorher eine Investitionsbremse”, sagte Appuhn weiter.

Für die Entscheidung in Karlsruhe machte sie den FDP-Finanzminister verantwortlich. “Dieser Tag zeigt, dass Christian Lindner eine Gefahr für unsere Demokratie, aber auch den ganzen Planeten ist”, sagte Appuhn. “Sollte der Finanzminister jetzt über Steuererhöhungen nachdenken, müssen die Superreichen und ihr Vermögen besteuert werden.”

Dem “Stern” sagte die Sprecherin der Grünen Jugend, man werde die Klimakrise nur bekämpfen können, wenn man die Verteilungsfrage stelle. “Wir müssen die Steuern für die Superreichen erhöhen, um die notwendigen Investitionen in den Klimaschutz zu tätigen und den sozialen Ausgleich für ärmere Haushalte zu finanzieren.” Auch die Linke stellt sich gegen die Schuldenbremse.

Die vom Bundesverfassungsgericht gekippten “finanzpolitischen Verrenkungen” seien nur nötig gewesen, “weil Union, SPD, Grüne und FDP die Schuldenbremse ins Grundgesetz geschrieben und damit Investitionen ausgebremst haben”, sagte Janine Wissler, Linken-Vorsitzende und Mitglied im Finanzausschuss des Bundestages. “Es wird Zeit, diesen Fehler zu beheben. Die Schuldenbremse verhindert Investitionen in den klimagerechten Umbau der Gesellschaft.” Das Urteil sei auch eine “schallende Ohrfeige für den Finanzminister, der immer wieder betont, wie wichtig die Schuldenbremse ist und doch jeden denkbaren Trick anwendet, um sie zu umgehen”, so Wissler. “Das rächt sich jetzt mit einer klaffenden Lücke im Haushalt von 60 Milliarden Euro.”

Der frühere SPD-Chef Norbert Walter-Borjans nannte die Schuldenbremse eine “Zukunftsbremse”, weil sie nötige Investitionen verhindere. “Die Regierung muss hier aufräumen”, sagte Walter-Borjans dem “Spiegel”. FDP-Vize Wolfgang Kubicki stellte sich gegen die Einführung neuer Sondervermögen. Das sei zwar für die Bundeswehr in Ordnung, könne aber “nicht zur Grundlage aller Entscheidungen werden”, sagte Kubicki dem TV-Sender “Welt”. “Ich höre ja Ein Sondervermögen Bildung, ein Sondervermögen Innere Sicherheit – das wird es nicht geben, mit uns nicht. Es wird definitiv bei der Schuldenbremse bleiben, das hat jetzt das Bundesverfassungsgericht auch in Zement gegossen.”

Die CDU drängt nun auf neue Priorisierungen im Haushalt. Die derzeitige Regierung habe die “höchsten Steuereinnahmen, die wir je hatten”, sagte CDU-Haushälter Helge Braun dem TV-Sender Phoenix. Christian Lindner müsse nun klare Prioritäten setzen: “Alles, was Wachstum schafft, unsere innere und äußere Sicherheit und der Klimaschutz.” Auch Kubicki setzt auf Priorisierungen. Für das kommende Jahr müsse man zwar noch “niemandem die Pistole auf die Brust setzen”, aber für die Zeit danach müsse sich Wirtschaftsminister Robert Habeck schon überlegen, wo das Geld für die Klimaprojekte herkommen soll, sagte er dem TV-Sender “Welt”. “Wir können uns das Geld nicht aus den Rippen schneiden. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Frau Paus erklärt, Wir wollen bei den sozialen Leistungen sparen.”

Aus Sicht von Vogel müssen die Kürzungen auch im KTF stattfinden. “Die Koalition muss im Klima- und Transformationsfonds nun priorisieren”, sagte er dem “Tagesspiegel”. Für den Klimaschutz sei ohnehin Ordnungspolitik entscheidender “Ein dichter Deckel für CO2 und die Bepreisung über den Zertifikatehandel. Dieser gewinnt jetzt noch mehr an Bedeutung.”

Die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, fürchtet Einsparungen beim Klimageld, das aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert und an die Bürger ausgezahlt werden sollte. “Es steht beispielsweise zu befürchten, dass in der Konsequenz die Mittel für das für 2025 geplante Klimageld nicht ausreichen werden”, sagte Schnitzer der “Rheinischen Post” (Donnerstagausgabe). “Das ist bedauerlich, denn mit der Einführung der CO2-Steuer sollte ja in erster Linie eine Lenkungswirkung erzielt werden, weg von fossilen Energieträgern, es sollte aber keine Steuererhöhung implizieren”, sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Deshalb sollten ihrer Ansicht nach die daraus erzielten Steuereinnahmen an die Bürger zurückgegeben werden.

Steuererhöhungen zur Finanzierung der Lücke schloss Wolfgang Kubicki derweil aus. “Es wird nicht dazu kommen, dass in dieser Legislatur die Steuern erhöht werden. Dafür steht die FDP, definitiv”, sagte er dem TV-Sender “Welt”. Die Deutsche Umwelthilfe verweist derweil auf kostengünstige Wege, das Klima zu schützen.

“Nach der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist es zwingend notwendig, dass die Bundesregierung alle Klimaschutzmaßnahmen, die ohne Mehrkosten für den Bundeshaushalt sind oder gar diesen entlasten, sofort ergreift”, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. “Ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h außerorts sowie 30 km/h innerorts spart jährlich mehr als 11 Millionen Tonnen CO2.” Mit dem Stopp klimaschädlicher Subventionen wie die Dienstwagen- oder Dieselsubventionen könne der Haushalt um viele Milliarden Euro entlastet werden. “Damit lassen sich aufkommensneutral die aktuell diskutierten Unterstützungen für die Menschen bei der Gebäudesanierung und Wärmewende finanzieren”, so Resch. “Die Bundesregierung muss das Klimaschutzprogramm endlich anpassen, sonst wird das von uns angeordnete Bundesverfassungsgericht dies einfordern.”

Irgendwie wird sich die Ampel versuchen, noch über die Legislaturperiode zu retten – nach dem Motto. “Nach mir die Sintflut”. Demjenigen, der dann den Schaden beheben muss, werden dann die Folgen dieser Katastrophe in die Schuhe geschoben. So einfach funktioniert hier in Deutschland die Politik. (Mit Material von dts)

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