Nach monatelangen Fanprotesten, die zuletzt zu ständigen Spielunterbrechungen führten, hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) als Dachorganisation der 36 Profivereine der ersten und zweiten Bundesliga, gestern auf einer Sondersitzung des Präsidiums beschlossen, auf den geplanten Investoren-Deal zu verzichten. Eigentlich wollte man mit dem Finanzinvestor CVC einen Vertrag auf 20 Jahre über eine Milliarde Euro für eine prozentuale Beteiligung an den TV-Erlösen abschließen. Hans-Joachim Watzke, der Sprecher des DFL-Präsidiums, erklärte, in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen, scheine eine erfolgreiche Fortführung des Prozesses nicht mehr möglich. Aufgrund der ständigen Proteste, aber auch der Uneinigkeit der Bundesligavereine, hatte sich zuvor bereits das Unternehmen Blackstone aus den Verhandlungen zurückgezogen.
Seit Wochen gab es in fast allen Stadien teils mehrfache Unterbrechungen, weil Fans Tennisbälle und andere Gegenstände auf den Platz werfen, um damit ihre Ablehnung gegen einen Investoreneinstieg zum Ausdruck zu bringen. Spiele standen mehrfach vor dem Abbruch, ein geordneter Betrieb war kaum noch möglich. Zwar hatte die DFL sich im Dezember auf den Investorendeal geeinigt, die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit war jedoch nur durch das Votum von Martin Kind, dem Geschäftsführer von Zweitligist Hannover 96, zustande gekommen. Es steht der Verdacht im Raum, Kind habe, entgegen der Anweisungen der Vereinsführung, bei der geheimen Abstimmung mit Ja gestimmt. Jede erneute Abstimmung würde weitere rechtliche Fragen zur Bewertung des im Dezember getroffenen Beschlusses aufwerfen, sagte Watzke weiter.
Reflexartige Ablehnung
Fan-Vertreter äußerten sich zufrieden mit der DFL-Entscheidung. Thomas Kessen, der Sprecher des Verbands „Unsere Kurve“, sprach von einem „guten Tag für Deutschlands Fußball-Fans“. Daran sind zumindest Zweifel angebracht. In der Fanszene wurde der Investorendeal, der von der DFL allerdings auch schlecht bis gar nicht kommuniziert worden war, von Anfang an und reflexartig als weitere Kommerzialisierung des Fußballs abgelehnt. Das Geld hätte in Digitalisierung, Internationalisierung und Auslandsvermarktung der Bundesligaclubs fließen sollen – und ausdrücklich nicht in die Gehälter von Spielern oder Beratern, wie Fans befürchtet hatten. Dieses Geld wird vielen Vereinen nun fehlen – auch und gerade denen, die den Deal ablehnten. Die meisten Bundesligaclubs halten mit dogmatischem Eifer an der „50+1“ Regel fest, die den Einfluss ausländischer Geldgeber beschränkt. „Der deutsche Fußball mit seiner Historie und seiner Verankerung in der Gesellschaft und der Ansatz eines Private-Equity-Unternehmens passen kulturell nicht zusammen”, hatte etwa Eckhard Sauren, Vizepräsident des 1. FC Köln, behauptet.
Dieses Modell ist jedoch völlig aus der Zeit gefallen. Die Bundesliga ist bereits jetzt massiv ins Hintertreffen geraten, vor allem gegenüber der englischen Premier League, die den Fußballmarkt dominiert. Um einigermaßen anschlussfähig und attraktiv für Topspieler zu werden, müsste sie sich endlich der Realität anpassen.
Nicht zukunftsfähig
Doch stattdessen verklärt man die Vergangenheit und klebt an einem Modell, das nicht mehr zukunftsfähig ist. Nur mit dem Herzblut der Fans wird sich die weltweite Entwicklung des Fußballs nicht aufhalten lassen. Die Befürchtung, dass Vereine zu Spielbällen von Scheichs und Investmentfirmen wird, ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Dagegen lassen sich jedoch Schutzklauseln einbauen. Zudem ist kein Verein gezwungen, sich ausländischem Kapital zu öffnen. Die Möglichkeit dazu sollte jedoch gegeben sein, alles andere obliegt den Clubs selbst. Hier wurde aus rein emotionalen Abwehrreflexen heraus eine große Chance vertan.
Hinzu kommt, dass die Stimme der Fans auf diesem Gebiet, wo sie wohl kaum über den nötigen Überblick und das Fachwissen verfügen, eingegangen. Wenn sie jedoch gegen den woken Genderwahn protestieren, den der Deutsche Fußball Bund (DFB) überall einführt und dafür sogar bestraft werden, reagieren Vereine und DFL nicht. Gerade hier, wo die Fans richtig liegen, werden sie ignoriert oder diffamiert, bei wichtigen finanziellen Fragen, wo ihnen die Expertise fehlt, lässt man sich jedoch von ihnen in eine vermutlich verhängnisvolle Richtung treiben. Das Zwangskorsett aus 50+1-Regel und 70er-Jahre-Nostalgie geht an den Realitäten jedenfalls völlig vorbei, ist aber ein Abbild der im ganzen Land vorherrschenden Mentalität. (TPL)